Dieter Braeg: Wilder Streik. REZENS

von Franz Schandl

Dieter Braeg (Hg.): Wilder Streik – das ist Revolution. Der Streik der Arbeiterinnen bei Pierburg in Neuss 1973. Die Buchmacherei 2012, 175 Seiten, ca. 13,90 Euro

Der von Dieter Braeg herausgegebene und auch großteils verfasste Band führt in die Jahre nach 1968, in eine Zeit, wo die Arbeiterbewegung noch einmal erwachte. In diesem Buch zeigt sie sich in manchen Belangen von ihrer frischesten Seite. 1973 erreichte die Streikbewegung ihren Höhepunkt, fast 300.000 Arbeiter traten in den Ausstand. Der hier in Druck und DVD dokumentierte Arbeitskampf bei Pierburg war sogar einer der erfolgreichsten der sonst an Erfolgen eher traurigen bundesrepublikanischen Arbeiterbewegung. „…und eines Tages gehören sie uns, die Fabriken“, sagt eine Stimme auf der DVD. „Wilder Streik – das ist Revolution“, so sah es der Polizeipräsident von Neuss, als im Sommer 1973 fast die gesamte Belegschaft rebellierte.

Braeg, damals stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, belegt wie aufgrund von Radikalität und Entschlossenheit einerseits, aber auch von Solidarität der Arbeiterinnen und Arbeiter diverser Nationalitäten anderseits, diese ihre Forderungen weitgehend durchsetzen konnten. Von großem Interesse ist, dass es sich bei den Betroffenen wie Beteiligten hauptsächlich um ausländische Kräfte, insbesondere um Frauen handelte. Selbst die vom Autozulieferer versuchte Verlagerung der Betriebsstätten konnte letztlich verhindert werden und auch das gerichtliche Nachspiel wurde gewonnen.
Ebenso analysiert wird die Frage „Wie organisiert man wilde Streiks?“, denn die Gewerkschaften legitimierten die Pierburger Konfrontation erst im Nachhinein. Teilweise spielt die IG-Metall eine üble Rolle. Reflektiert wird unter anderem auch, was das immense Engagement etwa eines männlichen Betriebsrates für Privatleben und Beziehung bedeutet.

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