Mader in Germany

Deutschland soll schneller laufen – nur wohin?

von Franz Schandl

Politik ist ein seltsames Geschäft. Da gewinnen mal die und mal die anderen, aber im Prinzip nimmt alles seinen fatalen Gang. Der Trend geht mal in diese, mal in jene Richtung, aber eigentlich ist der Begriff Richtung schon eine maßlose Übertreibung. Der Trend ist so nicht Kennzeichen irgendeiner Entwicklung, sondern eher Zeichen allgemeiner Verunsicherung und Ratlosigkeit. Da mag man sich noch so präpotent gerieren. Im Medienzeitalter gilt eisern: Je impotenter, desto präpotenter! Indes, alle haben sich so sehr an die Politik gewöhnt, dass sie gar nicht wegzudenken ist. Man glaubt zwar nicht mehr so richtig daran, aber man hat auch nichts anderes, an dem man sich festhalten könnte. Also glaubt man weiter. Immer wieder gedeihen Hoffnungen, wird der Wunsch, sich doch täuschen zu lassen zur Motivation der Betätigung.

Natürlich ist es nie ganz egal, wer da wo gewählt wird, wer die Ämter besetzt und das Geld vergibt, sich aber deswegen umgekehrt einzureden, hier ginge es um reale Unterschiede, ist ein Irrtum. Freilich einer, der konstitutiv und unsausweichlich erscheint. Politik ist die Illusion des Stimmbürgers, der den freien Willen mit seiner Freiwilligkeit verwechselt. Die haltlose Einbildung, sowohl in Handlungen als auch in Entscheidungen souverän zu sein.

Während in Deutschland Rot-Grün eben abgewählt worden ist, steht es in Österreich erst bevor. In der Alpenrepublik gewinnen die oppositionellen Sozialdemokraten eine Wahl nach der anderen, geradeso wie die germanische Schwesterpartei eine nach der anderen verloren hat. Aber ist das nicht fad? Langweilig ist auch der Vorwurf, SPD und CDU/CSU würden zuerst einmal die Ämter aushandeln und nicht über Inhalte sprechen. Was soll’s? Wirkliche Differenzen gibt es nur in der Personalfrage, programmatisch kann man sich schnell darauf einigen, dass alles schneller werden soll im komparativen Land der Deutschen. Aus „Made in Germany“ wird nun „Mader in Germany“.

Dass Gerhard Schröder nach diesen Wahlen nicht mehr Kanzler werden konnte, ist klar gewesen, alleine aber, dass er in aller Kaltschnäuzigkeit das Gegenteil behauptete, hat die SPD in den Koalitionsgesprächen durchaus gestärkt. Und niemand sage Schröder, sei am Ende, nein am Ende wird er EU-Kommissar oder gar Kommissionspräsident. Vorgeschlagen von Angela Merkel, die jetzt in Deutschland an der Reihe ist. Der ist freilich nicht einmal ein famoser Start gelungen. Die Kanzlerin ist lediglich die Anführerin der Wahlverliererinnen. Die Große Koalition, so sehr sie nun von den Großparteien auch gelobt werden wird, dürfte trotzdem bloß ein Übergangsstadium sein, weil sonst FDP und Linkspartei, ja möglicherweise sogar die Grünen davon über Gebühr profitieren könnten. SPD und CDU/CSU werden fortan versuchen hauptsächlich in eine gute Ausgangsposition für einen allfälligen Regierungswechsel zu kommen.

Angela Merkels Karten sind da nicht die besten. Erstens hat sie keinen Wahlsieg vorzuweisen, zweitens ist sie in ihrer eigenen Partei mehr toleriert als akzeptiert und drittens hat sie mit der SPD keinen Juniorpartner im Kabinett, sondern einen Seniorpartner, der ihr auch gleich die meisten Ministerien abverhandelt hat. Das Regieren wird nicht allzu leicht fallen. Sämtliche Schwierigkeiten wird man Angela Merkel anlasten. Sie habe eben keinen Killer-Punch stand erst vor einigen Wochen in der Süddeutschen, und das war natürlich nicht positiv gemeint. Den einzigen Mord, den man Merkel zutraut, ist der politische Selbstmord.

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