Gewalt ist geil

Streifzüge 37/2006

2000 Zeichen abwärts

von Andreas Exner

In Wien fielen dieser Tage gleich mehrere Sujets dieser Rubrik ins Auge. So etwa jenes auf dem aktuellen Plakat der Werbeakademie. Es zeigt eine Computermaus. Das ist freilich nicht der Rede wert – wären da nicht die Blutspuren. Passend dazu der Slogan: „Die etwas härtere Ausbildung“. An der österreichischen Werbeakademie, so also die frohe Botschaft, bildet eins sich locker blutigEine ähnliche Klientel dürfte die Plakatserie des Radiosenders FM4 hübsch cool finden, die uns offenbart: „Wer hören will, muss fühlen“. Offenbar gilt dies für jene, die beim bloßen Hören wenig fühlen. Auf einem der Plakate wird der Slogan nämlich unterlegt mit dem Bild eines Skaters, dessen Ellbogen eine blutende Wunde, die an ein Einschussloch erinnert, schmückt. Freilich, Brutalität in der Werbung ist nicht neu. Neu allerdings scheint der Trend, Konsum gezielt mit Unlust anzukurbeln. Denn üblicherweise dient Werbung ja dazu, Konsumlust anzuregen. Sie umhüllt den Warenpöbel diesem Ziel entsprechend mit Sex, Glanz und Status. Die Werbung mit Gewalt jedoch enthüllt ganz ohne Scham die Gewalt der Werbung. Nicht allein eine Verschärfung, auch eine Wendung steckt darin: Der Imperativ des Genusses wird abgelöst vom Schmerzdiktat. Anders als in offen sadistischer Werbung á la Golf Week Austria, die das Gesicht einer Frau zeigt, deren Unterlippe von einem Schlag geschwollen ist, und mit der Aufforderung „Treffen sie Kolleginnen! “ für die „Golf Week business challenge 2006“ wirbt, wird hier mit dem Wunsch kokettiert, selbst Schmerz zu erleben. Konsum gilt in diesem Fall nicht mehr als Eintritt in das orale Eldorado von arbeitstoten Warenidioten, sondern gleicht einem Unterwerfungsritual genusserschöpfter Selbstzweck-Jünger. Mit bestem Beispiel geht die Werbeakademie ihrer Branche dabei voran. 2004 zeigte sie eine Plakatfolge mit „Größen der Werbe- und Medienbranche im In-Fight“ – „Sie kämpfen unbarmherzig um einen Abgänger der Werbeakademie“. Blöd geht das Kapital zugrunde.

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