Die Krise ist das Wachstum

von Andreas Exner

Weltweit schießen Staaten der im wahrsten Sinn „fossilen“ Wirtschaft Mittel zu, sie übernehmen Garantien für marode Banken und häufen enorme Schuldenberge an. Während man so das Schlimmste abzuwenden glaubt, wird es noch dicker kommen. Bestenfalls gelänge es dem Staat, faule Kreditketten kontrolliert zu entsorgen. Ob dies angesichts der weltweiten Kapitalverflechtungen überhaupt möglich ist, scheint aber fraglich. Dass dies einen neuen Aufschwung generiert, noch mehr. Selbst im besten Fall wäre man also wieder dort, wo die Krise ihren Ausgang nahm: beim System des rücksichtslosen Kapitalwachstums.

Anstatt dies zu erkennen, sucht man jedoch nach Sündenböcken. Die Manager sollen schuld sein, die Gier der Banken oder gar die USA. Nichts könnte falscher sein. Denn Kapitalismus heißt nun einmal: Profitmaximierung um jeden Preis. Im System des wirtschaftlichen Wachstums zählt nämlich nur, dass mehr Geld gemacht wird als investiert worden ist. Das hat zwei Gründe: erstens die Geldwirtschaft, in der eben Geld und nicht die Bedürfnisbefriedigung den Ausschlag gibt und Ziel allen Handelns ist; zweitens die zum Markt gehörende Konkurrenz, die zum Wachstum zwingt. Wer nicht wächst, geht unter.

Nun befinden wir uns am Ende des Wachstumsmodells der Nachkriegszeit. Nachzutrauern ist ihm nicht. Denn seine Bilanz ist in ökonomischer und sozialer Hinsicht desaströs, ebenso mit Blick auf unsere Umwelt. Tatsächlich wuchsen mit der Wirtschaft sowohl der Verbrauch an Ressourcen als auch die Emission von Schadstoffen aller Art, deren bedrohlichstes Resultat der Klimawandel ist. Die ökologische Grenze des Kapitalwachstums hatte sich in den Jahren vor 2008 bereits klar gezeigt: die Preise von Rohstoffen und von Energie stiegen kontinuierlich. Und die zunehmende Produktion von Biotreibstoff entzog vielen Millionen Menschen ihre Nahrungsgrundlage.

Die eigentliche Ursache der Krise ist also nicht der Einbruch des Kapitalwachstums, sondern dieses Wachstum selbst. Die Lösung liegt damit auf der Hand: Es gilt, unser Leben vom Kapital zu entkoppeln. Wirtschaft gehört in die Hände derer, die sie machen. Dazu muss eine Solidarische Ökonomie die Geldwirtschaft ersetzen. Sie überlässt Entscheidungen nicht dem so genannten Sachzwang oder einem selbsternannten Management, sondern gestaltet Wirtschaft demokratisch. Ansätze dazu gibt es weltweit. Sie auszubauen ist nicht nur eine Überlebensfrage, sondern die historische Chance, den Kapitalismus positiv zu überwinden.

Erschienen in “Alternative“, Nr. 2009/02, der Zeitschrift der “Alternativen und Unabhängigen GewerkschafterInnen” (AUGE) in Österreich

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