Jobvernichtung

Die
Fragen, die sich stellen, liegen eigentlich auf der Hand. Was
brauchen wir? Wie kommen wir dazu? Und wie erfüllen wir
unsere Bedürfnisse und Begehrlichkeiten – ohne die Umwelt in
irreparablem Ausmaß zu schädigen, ohne nachkommenden Generationen
den Planeten ausgeplündert, kontaminiert und völlig vermüllt zu
übergeben, ohne uns einseitig zu Lasten Dritter auszuleben und ohne
unser jeweiliges Gegenüber willkürlich zu Handlungen oder
Unterlassungen zu nötigen? Oder
sagen wir es anders: Wie koordinieren wir unsere sozialen Beziehungen
und gesellschaftlichen Belange, unseren Alltag und zukünftige
Projekte bewusst,
das meint direkt und nicht über den Umweg einer mit Eigenlogik
behafteten Form?

Eine Welt ohne Geld und ohne die damit verbundenen Zwänge würde
vieles, was heute unverzichtbar erscheint, praktisch über Nacht
überflüssig machen. Ganze Berufsgruppen, im Bereich Banken,
Versicherungen, Marketing, Verkauf, Buchhaltung, Geldeintreibung,
größere Teile des „organisierten Verbrechens“ und der
hoheitlichen Verwaltung gingen ihrer Funktion verlustig.
Zeitaufwändige Kostenkalkulation, Antragsschreiben, die ewigen
Betteleien … – alles Vergangenheit. Auch wäre niemand mehr
gezwungen sich in Wert zu setzen, die innere Rechnungsprüfung darf
anderen Neigungen Platz machen.

Mit
dem Wegfall aller rein monetären Notwendigkeiten geschuldeten
Tätigkeiten fangen die Einsparungen freilich erst an: Neuerungen bei
technischen Geräten machen dann nur noch im Fall tatsächlich
verbesserter Qualität Sinn, ressourcenschonende Herstellung wäre
das Ziel, schlaue update-Möglichkeiten, Reparierbarkeit und
möglichst vollständige Wiederverwendbarkeit von Teilen und
Material. Keine durch Moden, die alle halben Jahre wechseln,
künstlich verkürzten Produktzyklen, Schluss mit der geplanten
Obsoleszenz, keine überflüssigen Parallelentwicklungen, vielleicht
irgendwann das ideale Sitzmöbel, von dem eins sich nicht mehr
trennen möchte. Konsum aus Kompensationsgründen vermindert
sich stark, keine Frustkäufe nach einer vergeudeten Woche im Büro,
keine Schnäppchenjagden, kein Mengenrabatt, keine Massenproduktion
aufgrund betriebswirtschaftlicher Effizienz etc. etc. Der berechtigte
Einwand etwa, wer ohne Erwerbszwang noch bereit wäre, in
irgendwelchen Minen zu malochen, zieht einen Rattenschwanz an
Veränderungen nach sich. Das Ende der Wegwerfgesellschaft mit
vermehrt echtem Recycling statt Downcycling und intelligenter
„Reste-“Verwertung – insgesamt ein Rückgang der materiellen
Bedürfnisse, jedenfalls in unseren Breiten. Forschungssynergien,
aufbauend auf dem dann frei verfügbaren Wissen. Es darf getüftelt
werden. Was ist die beste Idee, statt wer hat den größeren
Werbeetat?

Nichts,
womit bislang Geld gemacht wurde, bliebe unhinterfragt. Mobilität,
Architektur, Ortsplanung – was für spannende Herausforderungen
liegen darin, geht es nicht länger darum, mit Infrastrukturprojekten
die Wirtschaft anzukurbeln oder irgendwelche Arbeitsplätze in der
Region zu halten.

Und
nicht zuletzt spart Umwege vermeiden „leere“ Kilometer in
gigantischem Ausmaß. Ein Drittel des Flugaufkommens fällt derzeit
auf Geschäftsreisen, nocheinmal knapp halb so groß wie der
Personenverkehr insgesamt ist der Flugfrachtverkehr (laut
übereinstimmenden Schätzungen der NASA und des Wuppertal-Institut
droht eine Verdoppelung in den nächsten 15 Jahren), nicht zu
vergessen Rohprodukte und Halbfertigwaren, die aus Kostengründen zum
Waschen, Montieren oder irgendeinem Verarbeitungsschritt quer über
die Kontinente und retour gekarrt, geflogen und verschifft werden.

Was
dann noch bleibt an Notwendigkeiten, beansprucht tatsächlich nur
noch einen Bruchteil unserer Aufmerksamkeit und Energie. Auf gerade
einmal durchschnittlich fünf bis zehn Stunden pro Woche kommen
verschiedenste Schätzungen, und sie scheinen eher noch zu hoch
gegriffen. Freilich gilt es erst einmal zu reparieren, was nach
jahrzehntelangem Zerstörungswerk noch zu retten ist. Fad dürfte es
auch dann nicht werden …