Felix Barthels: Odysseus wär zu Haus geblieben. REZENS

von Martin Brandt

Felix Bartels: Odysseus wär zu Haus geblieben. Schutzschrift mit Anhang. Aurora Verlag Berlin 2015, 334 Seiten, ca. 20 Euro

Offenbar ist das Denken die einzige Tätigkeit, die sich fortwährend dafür entschuldigen muss, dass sie ausgeübt wird“ (S. 38) – damit beschreibt Bartels sehr treffend die Ausgangsposition, von der aus er seinen nicht unstrittigen Beitrag zur Ideologietheorie und zur Reflexion des Verhältnisses von Theorie und Praxis entwickelt.

Wer sich auf seine Schrift, die aus einem Hauptteil und gesammelten Aufsätzen besteht, einlässt, findet eine Analyse und Kritik dessen, was seiner Meinung nach allen politischen Ideologien eignet, nämlich deren zu große Nähe zur politischen Praxis. Diese bzw. ihre Vorherrschaft gegenüber der Theorie sei nicht zuletzt durch Marx selbst in den Feuerbachthesen installiert worden, in denen er die politische Praxis höher einordne als die Theorie, was dazu führe, dass sowohl das faschistische Potenzial verkannt als auch regressive Ideologeme in progressiven Bewegungen geleugnet werden.

Dagegen verteidigt Bartels die bedingungslose Autonomie von praktischer und theoretischer Sphäre und besteht auf deren jeweiliger Eigenlogik: die Theorie habe dabei jedem politischen Kalkül, die Praxis jedem Anspruch auf Vereinnahmung der Theorie zu entsagen. Am überzeugendsten ist Bartels in seiner mäandernden Argumentation da, wo er den Fraktionszwang politischer Spektren und deren regressive Ideologeme herausarbeitet; am schwächsten, wo er meint, allein im von scheinbar allen Zwängen befreiten Denken das Seelenheil der Menschheit finden zu können.

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