Pro oder Anti?

von
Franz Schandl

Frage determiniert Antwort. Keine Meinungs- und Marktforschung, die nicht weiß, dass Fragen Antworten intendieren und andere eliminieren. Will man bestimmte Antworten erheischen, ist es nötig, adäquate Fragen zu formulieren. Das geschieht fortwährend. Will man auf dem Markt der Abstimmungen (der selbstverständlich ein Warenmarkt ist), ein definiertes Ergebnis erzielen, ist es angebracht, entsprechende Fragen zu ventilieren. Wer die Fragen diktiert, diktiert die Antworten.

Relevanter
als Wer beantwortet die Fragen?, ist: Wer entscheidet die
Fragen?
Wer hat also die Kompetenz, Fragen kreieren zu dürfen?
Diese können ja keineswegs „demokratisch“ legitimiert werden.
Wie wäre das auch umzusetzen? Antworten hängen ehern an
Fragestellungen, jene perpetuieren diese. Es sind also geradewegs die
Fragen, die sich oftmals die Antworten suchen, zumindest deren
Varianz festlegen. Frage und Antwort gleichen Angebot und Nachfrage.

Das
Publikum wird stets zur Antwort gebeten, nicht aber zur Frage. Fragen
soll es abnehmen, aber nicht stellen. Dazu sind andere da. Kunden
sind Konsumenten sind Nachfrager, sie wählen aus einem Sortiment von
Waren. Kaufen sie mir das ab? ist die bezeichnende
Alltagsfloskel, die genau diesen Umstand reflektiert. Mehr denn je
ist das Meinen eine Form des Kaufens, keine des Kennens oder gar des
Könnens. Dieses Meinen der sogenannten mündigen Bürger ist äußerst
beschränkt, allein aufgrund der
Lebensumstände der Leute, die deren Reflexionsmöglichkeiten
systematisch einschränken.

Bevor
Fragen zu beantworten sind, ist nach den Fragen zu fragen. Ansonsten
sind Fragen Fangfragen und tatsächlich sind sie das oft auch. Bevor
Fragen zu beantworten sind, sind die Fragestellungen zu erobern.
Kritik hieße: Wir geben Antworten auf Fragen, die gar nicht erst
gestellt werden. Das ist leichter gesagt als getan, aber unter dieser
Bürde ist keine Emanzipation zu machen. Wer die Streifzüge
genau rezipiert, wird leicht feststellen können, dass nicht nur die
Antworten, sondern schon die Fragen, die wir vorschlagen, andere sind
als die herkömmlichen. Wirkliche Opposition dekonstruiert den
herrschenden Diskurs, verweigert sich seinen Implikationen oder macht
diese zumindest kenntlich. Das probieren wir. Insofern sind wir auch
aus der konventionellen Debatte gefallen. Das hat gehörige
Nachteile, aber den einzigartigen Vorteil, nicht Teil der obligaten
Kommunikation zu sein.

Mehr
Europa? Weniger Europa?

„Bist
Du für oder gegen die EU?“, diese tolle Frage erschien mir immer
(also seit Ende der Achtzigerjahre) als eine Zumutung, als ein
Anschlag auf meinen, wie ich doch hoffe, wachen Geist. Ich verhielt
mich in der Frage, wenn ich schon musste, taktisch, nie auf der Ebene
der Bekenntnisse. Konnte mich also weder in einer Befürwortung noch
in einer Ablehnung wiederfinden. Der glühende Europäer erscheint
mir gleich dem glühenden Österreicher wie eine Entzündung. Ich
glühte nicht, und ich will auch nicht glühen, weder für das
dumpfbackige Österreich noch für das großkotzige Projekt der
Union, der Vereinigten Staaten von Europa oder einer Europäischen
Republik. Als Patriot, und sei es als europäischer, stehe ich nicht
zur Verfügung. Das kleine wie das große Vaterland hat meine Liebe
nicht. Es gibt keinen Grund dafür.

Der europäische Patriotismus unterscheidet sich vom österreichischen nur darin, dass er mehr Raum hat und auch mehr Raum haben will, was einerseits Europa zur Festung Frontex macht, andererseits aber frank und frei für „unsere Interessen“ weltweit militärisch und ökonomisch interveniert. Die Wahrheit der EU dokumentiert sich an ihrer Wirklichkeit im Mittelmeer und an den Schlachtfeldern des Ostens und Südens. Flüchtlinge sind die implizite Antwort dieses Treibens.Unsachlich, jenseits und wertlos hat schon seine Logik. Wir gehören nicht zur Phalanx der Erneuerer und Reformer. Ob die EU reformierbar ist, interessiert uns nicht. Der europäische Patriotismus unterscheidet sich vom österreichischen nur darin, dass er mehr Raum hat und auch mehr Raum haben will, was einerseits Europa zur Festung Frontex macht, andererseits aber frank und frei für „unsere Interessen“ weltweit militärisch und ökonomisch interveniert. Die Wahrheit der EU dokumentiert sich an ihrer Wirklichkeit im Mittelmeer und an den Schlachtfeldern des Ostens und Südens. Flüchtlinge sind die implizite Antwort dieses Treibens.

Wir stehen hier für die Überwindung, ja Abschaffung der Nationen, aber nicht dafür, dass in Europa eine transnationale nationale Supermacht etabliert wird. Davon halten wir schlicht nichts. Die Europa-Debatte ist nicht unsere, und wir sollten sie uns nicht aufzwingen lassen. So erledigt sich die Frage nach mehr oder weniger Europa gleich von selbst. Die Zukunft wird nicht an Europa entschieden, es geht nicht darum, in diesem Diskurs eine Position einzunehmen, sondern die Frage insgesamt zurückzuweisen. Mitfiebern ist unsere Sache nicht. Mehr als Querschüsse haben wir nicht zu bieten. Unsere Abneigung gilt nicht nur dem grassierenden Populismus, sondern ebenso dem herrschenden Liberalismus, dem es in den letzten Jahren allerdings gelungen ist, die Restlinke fast völlig zu absorbieren.

Europa
retten?

Nur
Europa kann uns retten? – Dieser Gedanke einer völlig und in
doppeltem Wortsinn faul gewordenen Intelligenz ist bezeichnend für
die Regression intellektueller Potenziale. Als Beispiel sei das
Manifest zur Neugründung der EU von unten (Die Zeit,
Nr. 19/2012) genannt. Unterschrieben ist dieses Pamphlet unter
anderem von Jacques Delors, Joschka Fischer, Anthony Giddens, Jürgen
Habermas, György Konrad, Adam Michnik, Robert Menasse, Herta Müller,
Martin Pollack, Gesine Schwan, Javier Solana, Helmuth Schmidt. Eine
illustre Runde, zweifellos.

Da
wimmelt es nur so von „Bürgern“ in einer „Bürgergesellschaft“,
selbst der absolute Trottelsatz (ausgesprochen zu einer Zeit, als die
USA Vietnam in die Steinzeit bombardieren wollten), von John F.
Kennedy: „Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, fragt, was
ihr für euer Land tun könnt“, darf da nicht fehlen. Es gilt
jedenfalls, „ein Europa der tätigen Bürger zu schaffen“.

Indes,
was sollen die tätern, bei „Doing Europa“? Wird nicht bereits
genug getätert? Der tätige Bürger ist der Attentäter des
Kapitals.
Denken wir nur an die grausame Leichenproduktion im
Mittelmeer und auch an anderen Flüchtlingsrouten. Denken wir an das
kriegerische Treiben der Union (insbesondere ihrer Kernstaaten) in
Nordafrika, im Nahen Osten oder im ehemaligen Jugoslawien. Denken wir
an den Horror des europäischen Arbeitsmarkts, an die flexible
Auflösung von Arbeitsschutz und Kollektivvertrag im Zeichen der vier
Freiheiten (Waren, Kapital, Dienstleistungen, Personen), und denken
wir vor allem auch an das völlige Versagen betreffend die
ökologischen Herausforderungen. Woher rührt der Kredit der
Europäischen Union? Nur weil der Anti-EU-Reflex dumpf ist, sagt das
noch nichts über die Qualität der EU aus. Nur weil viel Unsinn über
die Union erzählt wird, heißt das noch lange nicht, dass diese Sinn
macht. Wer sich mit der Pro-EU-Literatur auseinandersetzt, könnte
schnell deren eigenen Stumpfsinn entdecken. Die dystopischen Aspekte
wurden jedenfalls mehr in diesen Jahren, nicht weniger.

Es dominiert die Anrufung der gängigen, aber leeren Formeln.
Phrasen, die immer wieder aufgesagt werden müssen und kraft
der medialen Masse erdrückend wirken. Diese geistigen Leistungen
sind Serienprodukte der Kulturindustrie. Fast Food in gehetzten
Zeiten. Für den Liberalismus aller Lager ist die europäische
Einigung zweifelsfrei „das Beste, was Europa in den vergangenen
Jahrtausenden passiert ist“ (Daniel Cohn-Bendit/Guy Verhofstadt:
Für Europa!, München 2012, S. 34). Oder ganz salopp der Robert
Menasse: „Die EU ist die coolste aller Höllen auf Erden.“ (Der
europäische Landbote. Die Wut der Bürger und der Friede Europas,
Freiburg-Basel-Wien 2015, S. 73.) Und Yanis Varoufakis,
dezidiert kein Radikaler, dafür aber eine hofierte und zugelassene
Leitfigur der Linken, meint gar, es stünde aktuell nicht mehr an,
als den Kapitalismus vor sich selbst zu retten. Und Europa gleich
mit. Soviel Bescheidenheit ist uns nicht vergönnt.

Die
linke Liebe zur EU rührt vor allem aus einer Niederlage oder besser
einer Kapitulation. Hier verlaufen die Endmoränen der erledigten
Emanzipation von 1968. Die EU-Euphorie ist auch das matte Substitut
für die enttäuschten Hoffnungen auf den Sozialismus. Der Aufbruch
endete in der Anpassung an das liberale und auch neoliberale (sofern
wir das überhaupt scheiden wollen!) Universum. Wer erinnert sich
etwa noch an die völlig überzogene Anti-EG-Kampagne der
österreichischen Grünen vor dem Beitritt, hochgefahren von Johannes
Voggenhuber, der sich dann flugs in einen feurigen Propagandisten der
EU transformierte?

Europa
lieben?

Die Kanäle gehen über, und die Druckmaschinen laufen heiß. Man hat das Gefühl, dass die Intellektuellen des Kontinents inzwischen im Vorhof der Brüsseler Kommission den Kotau machen. Man singt den blauen Kanon im Sternenchor. Kritik findet nur noch als Simulation statt. Eine pro-europäische Publikation folgt der nächsten: Daniel Cohn-Bendit, Robert Menasse, Ulrike Guérot, Oskar Negt, Claus Offe, Heribert Prantl, Claus Leggewie, Richard Sennett, Hannes Androsch. „Wie hältst Du’s mit Europa?“ heißt auch das neueste Buch, der von Europa ausgehaltenen Ulrike Guérot, Gründerin des Think Tanks „European Democracy Lab“ in Berlin und Leiterin des „Departments für Europapolitik und Demokratieforschung“ an der Donau-Universität Krems. „Europa muss man einfach lieben!“, lässt Heribert Prantl, Chefredakteur der Süddeutschen ausrichten. Muss man? Nein, man muss dezidiert nicht als zusätzliches Glühwürmchen für Freedom and Democracy aufleuchten, derweil ist es durchaus lukrativ an diesem Jahrmarkt wohldotierter Eitelkeit teilzunehmen. Seine Feste tagen in Permanenz. Kaum ist ein Symposium zu Ende, beginnt die nächste Konferenz. Soviel Reklame hatten wir noch nie.

Stellvertretend sei etwa Ulrike Liebert, eine den Grünen nahestehende Bremer Politikwissenschafterin, genannt. In ihrem unsäglichen Buch „Europa erneuern!“ geht es einmal mehr darum, die Union von unten zu demokratisieren, sie soll eine „demokratische Bürgerunion“ (S. 73) werden. Es geht „um die humanistischen europäischen Ideale von Menschen- und Bürgerrechten, Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit, Demokratie, Wohlstand und Weltoffenheit …“ (S. 13) Es geht um „den Aufbruch zu einer zukunftsfähigen, europäischen Demokratie.“ (S. 39) „Wir alle sehen uns ja als Demokraten und Europa als Hort der Demokratie.“ (Ebd.) „Demokratie heißt, dass die Bürgerinnen und Bürger frei sind, sich aktiv und passiv an Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen, an Volksinitiativen und -abstimmungen zu beteiligen.“ (Ebd.) Notwendig ist „ein supranationales Upgrade der Demokratie“ (S. 44). Gefordert wird ein „demokratisches Transplantat ins Herz der Eurozone“ (S. 65). Schließlich geht es um die „Verteidigung freiheitlicher Werte“ (S. 74). Scheitert dies, dann gilt es einen „Werteverlust“ (S. 13) zu beklagen. Etc., etc.

Es
ist alles so abgeschmackt. Keine zwei Sätze können da geschrieben
werden, ohne zu beten. Der liberale Weihnachtsbaum ist aufgeputzt.
Alle Girlanden glitzern. Es hat schon was Liturgisches. Hier
schwadroniert die herrschende Sprache. „Bürger“, „Demokratie“,
Werte“, „Wir alle!“. Wabernde Vokabeln gleichen Gallerten, an
denen alle hängen zu bleiben haben. Solche Theorie wurde nicht
upgegradet, sondern downgeloadet. Dokumente geistigen Dünnpfiffs
sind zahlreich. Während Ulrike Liebert nebulös von einer
„transnationalen Republik“ (S. 73) spricht, spricht Marcus
Koch in seinem Buch „Nation Europa! Warum aus der Europäischen
Union die Europäische Nation werden muss“ zumindest Klartext.
Kleine Nationen sollen einer großen Nation weichen. Die uns bekannte
Union ist eine Fortsetzung des Gehabten.

Aber
die Aufrufe überschlagen sich. Sie hyperventilieren. Da finden
selbst Gestalten wie Friedrich Merz und Jürgen Habermas zusammen,
wenn es darum geht, Europa im Handelsblatt vom 21. Oktober
2018 zu preisen, so treten sie ein „für ein Europa, das unsere Art
zu leben schützt und das Wohlstand für alle schafft“. Ist jemand,
der „unsere Art zu leben“ schützen will, überhaupt noch
zurechnungsfähig? „Wir fordern eine europäische Armee“, lautet
die militärische Schlussfolgerung. Soviel Erneuerung war selten.

Europa
erneuern?

Europa ist ein Popanz seiner Gläubigen. Bar jeder Realität und Erkenntnis wird es als Sehnsuchtsort inszeniert. Sogar der Antifaschismus wird neuerdings der EU-Geschichte hinzugedichtet, so als wäre nicht umgekehrt der Antikommunismus die prägende und treibende Komponente der europäischen Einigung gewesen. Robert Menasse ist der Poet dieses Schauspiels. Auch nachdem er über ein Walter Hallstein unterschobenes Zitat („Die Abschaffung der Nation ist die europäische Idee“) fast gestolpert wäre, legt er brav nach. Europa gerät zu einer liberalen Operette. Eine Aufführung folgt der nächsten.

Die
Europäische Union ist ein Projekt der westeuropäischen Eliten. Eine
EU-freundliche Agenda wird heute in „aufgeklärten Kreisen“ als
Konsens verordnet, und wer dagegen verstößt, wird als Populist oder
Nationalist denunziert. Die autoritäre Verpflichtung auf den
Proeuropäismus ist nicht mehr auszuhalten. Der Proeuropäismus, wie
wir ihn kennen, ist ein nationalistisches und imperialistisches
Konzept. Das Gezeter um den Brexit verdeutlicht dagegen, wie die
Union und ihre Staaten ticken und wie weit die
Selbstzerstörungskräfte in der EU selbst an Raum gewinnen. Wären
die Sitzungs- und Flugkilometer nicht so hoch dotiert, müsste man
direkt Mitleid haben mit dem beteiligten Personal.

Die
Spaltung zwischen pro- und antieuropäischen Kräften ist ein
Pseudokonflikt. Wir sollten uns damit nicht aufhalten. Strategisch
ginge es vielmehr darum, die relevanten Fragen in den Mittelpunkt zu
rücken und jene unseligen und verdummenden Pseudofragen in den
Hintergrund zu drängen. Das schließt Unterstützung wie
Zurückweisung konkreter Vorhaben und Maßnahmen nicht aus, aber das
ist etwas anderes, als sich der herrschenden Fragestellung
auszuliefern und gar ihre Diktate schön zu reden. Das ist nicht
unser Terrain. Bei der Konfrontation zwischen dem nationalen
Kapitalismus und dem internationalen Kapitalismus sind wir gegen den
Kapitalismus.

Wenn die Europäische Union gefährdet ist, dann sollten wir sie weder verteidigen noch angreifen. Dafür ist keine Lebenszeit zu opfern. Wir treten weder für die EU ein, noch befürworten wir einen Austritt. In beidem sehen wir keine Perspektive. Wir stehen weder für noch gegen Europa, auch nicht für ein anderes Europa. Ivan Krastev, ein bulgarischer Liberaler und Autor des Buchs „Europadämmerung“ (Suhrkamp, Berlin 2017) hat darauf hingewiesen, dass nach „einer YouGov-Umfrage in 14 Mitgliedsstaaten die größte Gruppe in Europa die sind, die glauben, dass weder die Union noch ihre nationale Regierung funktionieren“ (Der Freitag, 21. März 2019). Das wäre zumindest ein Ansatz. Auf jeden Fall ist die öffentliche Meinung (bei aller Diffusität) hier weiter als die offizielle oder gar die veröffentlichte.

Europa
reformieren?

Wenn
wir Europa genau beobachten, dann herrscht hier nichts anderes als
der bürgerliche Wahnsinn. Natürlich demokratisch und
rechtsstaatlich domestiziert. Aber es ist der Körper des Kapitals,
der sich und somit uns organisiert: Wert, Konkurrenz, Geschäft,
Markt, Standort, Arbeit, Leistung, Geld. Wir können uns aussuchen,
ob wir das alles wollen oder nicht. Aber sobald wir diesen Rahmen
akzeptieren sind unsere Möglichkeiten äußerst beschränkt. Doch
genau das ist der Fall, der neueste Schlager (und es ist kein
Lachschlager!) wird das fortan forcierte schwarz-grüne Bekenntnis
zur ökosozialen Marktwirtschaft sein, wo Umwelt und Wirtschaft ganz
freundschaftlich zueinander finden werden. Diesmal aber ganz sicher.
Die Arbeit am globalen Burnout wird fortgesetzt.

Unser
Widerwille, sich auf die sachliche Diskussion einzulassen, ist groß.
Hier mitzuplaudern kann nur in der Befangenheit enden. Schnell ist
man im Käfig von Markt und Staat und bemalt die Gitterstäbe. Das
ist vergebene und vergeudete Zeit, nicht nur angesichts der drohenden
ökologischen Katastrophen. Es gilt gar nicht konstruktiv zu sein,
sondern destruktiv: Das System samt all seinen Strukturen und
Formprinzipien steht zu Disposition.

Unsachlich,
jenseits
und wertlos hat schon seine Logik. Wir gehören
nicht zur Phalanx der Erneuerer und Reformer. Ob die EU reformierbar
ist, interessiert uns nicht. Vokabeln wie „Erneuerung“ und
„Reform“ sollte man besser unter Quarantäne stellen. Das sind,
gelinde gesagt, Drohungen, die nicht als solche erscheinen. Es geht
um Alternativen. Wir brauchen eine andere Welt, eine andere Sozietät,
keine Fortsetzung des Kapitalismus, sei er nun demokratisch,
populistisch oder offen autoritär.