Zwei Mostviertler auf Abruf

Nachschuss 23

von Franz Schandl

Österreich gegen Malta, das ist schon die Härte. Zwar stimmte am Ende das Ergebnis (5: 1), aber sonst stimmte fast nichts. Zur Halbzeit lagen die Österreicher gegen den Fußballzwerg nur 2: 1 in Führung, und auch in der zweite Halbzeit lief nicht viel. Erst ein geschenkter Elfer und zwei beiläufige Tore tätigten ein Resultat, das den Spielverlauf des letzten EM-Tests schönte. Einfach wird’s nicht werden für den Gastgeber. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Ösis einfach abgeschossen werden. Schon am Samstag gegen Kroatien könnte das der Fall sein.

Zwei Niederösterreicher, oder präziser noch: Mostviertler, bestimmen zur Zeit das Geschehen im Fußballland. Der eine ist der Teamchef Josef Hickersberger, der zu allem Unglück und Ungeschick jetzt auch noch den Makel der Amstettner Geburt aufweist, und der andere ist der Kanzler und SP-Chef Alfred Gusenbauer, der aus dem nahen Ybbs an der Donaus stammt. Obwohl, „bestimmen“ ist übertrieben. Hickersberger wie Gusenbauer erscheinen mehr als Getriebene denn als souveräne Akteure. Hin- und hergestoßen wanken sie und wollen doch nicht weichen. Das Glück, das sie nicht haben, ersetzen sie durch Sturheit. Der Kanzler und der Trainer, das sind wahrlich zwei Mostviertler auf Abruf.

Die Verzahnung von Politik und Sport ist weit gediehen. Verliert Österreich gegen Deutschland, Polen und Kroatien und fällt die SPÖ bei den Tiroler Landtagswahlen am kommenden Sonntag unter 20 Prozent, dürfte nicht bloß die Ära Hickersberger Geschichte sein – das sowieso -, sondern auch Gusenbauers Finale eingeläutet werden. Anders als Angela Merkel hat er sich in seiner Kanzlerschaft nie profilieren können. Die jüngsten Debakel an der Gesundheits- und an der Pensionsfront offenbaren dies einmal mehr. Schlechter als die Parteienkompromisse ist lediglich die Performance derselben. Da mag die Volkspartei noch so matt sein, zumindest blamiert sie sich nicht laufend in den Verhandlungen. „Wer sind Gusis Erbfolger? „, fragt der Boulevard, und er fragt so beharrlich, dass man sich immer weniger vorstellen kann, dass der Kanzler das noch lange durchhält.

Nur ein Wunder kann den Verwundeten retten. Gewinnt Österreich wider Erwarten gegen Polen und holt es sich gegen Kroatien oder Deutschland einen Punkt, steht es lachend im Viertelfinale. Dann ist Alfred Gusenbauer auf der sicheren Seite, zumindest auf Zeit. So setzt der SP-Vorsitzende auch auf diese Karte. Neben dem internationalen Parkett und der Weinverkostung ist zur Zeit des Kanzlers allerliebstes Spielfeld das Fußballfeld. Dazu lässt er sich auch lieber interviewen als zu den Niederungen der Innenpolitik, dabei wirkt er gar nicht genervt und gereizt. Ist er auch kein Könner, so ist er doch ein Kenner. Das rot-weiß-rote Trikot, so meint er, das stehe ihm ausgezeichnet.

Da ist er auch nicht allein. Österreich ist im Österreich-Fieber, zumindest will es sich in ein solches versetzen. Bei gar nicht wenigen Zuschauern hat man das Gefühl, dass sie nicht wegen des Spiels interessiert sind, sondern weil eine nationale Mannschaft in Konkurrenz zu anderen Standorten sich kämpfend manifestiert und so Identifikation sich ausdrückt. Man kann Flagge zeigen und WIR sagen, Kriegsbemalung inbegriffen. Immer mehr Wimpelwichte düsen durch die Gegend, selbst Häuser und Kräne sind schon rot-weiß-rot bestückt. Als Robert Misik, Autor der Tageszeitung Der Standard seine Fahne ausgerechnet am stillen Örtchen, konkreter noch an der Klobrille platzierte, da waren nicht wenige bitterböse. Aber bitte nicht lachen, eine erste Verurteilung nach dem Wappengesetz gibt es bereits, eine EU-kritische Initiative hatte sich erfrecht, den Fußball ins Logo des Wappens zu montieren. Da schlug die Behörde, das Strafamt des Stadtmagistrats Innsbruck unbarmherzig zu und verdonnerte die Delinquenten zu 1500 Euro Strafe. Wo satirische Lustbarkeit sich entfaltet, ist heimtückische Lächerlichkeit nicht weit.

Freitag, 6.6.2008

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