mehr oder weniger brauchbar

Streifzüge 70/2017

von Petra Ziegler

Gebrauch findet das Ding derzeit als Ablage und sieht dabei ziemlich hässlich aus. Als Drucker hat es nur noch Schrottwert. Leider findet das nunmehr zweckentfremdete Produkt vermutlich eher sinnentfremdeter Arbeit seinen Weg zu einem der städtischen Mistplätze nicht von alleine. Dazu brauchte es Entschlossenheit, meine, daran fehlt es aber. So wird das Teil wohl noch eine Weile vor sich hin verstauben und mir den Platz unterm Schreibtisch verstellen. Vermutlich wäre sogar noch die eine oder andere Komponente verwendbar, als Ersatzteil für ein anderes Gerät mit entsprechendem Defekt. Überhaupt könnte es vielleicht repariert werden. Bedauerlicherweise sind meine lieben Lieben für derlei Basteleien gar nicht zu gebrauchen. Wenigstens als Entsorger könnte sich jemand nützlich machen. Weil brauchen, also wirklich zwingend brauchen, tu ich sie ansonsten ja nicht, eher sind sie mir der Schokoguss. Prädikat: Süß! – Dagegen der Printer, der musste sein. Obwohl der sich schon von seinem Erwerb an als nicht sonderlich zweckmäßig erwiesen hat. Das Modell war wohl für mehr gedacht als simple Ausdruckerei in Schwarzweißgrau und bei mir latent unterfordert – während ich von den wechselnden und wachsenden Anwendungsmöglichkeiten diverser Hard- samt Software eher genervt bin. Meine diesbezüglichen Begehrlichkeiten sind mir durchaus vertraut und ich schätze es gar nicht, wenn irgendeine Gerätschaft mir da etwas anderes aufnötigt, sich unversehens womöglich noch unentbehrlich zu machen sucht. Der persönlichen Entfaltung dient derlei kaum einmal, viel eher einer Anpassung und Normierung. Als Draufgabe wird eins noch überwacht oder via tracking dots am Ende gar ausspioniert.

In unserer oberflächlich bunten Warenwelt wimmelt es nur so von Pseudovielfalt und vorgeblichen Neuerungen. Alles schreit permanent nach Aufmerksamkeit, die besser den uns umgebenden systematischen Verrücktheiten gewidmet wäre. Was wir nicht alles haben wollen sollen. Am Besten in immer kürzeren Abständen immer wieder neu. Als Junk konsumierende Konsumjunkies, die sich am kurzen High eines beliebigen Kaufaktes berauschen, beleben wir die Konjunktur. Kein Wunder, dass wir zum Trost ein neues Paar Schuhe brauchen, zumindest irgendeinen klitzekleinen technischen Schnickschnack. Hat die Kollegin ja auch schon.

Gruseln sollte es uns da nicht nur mit Blick auf die wachsenden Sondermüllberge und die gedankenlose Nutzung knapper Ressourcen. Soviel an Energievergeudung im Dienste einer blinden Dynamik, deren materieller Auswurf die einen im Überfluss beinahe ersticken lässt und für immer mehr andere kaum noch zum Überleben taugt.

Aus Geld muss mehr Geld werden, was dabei abfällt, hat Gebrauchswert, und der verwandelt sich im besten Fall möglichst rasch wieder – nämlich in Abfall. Parole: Mehr Müll für die Welt! – Das erscheint als Lösung ungeeignet? Egal. Hauptsache, es besteht weiter Aussicht auf Absatz, Sättigung wäre der Tod der Warenwirtschaft. Gebrauchswert hat das Geld eben nicht nur als bloßes Tauschmittel – es fungiert als Kapital. Es vermehrt dann die Produkte, die unsereines wiederum (ver-)brauchen soll. Das Geld kann freilich außerdem noch selbst als Ware gehandelt werden und findet dann in Gestalt von Aktien oder als Kredit Gebrauch. So treibt es sein Unwesen gleich doppelt und macht dazu noch Blasen. Und daran hängt wie am Tropf der Kapitalismus.

Bevor die Sache endgültig platzt, wäre es an der Zeit den Verstand zu gebrauchen. Meinethalben kann eins auch auf das Herz oder den Bauch hören. Wollen wir weiter den Umweg über die Verwertung gehen – unsere Lebenszeit- und energie an die kapitalistische Selbstzweckbewegung verschwenden – oder direkt angehen, was uns alle angeht. Was für ein Leben wollen wir? Was brauchen wir? Wie kommen wir dazu? Geld und Tausch sind dafür jedenfalls keine brauchbaren Mittel.

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