Einlauf 77

von Franz Schandl

Die
Frage, ob wir mehr oder weniger EU brauchen, ist so diesseitig wie
wir nie sein können. Sie zeugt geradezu von schlichter
Einfallslosigkeit. Es ist ein Kennzeichen unserer Gesellschaft, stets
falsche Entscheidungsfragen zu stellen, um die Herrschaft der
falschen Verhältnisse eindrucksvoll zu bestätigen. Das Relevante
wird permanent zum Opfer der Erscheinungen, vor allem der
kulturindustriell gefertigten und medial vermittelten. Da regiert die
verordnete Einfalt und wer Zweifel anmeldet, ist schnell als
Illiberaler, Populist, ja als Extremist, überführt. Wir sind dazu
befreit, wovon wir befreit wurden.

Europa
ist ein Fetisch. Wir benötigen jedoch anderes und verweigern uns
diesem Diskurs, der keiner ist. Die vorliegende Nummer ist so auch
einer gewissen Inkonsequenz geschuldet. Wenn alle davon reden, können
auch wir nicht immer nur schweigen. So sprechen wir und hoffen, doch
auch etwas zu sagen zu haben. Die Beiträge spiegeln das auf
unterschiedliche Weise wider.

Auf
europäischer Ebene muss man sich auf einiges gefasst machen. „Mir
ist wichtig, dass es endlich mehr Hausverstand in EU gibt“, sagt
der Alt-, Jung- und Neukanzler der Republik dem Boulevardblatt
Österreich am
12.5.2019. Wenn er nicht so süß
wäre. Der amalgamierte Hausverstand tobt sich jetzt schon aus. Noch
nie wurden so viele SUV verkauft wie zur Zeit. Und geflogen wurde
auch noch nie so viel. Und die Transportwege der Waren werden dank
Europäisierung und Globalisierung immer länger. Was ist der
ökologische Einwand schon gegen die ökonomische Logik? Juhu
Freihandel! Da wird der gesunde Menschenverstand regelrecht zum
gemeinen. Aber Schwarz-Grün wird es gutmachen. Wetten. Österreich
darf wieder mal den Prototypen ausliefern.

Wir
bleiben dran ohne anzukleben.