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Glatz, Lorenz

Lorenz Glatz, geb. 1948, lebt mit seiner Frau wie die beiden Söhne und Enkel in Wien. Nach 6 Jahren Studium diverser Fächer 32 Jahre Latein- und Griechischlehrer, seither Pensionist. Nach vielen Jahren Marxismus und Engagement in der Antikriegsbewegung seit 2001 Mitglied der Redaktion der Streifzüge. Hat neben Texten zur Unhaltbarkeit und dem dringend notwendigen Umsturz unserer Lebens- und Wirtschaftsweise mit seiner Frau „Reisen zu verlorenen Nachbarn“ unternommen und dazu ein Buch über „Die Juden von Wiesmath“ geschrieben.

Verfasste Beiträge

Chronologisch sortiert

    Demokratie – Das Volk herrscht. Im Staat. Was wir heute unter den Namen Staat und Volk kennen, ist aber so alt gar nicht. Dieses Amalgam wurde in die Welt gesetzt und wuchs heran als Kampfmaschine der Fürsten in der Zeit der frühen Feuerwaffen. Kanonenrüstung und Festungsbau sowie Geldwirtschaft, Manufaktur und Markt zu deren Finanzierung und Bürokratie und Militär als Mittel, um sich durchzusetzen – so formierten sich die modernen Staaten, und diese ihr Volk, es musste sich so ziemlich alles ändern, damit es beim Alten bleibt, der alten Macht in neuen Formen. Auch in demokratischen eben.

    Eine Sammlung grundlegender Texte zur Raumtheorie liegt seit geraumer Zeit bei suhrkamp (taschenbuch wissenschaft 1800) vor. Der „spatial turn“, die Untersuchung der Phänomene nach ihrem räumlichen Zusammenhang, hat in den letzten Jahrzehnten auch die sogenannten Geistes- und Kulturwissenschaften erfasst.

    Ich habe eine Luftaufnahme eines Highway-Dreiecks gesehen, neben dem sich idyllische Wohnparks mit gepflegten Familienhäusern auf großen Grundstücken mit getrimmtem Rasen erstrecken. Dort erholt man sich, ruht aus für das, wozu man über die Highways muss. …

    Andreas Exner, Brigitte Kratzwald: Solidarische Ökonomie & Commons, Mandelbaum Verlag 2012, Reihe kritik&utopie INTRO, 138 Seiten, ca. 10 Euro

    Cecosesola: Auf dem Weg. Die Buchmacherei 2012, 168 Seiten, ca. 10 Euro

    Cecosesola ist ein Genossenschaftsverband in der Region der Millionenstadt Barquesimeto in Venezuela. 1967 gegründet umfasst er heute über 50 Kooperativen mit 20.000 Mitgliedern, die vor allem in der Produktion von Nahrung, im Transportwesen und der Gesundheitsversorgung tätig sind und ein Viertel der Stadt in eigenen Wochenmärkten mit Lebensmitteln versorgen.

    Um 1980 hatte ich viel Kontakt mit dem langjährigen Arbeiterbetriebsratsobmann einer Firma des damaligen KP-Imperiums. In seiner kämpferischen Entschlossenheit und Uneigennützigkeit war er ein „harter Hund“. Einen Genossen hat er mitten im Gespräch aus seinem Auto gejagt, weil der laut von einem guten Posten träumte, wenn die Partei einmal ans Ruder käme. Seine Vorstellung von Revolution hat auch nicht in die KP gepasst. Sie hat ihn dann auch als „Sektierer“ rausgeworfen, als Betriebsrat losgeworden ist sie ihn aber nie.

    Von allem, was er mit mir gesprochen hat, haben sich zwei Episoden in besonderer Weise in meinem Gedächtnis verhakt – weil sie verstörend quer zu seinen sonstigen Anschauungen gelegen sind:

    Fünf Bemerkungen. Sprunghaft

    Dass Lust der Inbegriff des Guten sei, war eine Position schon in der griechischen Philosophie. Eine von der Pflichtenethik heftig als asozial und unmoralisch gescholtene Auffassung, deren Anthropozentrismus und Individualismus mit ihren durchaus gegensätzlichen Folgerungen freilich nie mehr ausgerottet werden konnten.

    Solche Leute sterben nicht wirklich von Lorenz Glatz An Walther Schütz erinnere ich mich nicht wegen dem, was ihn vor mir und anderen ausgezeichnet hat. Walther war nicht spektakulär, er war so was wie Erlebnis und Freude. Er gehörte zu den Menschen, die sich einfach andern verbunden fühlen. Wir hatten ähnliche Ansichten, auch eine ähnliche Weise, an Fragen heranzugehen. Das aber war es nicht, ...

    Raúl Zibechi: Territorien des Widerstands. Aus dem Spanischen übersetzt von K. Achtelik und H. von Wangenheim Assoziation A, Berlin/Hamburg 2011, 176 Seiten, ca. 16 Euro

    Zibechi, Journalist, Publizist und Aktivist aus Uruguay, sieht in den Peripherien der großen Städte eine emanzipatorische Perspektive für Lateinamerika entstehen. Dort bilden für den Kapitalismus überflüssige Menschen seit einem halben Jahrhundert autonome Parallelgesellschaften aus. Eine wichtige Rolle spielen dabei Frauen, vor allem Mütter, die häusliche Logik der Fürsorge und Versorgung auf den öffentlichen Raum des Viertels übertragen.

    Werner Rätz, Tanja von Egan-Krieger u.a. (Hrsg.): Ausgewachsen! Ökologische Gerechtigkeit. Soziale Rechte. Gutes Leben. VSA-Verlag 2011, 192 Seiten, ca. 15,80 Euro

    Der Sammelband zum Kongress „Jenseits des Wachstums?!“ (Attac 2011, Berlin) gibt einen Überblick, wie die Debatte zum „Ende des Wachstums“ aktuell verläuft. Ein Befund dazu, im Buch selbst nicht ausgesprochen, könnte sein: Degrowth ist das Ende des Kapitalismus, sein Herzstück, die unendliche Verwertung, bricht an der Endlichkeit des Planeten – aber Degrowth muss keineswegs das Ende von Herrschaft sein.

    Anläufe zu einem Verständnis

    Geld ist eine bestimmte Form von Beziehung zwischen Menschen. Es vermittelt gleichwertigen Tausch von eigentlich unvergleichbaren Dingen, Kauf und Verkauf. Es bringt den Markt in Schwung und hält ihn am Laufen. Geldverkehr und Marktgeschehen bringen aber im Grund nicht Menschen in Kontakt, sondern ihnen gehörende Dinge.

    Faul war ich nicht. Ich bin gern für meine Mutter einkaufen gegangen, auch Holz holen war kein Problem. Und die Bauernbuben, die zu Hause in der Wirtschaft geholfen haben, habe ich beneidet statt bedauert.

    Streifzüge 53 / Herbst 2011 von Lorenz Glatz Die Zwangsgemeinschaft transnationalen Kapitals und des Welthandels, in der ungeheure Massen von Waren und Geld von nichts als Profiterwartungen dirigiert frei um den Globus strömen, aber Menschen in Grenzzäunen und Polizeiwachen hängen bleiben, ist uns vertraut. Jetzt aber grassiert tiefe Unruhe bei den Reichen und bei den Armen, sowohl im Trikont a...

    Fiction live III

    Er „war keineswegs unempfindlich für Schönheit; er empfand sie im Gegenteil so tief, dass der Gegensatz dieser Welt der Schönheit zu jener, in der er lebte, und zu der Arbeit, die er selbst zu leisten hatte, ihn schmerzlich traf, sooft er sich seiner bewusst wurde.“ (G. Ellert, Das blaue Pferd, S.33) Ich war ganze vierzehn Jahre alt, als ich das las. Es gibt in meinem Leben immer wieder einmal ein „Das kommt mir nicht aus dem Sinn“. Es mag jahrelang verschütt gehen, aber es kommt wieder. Weil es mich eben trifft.

    Im Museum of Modern Arts in New York gibt es Yoko Onos Voice Piece for Soprano / Scream. / 1. against the wind / 2. against the wall / 3. against the sky / 1961 autumn. Laut der Erläuterung an der Wand geht es um Befreiung, um die Frage, wer das Sagen hat. Als „Installation“.

    Eins unserer erwachsenen Kinder ist recht schlecht drauf. Sie hat eine schön klingende griechisch-lateinische Diagnose und einen recht hässlichen Alltag. Wir oft auch. Zu den kleineren Malheurs gehört, dass ihr zuweilen Dinge abhanden kommen. Manchmal recht knapp hintereinander. Im Vorjahr z.B. zweimal ein Handy.

    Wer gut lebt oder zu leben meint, macht daraus kein Problem. Nur wenn sich das Leben wie heutzutage für viele immer schwerer anfühlt, wird das gute Leben sogar zum öffentlichen Thema. Gefragt sind dann meist Rezepte, en gros und en detail: im täglichen Gespräch, in den Kirchen und Eso-Seminaren, in den Sprechstunden der Therapeuten, in den Apotheken, bei den Glücksforschern, in den Medien und in der Politik.

    „Das gute Leben“ hat Konjunktur. Die Rede davon natürlich und die Bücher, Aufsätze und Videos. Wie meistens, wenn etwas Thema wird: Es schaut damit nicht gut aus in der Praxis bei den allermeisten. Aber bei vielen Darlegungen zum Thema beschleicht mich das Gefühl, da soll sich alles ändern, damit eins so weiter leben kann wie eben noch.

    Notizen zu den Rebellionen in Arabien und anderswo

    „We want Jobs & Peace life. We love Yemen.“ – So lautete jüngst ein Spruchband junger Demonstranten in Sanaa, die gegen ihren Patriarchen im Präsidentenamt aufbegehren. Tatsächlich dürfte sich heute ein großer Teil der Menschheit in Nord und Süd so ähnlich ein halbwegs gutes Leben vorstellen:

    Streifzüge 49 / 2010 von Lorenz Glatz „Die Konsumismusglocke hängt über dem ganzen Land“, sagt die Dramatikerin Milena Markovic, um die mentale Misere ihres krisengeschüttelten Herkunftslandes zu charakterisieren (Der Standard, 26.5.10). Vielleicht ist der Konsumismus in Serbien deshalb so deutlich erkennbar, weil es den meisten Leuten schon beträchtlich schwerer fällt als hierzulande, mit sein...