Zementiertes Zentrum und Human Resources

In den Kulissen der Teutozentrale

von Necati Mert

Wie die Apartheidspyramide in der Zivilisierten-Zone des Globus auftürmt – im Gefecht gegen Migrantenheere, im Geflecht der Menschenrechtsmaskerade sowie mit militanten Machtmitteln und Methoden der selektiven Assimilation

Massensterben in Wüsten und Meeren – das Ringen um das Recht aufs Leben

Die Parlamentsparteien parodieren im generellen Gewand der Pro-Parias mit den Augenmerk auf ihre Untertänigen. Weite Erdteile und Breiten verwandeln die Militärs und Missionare der zivilisierten Zentren in die Gettos der minderbemittelten Erdlinge, sprengen die Pfade der autonomen Migration. Der Holocaust hat nun ein menschenrechtsmentales Gesicht: Man überläßt den Massenmord dem Hunger.

Husarenstück spielt in der Gladiatoren-Arena der humanitären Hybris. Mulatten-Mythen der Migration finden Platz in Marginalien. Die Zukunft eurozentrischer Abwehrstrukturen in Wüsten und Meeren ist fern der Kamerapulks zu besichtigen. Maghreb-Staaten sollen der Betuchten-Bastei die finsteren Fremdlinge, vor allem die Schwarzafrikaner vom Hals halten; Mauretanien, Marokko, Tunesien, Algerien, Libyen werden „Cordon sanitaire“ (Sicherheitsgürtel) der Fortress Europe. Eine soziale Hierarchie türmt sich nach einem altbekannten Farbmuster der nordisch weißen Übermenschen auf.

Das Selektionssystem der Zivilisierten-Zentrum-Security, mobile Stacheldraht-Schranken und Mauern süd- und ostwärts wachsen heran. Überall dort, wo die Globalismus-Glocken kraftvoll läuten, stirbt auch die Utopie „No Borders“. Die Kapriole-Komitees und Kontrolle-Kompanien der braunen Bravour-Bourgeoisie patrouillieren bereits in Ab- und Anflughäfen, allen voran in jenen Ländern der potentiellen „Illegalen“ der mondialen Migration. Eine systematische Selektion der Reiseden findet statt, und die Grenzschutzsektion der Herrenmenschen-Hemisphäre streckt allerwärts ihre Kraken-Krallen aus.

Alles geschieht auf einem regulären Postament. 2001 legte eine EU-Richtlinie einen Bußgeldkatalog für Reiseunternehmen fest, die Passagiere mit nicht gültigen Pässen oder Visa transportieren. Die Strafen können demnach bis zu 500 000 Euro betragen. Außerdem trägt das jeweilige Unternehmen die Kosten für den Rücktransport der als überflüssig abgestempelt abgewiesenen Fremdlinge. Diese Selektionsstrategie führt dazu, daß die Passagiere vor Beginn ihrer Reise durch Agenten privater Polente-Firmen gefiltert werden.

Seit 2005 koordiniert und kommandiert die EU-Formation „Frontex“ („Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“) die Abfangaktionen auf See. Ihr Einsatzgebiet erstreckt sich von der afrikanischen Küste über die Kanarischen Inseln bis in die Straße von Sizilien. Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero konnte Ende 2009 erfreut bekannt geben, daß sich die Zahl der auf dem Seeweg ins Land gelangten „Illegalen“ halbiert habe. Allerdings ist zu erahnen, daß die Zahl derer, die auf den abenteuerlichen Migrationsrouten durch die Wüste und über das Meer ihr Leben lassen, weiter stiegen.

Im August 2007 verurteilte ein italienisches Gericht sieben tunesische Fischer wegen „Beihilfe zur illegalen Einwanderung“ zu Gefängnisstrafen und konfiszierte ihre Boote. Ihr Vergehen bestand darin, die Passagiere eines sinkenden Seelenverkäufers, die als „illegale Migranten“ eingestuft werden, gerettet und gemäß den geltenden Richtlinien des internationalen Seerechts in den nächstgelegenen Hafen Lampedusa gebracht zu haben.

Weniger öffentliche Aufmerksamkeit fand ein Drama, das sich am 28. April 2008 vor der marokkanischen Küste bei Al-Hoceima abspielte. Ungefähr dreißig Schwarzafrikaner, darunter vier Kinder, ertranken, weil – nach zahlreichen übereinstimmenden Zeugenaussagen – die Küstenwache ihr Schlauchboot durchlöcherte. Bis heute wurde die prekäre Episode amtlich nicht untersucht.

Während das Erzählen von den dramatischen Odysseen afrikanischer Migranten mit Medienpreisen belohnt wird, schert das die EU-Exekutiven ein Fingerhut voll. Gekenterte Bootsflüchtlinge haben in westlichen Nachrichten mittlerweile den Routinestatus der Anschlagsopfer von einem Marktplatz in Bagdad. Den Sensibelsten im Publikum bleibt ein Gefühl der Scham – und vielleicht auch ein moralischer Reflex: die Heroen der Migration, die im Kampf um das Recht aufs Überleben ihr Leben aufs Spiel setzen.

In zwei Jahrzehnten 14.000 tote Migranten am Limes der globalen Menschenrechtsmanager. Dort zeigt die Zivilisation ihre wahre Visage und zornigen Zähne. Es genügt daher nicht, davon zu berichten, welche Art Krieg im Süden und Osten der Betuchten-Bastei geführt wird. Nein! Die Repräsentanten und Front-Verfechter des globalen Regenten-Regimes, vor allem seine apartheidisch aktive Apologeten, müssen auf die Anklagebank eines Tribunals gesetzt werden, weil sie das Recht auf Leben mit Füßen treten – und das Massensterben herbeiführen, wenn nicht ohne Umschweife bewerkstelligen.

Neorassistische Novellen im West-Rest-Kontrast

Es gibt Symbole, die das System Abendland in die Mitte von Mythen modeln: Freiheitsstatue in Manhatten, das Capitol am Potamac, Eifel-Turm an der Seine, Beckingham Palace an der Themse, Beroline an der Spree – der Triumphbogen über Nordatlantik und das Mäuse-Management über die Breiten des Hungers von einer Milliarde Erdenbürger, der das noch nie dagewesene Ausmaß im historischen Maßstab auf dem Blauen Planeten erreichte.

Glatt funktioniert zugleich die systemische Strategie der neorassistischen Rigorosität – auch wenn nicht im Gebaren wie vor ein paar Jahrzehnten. Man bedient sich nicht mehr so sehr des nordisch arischen Arguments rassischer Überlegenheit, sondern stützt sich vielmehr auf die zivilisatorische Funktion des Imperiums auf beiden Seiten des Nordatlantik.

Der antiemanzipatorische Kern von Freiheit und Gleichheit zeigt sich in den Zeiten ihres Verfalls in Reinform. Im Alten Kontinent werden Menschen aus der Ferne per Gesetz in die Slums des endlosen Elends deportiert, nachdem man sie in Auffanglagern hinter Betonmauern und Stacheldraht internierte.

Die Not droht den als provinziell und primitiv klassifizierten Erdeinwohnern in weiter Ferne. Die Gutmenschen-Meute der nordischen Zivilisationszentren bekundet Mitleid, bedauert den Hungertod, profitiert davon gerne. Die Migrationsrouten, dem tödlichen Elend zu entkommen, sind weitgehend unter Kontrolle der Nordiden-Nomenklatur. Doch das Wagnis bleibt. „Dabei sind diejenigen, die es überhaupt bis nach Mitteleuropa schaffen, ohnehin nur eine kleine Minderheit,“ schreibt Svenna Triebler in „Konkret“ Heft 06/2010:
„Was den USA ihr aufwendig errichteter Grenzzaun, ist Europa das Mittelmeer. Und auch, wenn die Medien immer mal wieder ein paar Krokodilstränen für ‚Flüchtlingstragödien‘ mit Hunderten von Toten übrig haben, erreichen doch immer noch mehr Menschen die europäische Südküste, als man als billige Orangen- und Erdbeerpflücker benötigt. Deshalb wird unter dem Dach der Grenzschutzagentur Frontex weiter verschärft, was Angela Merkel als ‚Flüchtlingsbekämpfung‘ bezeichnet (das war so ehrlich, daß der Begriff nur auf Platz zwei bei der Wahl zum Unwort des Jahres 2009 landete). Betrachtet man den militärischen Aufwand, der dafür betrieben wird, dann wünscht man sich wirklich, die US-Armee käme, um einmal mehr zivilisatorische Mindeststandards durchzusetzen.“

Es ist das Abendland mit 12,8 Prozent der Erdeinwohner, das über den Planeten seit über fünfhundert Jahren die Gewalt ausübt. Dem Genozid Ende des 15. Jahrhunderts in Lateinamerika folgten 350 Jahre Sklavenhandel, ihm 150 Jahre lang die Kolonialmassaker, und heute schwingt die Tymokraten-Tyrannei der globalisierten Finanzmagnaten das Zepter über das Riesen-Heer der Hungerleider. Überall. Derzeit verfügen die fünfhundert größten System-Syndikate über 52 Prozent des Weltsozialproduktes, somit über die hochzivilisatorische Gewalt, die Rebellion der enteigneten Loser aus dem Gedächtnis zu tilgen.

Das Menschentum leidet. Einer Milliarde Einwohner der Erde droht unmittelbar der Hungertod. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kinder unter 10 Jahren. Die Potentaten der Profitpracht setzen ihre Fahrt fort, halten die gewalt-geladenen Verhältnisse noch unter Kontrolle, indem es ihnen gelingt, die sozialen Konflikte zu kulturalisieren. Dafür verfügen sie über ein Instrument namens „Menschenrechte“. Soziale Unterschichten werden mit völkischen Geschichten ernüchtert, erzählt wird von emsigen Emissären eines Volksstaates wie das der Teutomanen. Endlos gespielt wird dabei der Husarenstreich im Amphitheater der Menschenrechtsmaskerade. Da geht es um Extraprofite der Untergebenen der Mäuse-Magnaten. Humanitäre Interventionen und hochheilige Invasionen kommen dann zugute, das breite Publikum der Betuchten-Bastei heiter zu stimmen. Die Strukturen des Security-Sektion werden weltweit erweitert, von diskreten Aktionen zu honorigen Funktionen. Hierzu ein Bericht in www.german-foreign-policy.com/de vom 26. Mai 2010:
„Die Affäre um die geplante Entsendung von über 100 deutschen Söldnern nach Somalia belegt erneut die zunehmende Expansion privater deutscher Security-Unternehmen. Wie der Geschäftsführer der Asgaard German Security Group aus Telgte nahe Münster (Nordrhein-Westfalen) bestätigt, plant die Firma die Entsendung einer dreistelligen Anzahl bewaffneter Kräfte nach Somalia. Sie sollen dort einen Warlord unterstützen, der sich zum Präsidenten des Landes erklärt hat. Während das Berliner Außenministerium sich von der Aktion distanziert, nehmen im Westen die Stimmen zu, die die bisherige Somalia-Politik der EU und der USA für gescheitert erklären und die Sondierung von Alternativen verlangen. Security-Firmen wie Asgaard sind in wachsendem Umfang im Ausland aktiv. Mehrere Außenwirtschaftsverbände, etwa der Afrika-Verein oder die Deutsch-irakische Mittelstandsvereinigung, kooperieren regelmäßig mit ihnen, um in Kriegs- und Krisengebieten eingesetztes deutsches Personal zu schützen. Die Berliner Bundesakademie für Sicherheitspolitik begleitet das Wachstum der privaten Repressionsindustrie mit erheblichem Interesse. Es ermögliche Interventionen, die ‚weit weniger wahrgenommen‘ würden als gewöhnliche Militäreinsätze, erklärt der Präsident der Institution.“

Der Ausklang des abendländisch aufklärerisch arisch festgehaltenen Menschenrechtsmetiers lautet nun definitiv das Recht aufs Leben, natürlich in Würde und Freiheit.

Auf der Werkbank des Prokrustes –
Die Integrationsindustrie

Anfangs des laufenden Jahrtausends haben die Partei-Potentaten die BRD formal als „Einwanderungsland“ erklärt, anhand eines „Zuwanderungsgesetzes“ und einer Novelle des Staatsbürgerschaftsrechts die Fassade der ethnozentrischen Mauer des Volksstaates doktrinär demokratisch dekoriert – das Althergebrachte aber im Keim bekräftigt. Das ethnisch homogene Gemeinwesen blieb unangetastet. So kommen einige Eingewanderte zum Status des Bürgers, wenn sie die hoch hügeligen Hürden überwinden. Die minoritäre Mehrheit wird nach wie vor der Fremden-Furie überliefert – den intensiven Selektionsschikanen der Integrationsindustrie. Instrumental. Umfangreich. Institutionell. Und welcher ambitionierte Amtsschimmel hinter dem integrationalen Intsrumentarium steckt, zeigt folgende Episode:

Es spielte sich im April 2010 ab. Aygül Özkan, die niedersächsische Sozialministerin, forderte in einem FOCUS-Interview vor ihrem Amtsantritt ein Verbot von Kruzifixen, Kopftüchern und gleichartigen Symbolen in Schulen, geriet daher in ihrer Partei CDU in die kalte Kritik. Sie mußte sich für ihr Dafürhalten vor ihrem Amtseid entschuldigen. Das Gutdünken des Demokratismus bleibt somit fahlbleiche faule Fassade aus Pappe.

Das Gedankengebäude der system-immanenten Analysen fußt auf dem Dogma der Demokratie, dokumentiert die Impressionen und Intentionen der Integration, nimmt sie nur träge in die Mangel und manifestiert die mißfälligen Momente der allochthonen Minoritäten in majoritär manierierten Marginalien. Die Aktualität der Thilo-Sarazzin-Zensuren hält an: Peter Trapp, Mitglied im Abgeordnetenhaus Berlin (CDU), und Marcus Feber, Mitglied im Europa-Parlament (CSU) forderten im Frühsommer 2010 einen „Intelligenz-Test“ für die Migranten, die künftig nach Groß-D-Land kommen wollen. Präventiv. Primitiv. Aber nach Maßgabe der integrativen und intersektionalen Strategie.

Das ohne Tiefgang gedeutete, didaktisch determinierte Eldorado der Demokratie dient, digitale Tabu-Trabanten zu dichten – ein reklamatorisch reaktives Regime, welches gleiche Freiheiten favorisiert, ohne sie jedoch verwirklichen zu wollen. Die systematischen Symbole summieren Symptome, die soziale Hierarchien in Szene setzen – in sympathischen Spielen.

Die förmlich fortgesetzte Interpretation der Integration forciert die Fassade der landläufigen Fundamente und tritt als Reklameschild der majoritären Macht zutage – als schriller Schirmbegriff. Systemische Identifikationen und Imitationen der Spätankömmlinge werden als elementares Elaborat instrumentalisiert und als kulturalistische Kulissen installiert. Die gedrängten Gedankengänge wandern zwischen fakultativen Theorien und trivialen Facetten. Wie in den USA die Anglos mit Latinos umgehen, so handeln die Teutomanen in der BRD mit dem Kismet der Türken.

In der Tat lautet Integration: Zusammenschluß von Teilen zu einem Ganzen. Vereinheitlichen, ein Ganzes bilden, in den Machtbereich des kapitalistischen Systems einfügen. Sie zielt nicht darauf, die ethnozentrischen Strukturen zu überwinden, sondern die Schwachen auf den sozialen Konfliktfeldern unter Kontrolle zu nehmen, indem sie die kulturalistische Komponente kräftig kultiviert.

Seit der Reaktion der Domänen-Demokratie auf die Rebellion der Gastarbeiter im Sommer 1973 anhand eines Maßnahmenkatalogs nach der Formel „Anwerbe-Stop, Rückkehrdruck und Integration“ blühte ein Sektor, ein Menschenmanagement, eine Integrationsindustrie auf, das diktierte Dasein der Migranten-Menge als gegenwartsnahe Galeerensklaven mit einem nebelfarbenen Kostüm der Freiheit zu verhüllen. Das Augenmerk der germanophil geneigten Majorität richtete sich auf die Spätlinge der hiergebliebenen Fronarbeiter – als Menschenmaterial, um die defekte Demographie instand zu bringen. Förderprojekte nahmen überhand, und sie wurden auf allen öffentlichen Behörden und Breiten auch institutionalisiert. Darauf fußt heute das Selektionssystem des selbstherrlichen Souveräns sowie die sentimentale Separation der Domänen-Dompteure.

Gemäß dem dogmatisch dokumentierten Diktum der Demokratie wird die Integration als ein Impuls installiert, der einem sakrosankten Reglement gleichkommt – als Deckmantel, der abschirmt auszugrenzen, und verpflichtet zu überdurchschnittlichem Gehorsam.

Dividende der Integrationsindustrie werden unter den Bravour-Barden der Barbaren-Beobachter gerecht verteilt. Es sind die Mentalitätsmentoren der Gutmenschen-Masche. In Migrationsmühlen mühen sich die als nützlich aus der Menge Ausgewählten. Die Tretmühle bleibt ruhig, trotz der Tamtam-Touren der Mandatare und Manegen-Manager.

Die imperiale Integration ist das nach Innen gewandte koloniale Kapitel zum Management des Humankapitals. Die staatlich gepäppelten und direkt dirigierten Projekte oder Länden bereiten nicht den Weg, auf dem die Spätankömmlinge zum Bürgerbüro gehen, sondern sie zielen auf den Erhalt einer benötigten möglichst mobilen Fremdenmenge. Nicht die alte Hülse Liberté-Égalité-Fraternité ist der wahre Kern der Integrationsindustrie, sondern der Status quo des Nebeneinanders zwischen der herrischen autochthonen Majorität und den marginalisierten allochthonen Minoritäten.

Der Terminus Integration, die vorgeblich das Metöken-Dasein der Eingewanderten zu beenden bezweckt, vereint alle alteingesessenen Fraktionen und Sektionen der Gesellschaft, bekräftigt die Hegemonie des ethnisch homogenen Volksstaates. Hier stellt sich die Frage: Warum sollte er jene Menge zu vollwertigen Arten erklären, die er als halbwertige „Ware“ einordnet.

Die von der öffentlichen Hand verköstigten Initiativen unter dem Transparent Integration befinden sich seit Jahrzehnten auf der Suche nach Problempunkten und hantieren mit den Probandbildern fremder Fragmente. Die Wortwürmer wie „Ehrenmord“, „Zwangsheirat“, „Kopftuch“, „Minarette“, „Gettos“ u.ä. stolzieren als Dauerthemen. Migrantische Negativ-Bilder, welche die mediale Macht-Maschinerie antreibt, überfluten den Gemeinplatz. Da weht gegenwärtig kein Gegenwind. „Einigkeit“ wie das erste Wort der Nationalhymne prahlt und meint die völkische Variante. „Recht und Freiheit“ branden als Phrasenphantasie. Ewig. Allemanierierte Eleven experimentieren mit extravaganten Exemplaren. Da wird ein Spiel gespielt.

Die Karikaturen-Kompanie der Konvertiten-Karriere

Auf dem Trommel-Turm der Teutomanen-Tugenden tagt die Singakademie der saisonalen Sensationen, stimmt das hohe Lied der selektiven Assimilation an und klärt das breite Publikum auf – über die Rückständigkeit der eingewanderten Einwohner in den Reservoir-Gettos. Die ganze Meute der Gazetten- und TV-Tüftler beziehen ihre Kenntnisse aus den Gelüsten des trivialen Teutonen-Trios wie Necla Kelek, Henryk M. Broder und Seyran Ates. Ihre Zöglinge zeigen sich überall und paradieren vor den Palästen der Privatier-Parteien mit parlamentarischen Posten.

Integration ist nicht das erträumt erreichbare Ziel der Gleichheit, sondern das Mittel, die minderbemittelte Existenz der ethnischen Unterschichten zu pflegen, damit die ethno-kulturell kreierten Konflikte zu kontrollieren und zu kultivieren, solange sie nicht den Ansinnen des Regimes anhand der Getto-Gewalt die Stirn bieten. Der teutomanische Terminus rechtfertigt den Tartüffe-Turnus der grundgesetzlich grundierten Gleichheit vor dem Gesetz. Das gilt nämlich für die Staatsbürger, für den Rest nur in Marginalien.

Die Apartheidspyramide wirft hier ihre Schatten auf, verhindert den Blick auf die Horizonte. Der Rassismus, gegenwärtig im Habitus des Kulturalismus, gehört zu aufklärerisch artikulierten Denkstrukturen der Menschenrechtsregimenter. Die Integration als Tugend-Tour liegt ihm, diesem trivialen Tumor, zugrunde.

Besonderen Erfolg erzielten die Stabsstrukturen der Förderfonds im Bereich der migrantischen Selbstorganisationen. Die einst als – auch wenn starr auf die Heimat gerichtet – revolutionär akklamierten Akteure der Föderationen gaben ihre ursprünglichen Absichten auf und machten sich auf den Weg, einen Platz auf der Spielwiese der Integrationsindustrie zu suchen – größtenteils als Laien der interkulturellen Schaubühnen oder Lakaien der reichlich gepäppelten Projekte, natürlich mit ambivalenten Ambitionen, auf der Karriere-Leiter einen Stufenplatz zu ergattern. Auch sie registrieren das integrationale Gebot als notwendiges Naturgesetz, wobei der mondialen Migration als ein für alle Zeiten des Erdenlebens beobachtetes Geschehen kein mediales Gewicht gewährt wird.

Trotz der massiven Einsatzallüren der Stabsstellenakteure der Integrationsindustrie wird die muslimische „Multitude“ als Standort primitiver Potentiale thematisiert, daraus ein Propaganda-parates Politikum fabriziert. Sozio-ökonomische Konstellationen und Konflikte werden kurzerhand kulturalisiert. Alle, die angeblich für eine allgemeingültige Gerechtigkeit engagieren, finden sich, sobald – meist im Diskurs-Zirkus – der Terminus Islam auftaucht, auf dem majoritären Mainstream wieder, marginalisieren Minoritäten als parasitäre Fremde aus der Ferne – als Femme fatale der merkantilen Misere.

Festgefahrenes kulturelles Überlegenheitsübel wird nicht davon absehen, im Dunkel den Dünkel auszutreiben. Nicht auf das biologistisch-rassistische Übergewicht stützt sich die Majorität, ihren Gewaltapparat in Szene zu setzen, sondern den „Anderen“ kulturelle Barbarei zuzuschreiben sowie ihre Bedürfnisse herabzusetzen.

Nein, Necla Kelek brüstet sich nicht allein mit Seyran Ates oder Cem Özdemir auf der Aufstiegsleiter der Konvertiten-Karriere. Es gibt eine Menge andere. Zöglinge der Zitadellen-Zivilisation germanophiler Genre. Und es gibt auch einige anderen, welche „aufs Schärfste das Gedankengut“ verurteilen, „das unter dem Deckmantel ‚Integration‘ den migrantischen Teil der Gesellschaft einerseits diffamierend ausgrenzt und andererseits sie belehrend zu überdurchnittlichem Gehorsam verpflichtet“ – zum Beispiel: www.integration-nein-danke.org

Der Populus (aus dem Wort des Populismus), die Attacken und Artikulationen der beiden Lebenswelten, der Eingeborenen und Spätankömmlinge, also die Barrikaden der Vorurteile machen sich auffällig auf einer basalen Balance. Der Populatus (aus dem Terminus der Population) erscheint hier wie dort ziemlich verwurzelt. Extra-Ekstasen der mass-medialen Meute leisten ihren Beitrag dazu. Doppel-Dosis Demokratus löst sich in Luft auf. Wie Seifenblasen. Auch die papierene Rezepte sind wie die Futures des Feuilletons Makulatur, mit denen jedoch Henryk-Broder-Zöglinge, die den dicken Wilhelm gegen die Wilden-Willkür spielen, handeln wie Bravour-Broker im endkapitalistischen Kasino im Krisenkosmos. Die Parallelitäten der Primivitäten lassen für idealitere Details keinen Platz frei. Dort Gotteskrieger und Theokraten, hier Ethnopluralismus, Leitkultur, Homogenität – bürgerlich-honorig.

Türken-Phobie in der Teuto-Lobby

Vorbei Stimmenfang-Fanfaren, Tribunen-Tamtams, Wahltouren-Tant. Der Souverän, der Schwarm der Dumpfbacken, hat seine Schuldigkeit getan. Mit Kreuzchenzeichnen. Begleitet von Clowns und Comedians. Mal visuell versus usuell, andermal virtuell versus reell. Es wird schwadroniert, mit dem Zauberwort “Globalisierung” Schleichhandel betrieben, um den apart-heidischen Blick der arischen Allgemeinheit ins Quadrat zu erheben, damit den Zwist zwischen dem edlen Eigenen und eigentümlichen Anderen – in einer medial moderierten Harmonie zwischen Schwach- und Scharfsinn.

Vorbei das Duellanten-Duett. Fest stehen Sieger und Verlierer. Im Gemeinplatz. Gut und Böse. Abendländer und Ausländer. Publikum, das man als Südfrüchte pflückt, ißt und als Kerne wieder ausspuckt.

Zombie-Cäsaren. Privatier-Partei-Partisanen. Anti-Raucher-Revolutionäre. Regenerierte Regentschaften. Gernegroß-Germanen. Gerührt wie Apfelmus.

Still geht es im Gemeinplatz „Ausländer” vonstatten. Steil die Karrieren. Mit der Sentimentalität der pangermanischen Putz-Panzer. Stilvoll inszenieren die Prinzipals der Zwischen-Zwist-Szenarien ihre Attrappen und Attitüde-Attacken auf die Nicht-Volkszugehörigen zugewanderter Zonen-Zöglinge. Gezwickt. Geschliffen. Geschmeichelt. Aber geschert.

Der Prototyp à la Edel-Alemania bezieht seine visuellen Utensilien, mit denen er sein Weltbild füllt, im allgemeinen aus dem Arsenal der beiden Parallelgesellschaften Media- und Politokratie. Ermattet. Erregt. Er kann sich mit dem Zustand nicht abfinden, daß es den braven Gastarbeits-Barbaren längst nicht mehr gibt.

Seine Abkömmlinge präsentieren einen Typus des benötigten Fremden, der ins germanische Raster kaum noch paßt. Kontrovers. Es knallt in virtuellen Varia der ethnisierten Emotionen. Die völkische Volte verwandelt sich in die Islamophobie Voltaires. Kontradiktorisch. Arisch. Die Kontinuität der majoritären Macht brandmarkt jeden, der ihren primitiven Prämissen der Integration nicht entspricht – auf der Traditionslinie der volksstaatlichen Wogen.

Der Prototyp pro Allemania bleibt auf seine Vorteile bedacht. Er will von Anatoliern zwar bedient und geehrt werden, ihren Anspruch, die Allmende zu verallgemeinern, aber nicht als gerecht registrieren. Regelwidrig. Das Bleiben-Dürfen und Gehen-Müssen der “Ausländer” gehört zum Themen-Zyklus der meisten visuellen Foren. Regelrecht. Diese Art des Gedankengebäudes gleicht dem Theater-Truppen-Zirkus einer heiligen Streitmacht, die umherzieht, um Postillen der Guten zu verteilen.

Die anti-türkische Welle tendiert, zu einem Wogenprall anzuwachsen

Die in Web-Varia verbreiteten Beiträge zum “Türken-Tribunal” erinnern den kritischen Beobachter der Szene an das Sammelsurium von Wortfetzen, die aus der Dramaturgie eines generalstabsmäßig simulierten Dramas entstehen dürften. Dabei offenbart der Spruch “wer mit Erdnüssen bezahlen will, muß Affen beschäftigen”, der viele Gedankengänge als Wegweiser bekräftigt, das rein rassistische Fundament der “Plattform”. Also platt in Form. Daran ändert auch das Dafürhalten mancher fiktiver Forum-Teilnehmer nicht, die der Teutomanen-Türkenphobie argumentativ zu widersprechen versuchen. Was die digitalen Diskutanten insgesamt vertreten, ist längst bekannt – von Status-quo-Kumpanen der Studiokratie in Stichworte gesetzt, in Seminaren systematisiert, von Partei-Patronen für Partikular-Interessen populistisch präsentiert, von Gesellen der medialen Gilde verbreitet. Verliehen. Verkauft.

Ein platt-formatierter Patriot promeniert und ungefähr notiert: Das immanente Problem der multikulturellen Gesellschaft, das Entstehen paralleler Lebensräume verschiedener Ethnien, wird sich weiter verschärfen. Langfristig entstehen so Viertel, Bezirke oder ganze Städte, in denen raum- und kulturfremde „Ausländer“ das soziale Leben dominieren. Es entwickelt sich eine Parallelgesellschaft, in der autochthone Werte nichts mehr gelten. In einigen Berliner Bezirken braucht die Polizei eine geschlossene Einheit um Kleinkriminelle festzunehmen. Das ist der Anfang einer Evolution, die dem Germanen-Genre irgendwann erst den Wohlstand und dann die Freiheit kostet. Konservative Revolution ist angesagt. So oder ähnlich stimmt der party-patriotische und nazi-nationalistische Chor das Klagelied über den drohenden Untergang des Abendlandes an.

Keine Frage: Die reißerisch aufgemachten Reportagen und Kommentare haben zu provozieren, finden auch ungeteiltes Echo bei den Dumpfbacken und in Unsicherheit gestürzten marginalisierten Schichten. Duisburger Viertel Marxloh ist ein Extrembeispiel, das immer mit Vorliebe herangezogen wird, um gegen das schwächste Glied der industriellen Reservearmee zu manövrieren, Attacken-Allüren zu produzieren. Die perfide Polemik der Potentaten macht in keinem Punkt halt, wenn es sich darum dreht, die Menschen im unteren Unikum der Gesellschaft zu manipulieren. Primitiv porträtiert. Arisch-argumentativ. Angeprangert.

Es ist ein Sammelsurium von Text-Materialien, die sich dazu eignen, die Naturmäßigkeit der Ethnophobie zu konstruieren. Zunächst werden aus schmierigen Schubladen die Klischees bedient, dann einige Ausnahmen genannt, um sich gegen eventuelle Attacken zu wappnen, und im nachhinein wieder vollen Herzens loszugeifern. Schaut man hinter die Kulissen des Spiels, sticht schon ins Auge, daß 90% der nobel nominierten Novellen, die über den Dächern der bundesdeutschen Republik kreisen, gezielt erfunden sind. Münchhauseniaden. Mutwillig. Willfährig.

image_print