Die 68er und links – Ein Rückblick

von Ilse Bindseil

Früher,
sagen wir zwischen 1965 und 1975, wäre eine Position wie die von
Philipp Demandt anlässlich der Entfernung eines sexistisch
anstößigen Bildes aus einem Museum vertretene („Erst hängen wir
die Bilder ab, dann die Freiheit an den Nagel“, FAZ-Interview
1.2.2018) eine linke Position gewesen. Nicht, weil der Direktor des
Frankfurter Städel für Freiheit eintrat, sondern seiner
inhaltlichen Aussage wegen: „Ob uns das heute gefällt oder nicht:
Kunstwerke werden immer auch im Kontext des Begehrens geschaffen.“
Was er hier so entschieden wie vorsichtig formuliert, war seinerzeit
Exklusivwissen der rebellischen Nachnazigeneration, die sich der
Psychoanalyse wieder zugewandt und die als Verkörperung jüdischer
Abartigkeit in die Emigration getriebene Freud’sche Lehre vom Trieb
gewissermaßen repatriiert hatte. Es war dialektisch, und damit
links, weil es die Gegensätze Trieb und Kunst in einen verbindlichen
Zusammenhang brachte; das heißt von einem
Trieb ausging, der für Gutes und
Böses verantwortlich war.

War
es damals links gegenüber der Spießermoral, die den lieben Gott für
das Gute und den Teufel fürs Böse, für die Kunst die Inspiration
und für die Perversion den Trieb, für alles einen Namen und eine
eigene Ursache hat, so gilt es heute als Ausdruck machtgeschützter
männlicher Gleichgültigkeit gegenüber dem anderen Subjekt. Links
dagegen, sofern die Bezeichnung aufrechterhalten wird, ist wie in ein
anderes Paradigma gerutscht, das dichotomisch, nicht dialektisch
strukturiert ist. Es gibt wieder eine anständige Sexualität und
eine lasterhafte, und es würde sicherlich auch einen guten Trieb und
einen bösen geben, wenn nicht der Begriff selbst, am liebsten würde
ich sagen so triebhaft wäre, dass man ihn besser ganz lässt und
durch den, am liebsten würde ich sagen harmlosen Begriff Macht
ersetzt, der das Böse in einem im weitesten Sinn politischen
Spektrum situiert, wo es schon immer zu Hause war. Offenbar gibt es
auch eine von schmutzigen Bildern, schmutzigen Phantasien,
schmutzigen Motivationen befreite Kunst, die gefestigt und gereinigt
übrigbleibt, wenn man die Ersteren entfernt hat. Würde man aus der
Vogelperspektive einen Blick auf die Ideologiegeschichte werfen, käme
es einem so vor, als würde das Pendel zurzeit mit Macht zugunsten
einer substantiell gemeinten Richtigkeit ausschlagen, die sich vom
Liberalismus abgrenzt, ohne freilich den Sozialismus in den Blick zu
bekommen.

Das
ist eine für 68er höchst unangenehme Wahrnehmung, nicht nur, weil
das Konzept der antiautoritären Freiheit ins Zwielicht geraten ist,
sondern weil ihr problematisches Verhältnis zum Sozialismus
unversehens wieder virulent wird. Hatte links etwa schon damals mit
Sozialismus wenig zu tun, und ist eine linke Position heute deshalb
so schwer zu formulieren*

Früher
war links eine Gewissheit, ein fester Ort, für Nazi-Kinder ein
rettender Hafen. Für Arbeiterkinder war links eine Tradition, für
Intellektuelle eine Erdung. Unnötig, der Frage bis auf ihren letzten
Grund zu gehen, was links ist. Zu viel war damit auch verknüpft, als
dass es verantwortungsvoll gewesen wäre. Wichtiger, links zu sein
und sich als Linke zu verhalten. Auch wenn man die Sache nicht bis in
alle Verästelungen überblickte, ja gelegentlich voll danebenlag, so
stand der Bezug zur Wirklichkeit, ein immer fordernder, nie
gleichgültiger Bezug, doch außer Frage, und wo es Zweifel gab,
halfen die Gegner nach, die zur Vereindeutigung von links nicht wenig
beigetragen haben.

Heute
ist links, um ein Wort von Walter Benjamin zu gebrauchen, vielfach
„zerfällt“. Das Dreierbündnis von Arbeit (Objektivität),
Intelligenz (Subjektivität) und Ethik mutet willkürlich an. Zwar,
was der Kalauer über das Alter sagt, growing
old is compulsory; growing up is optional
,
gilt auch hier. Aber das Verhältnis von compulsory
und optional
hat sich verschoben. Nicht alles, was sich als Zusammenhang
präsentiert, ist auch gewährleistet, und was optional ist, ist
womöglich eher halluziniert als eine reale Perspektive. Optional,
im unangenehmen Sinn von halluziniert, ist vor allem die
traditionelle Rolle der Intelligenz als Aufklärerin einer tumben
Menge, womöglich als Anführerin. Compulsory
ist nicht zuletzt die Existenz der far-away-Sklavenarbeit,
ohne dass sie sich im postmodernen Bewusstsein gehörig abbilden
ließe, compulsory
scheint überhaupt das Gesetz, dass sich der Kapitalismus über das
Nichtkapitalistische, in Rosa Luxemburgs Begriff, über seine Ränder
erhält. Abgekoppelt von Aufklärung und Gewalt: das ethische Gebot,
Menschen zu retten. „Es gibt kein Gutes außer: Man tut es.“
(Erich Kästner) Das ist eine andere Grundvoraussetzung als: „Man
kann nichts Gutes tun, es sei denn, man ist links.“

In
den ersten Jahrzehnten nach dem Dritten Reich galt die letztere
Voraussetzung. Wer nicht durch einen als natürlich empfundenen
Gegensatz zum Nationalsozialismus geprägt worden war, musste diesen
Gegensatz selbständig und in einer Weise herstellen, die vom
Mainstream prompt als übertrieben empfunden wurde, so als würde
eine durch den NS nicht ernstlich in Frage gestellte unpolitische
Normalität und Mitte aufs Spiel gesetzt. Wer den Nationalsozialismus
in den Fokus rückte und sich mit ihm, der bis weit in die
Biographien hineinreichte, auseinandersetzte, sich explizit in die
Tradition seiner Gegner und Opfer und damit gegen die
Mitläuferideologie seiner familiären Vorbilder stellte, war links
und wurde sogleich als links identifiziert.

*Was
bedeutete es unter diesen Umständen, links zu sein? Es bedeutete,
den durch den NS zerstörten Bezug sowohl zur bürgerlich-liberalen
Aufklärung als auch zur marxistischen Klassentheorie
wiederherzustellen, und nicht von Anfang an stellten beide Projekte
sich als unterschiedlich, gar antagonistisch dar. Die Grenze zur
liberalen Diskussion musste erst herausgearbeitet werden, ohne dass
links seinen Bezug zum Bürgerlichen, durch Habermas’
Öffentlichkeitsdiskurs angestoßen, gänzlich losgeworden wäre; die
breite Anwendbarkeit des Etiketts „linksliberal“, nicht nur als
Schimpfwort von links, auch als Selbstdefinition eines aufgeklärten
Bürgertums, steht dafür. Nicht nur gewann links eine über seinen
traditionellen Bereich hinausreichende Bedeutung, der Begriff verlor
auch an Inhalt und Bestimmtheit, so dass man ebenso umgekehrt von
einer Ausdehnung des Bürgerlichen bis weit in das Feld der Linken
hinein sprechen kann. Antiautoritär war damals vielleicht der erste
ernsthafte Konkurrent für links. Der Begriff markierte einerseits
Unabhängigkeit von der traditionellen Zuordnung und behauptete
gleichzeitig, ein natürlicher Ausdruck linken Bewusstseins zu sein,
öffnete aber einen Spalt zwischen dem Lebensgefühl und der
objektiven Zugehörigkeit, was ihn zu einer niemals ganz geklärten
Angelegenheit machte, einem verführerischen Kompromiss oder einer
scheinhaften Vermittlung.

Zielte
die Totalitarismusdebatte der frühen Bundesrepublik, den Linken ein
Graus, explizit auf die Übereinstimmung zwischen links und rechts,
so wurde die Grenzziehung zwischen linksliberaler und linker Position
erst mit der RAF Pflicht. Wer erkennbar oder vielmehr unverkennbar
links sein wollte, hatte schließlich RAF werden müssen. Umgekehrt,
wer dank seiner liberalen, auch antiautoritären Prägung nicht RAF
werden wollte, war in kürzester Zeit nicht mehr links, sondern
Realist und machte als solcher Karriere. Wer sich der Grenzziehung
verweigerte, war in Kürze als Sympathisant markiert. Angesichts der
heutigen Konjunktur rechter Parteien und Bewegungen, die bürgerliche
Errungenschaften, Freiheit und Gewaltenteilung, aufs Korn nehmen,
wird das Dilemma einer linken Position erneut deutlich. Bevor sie
sich über sich selbst klar werden kann, hat sie sich in der
Verteidigung der bürgerlichen Werte aufgerieben.

Dass
die heutigen Schwierigkeiten, links zu sein, vor allem mit dem
Zusammenbruch real- und staatssozialistischer Systeme zu tun haben,
trifft auf den ersten Blick nur für die zu, die immer schon und
originär links waren. Opfer der NS-Herrschaft, mühsam Überlebende,
im Kalten Krieg ebenso rasch wieder verboten und ausgegrenzt wie im
Dritten Reich bedroht und verfolgt, in der jungen BRD nahezu
unsichtbar – so dass man selbst links sein konnte, ohne sich mit
ihnen abzugeben –, sind sie auf keinen Fall die, die ab Mitte der
60er Jahre eine als links empfundene Bewegung prägten. Was für
Letztere durch diesen Zusammenbruch zunichtegemacht wurde, hatte sich
eher im Bereich der übersprunghaften Identifikation, einer mehr
gefühlten als tatsächlichen Symbiose abgespielt. Die im
realkommunistischen Zusammenhang hervorragende Rolle von Strategie
und Taktik war für jemanden, der sich vor allem gegen die in der
Bundesrepublik herrschende Strategie der Verdrängung engagierte,
eine harte Nuss gewesen, ebenso unverdaulich wie die virulent
werdende Frage von Überwachung und Gewalt und die überragende Rolle
der Führung, anders ausgedrückt, Herrschaft. Gerade sie war für
jemanden, der die ererbte autoritäre Gesinnung als Schuld empfand
und den Untertan in sich bekämpfen wollte, eine Zumutung, die nur
durch den Masochismus der bürgerlichen Selbstbezichtigung ertragen
werden konnte, aber nicht auf ewig. So wurde der Zusammenbruch des
Realsozialismus eher mit Erleichterung quittiert und ohne dass
sogleich deutlich wurde, wie sehr die Möglichkeit, links zu
definieren und zu sein, davon in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Vielmehr war es eher so, als hätte man sich einer Illusion
entledigt, und die Realität wäre übriggeblieben, nur welche? Die
heimliche Überzeugung, dass der Marxismus in den Rahmen der
bürgerlichen Selbstaufklärung mehr als in den Rahmen proletarischer
Selbstermächtigung gehört, dass man Marxist sein kann, ohne
Kommunist sein zu müssen, womöglich besserer Marxist, wurde nicht
widerlegt: sie schwand dahin. Marxismus wurde ein geistiger oder
gestriger Standpunkt: als ökonomische Theorie so richtig, dass man
ihn beinahe als bürgerlich bezeichnen konnte, politisch aber ohne
Bedeutung. Angesichts der Konjunktur postmoderner Methoden, die die
gesellschaftliche Widersprüchlichkeit nicht ableiteten, sondern von
ihr ausgingen, die sie nicht platonisch nach Wesen und Erscheinung
sortierten, sondern ihren Schein als ihr Wesen nahmen und sich vom
Zwang zur Herleitung, zur Aufdeckung des Verborgenen und Entlarvung
des Offensichtlichen damit befreiten, wurde der Marxismus im Westen
zu einer reservatio
mentalis
.
Er wurde eher behauptet als betätigt, eher festgehalten als
bearbeitet. In hohem Maße auf die Realität angewiesen, an der er
Anstoß nehmen, von der er sich abstoßen konnte, war er eher Kritik
als Entwurf und merkwürdigerweise so gut wie nie Selbstkritik.
Selbstaufhebung, für uns Kinder der Nachnazizeit mehr Utopie als
Bedrohung, kam für die Hüter des Marxismus nicht infrage. So wurde
er eine Sache für sich, etwas, was man tun oder lassen konnte. Die
Betonung liegt auf lassen.

Trotzdem
fehlt etwas, wenn Links fehlt. Es fehlt auch denen, die nicht in
einer Familie von Sozis, Kommunisten gar, aufgewachsen sind und durch
die gesellschaftliche Entwicklung um eine wie immer fragliche
politische Heimat gebracht wurden. Betrachtet man die bürgerlichen
Mittel der Verweigerung – als da sind individuelle
Leistungsverweigerung, politischer Pazifismus und Hungerstreik,
philosophische Skepsis und Stoa, das spirituelle Prinzip Erleuchtung
statt Bereicherung, das ästhetische Prinzip Grenzüberschreitung und
Provokation oder, praktisch, selbstgewählte Formen der Genügsamkeit
–, so scheint das Nein hinreichend repräsentiert, ja durch das
Prinzip der Selbstbegrenzung veredelt. Was also fehlt?

Es
fehlt eine Position, die Anspruch erhebt auf die nicht hintergehbare
Gesellschaftlichkeit der eigenen Person. Die war in der politischen
Ökonomie ohne Abstriche, wenn auch hermetisch repräsentiert.
Bereits in der kulturellen Selbstvergewisserung verschwammen aber
idealistische und sozialistische Ideale und suggerierten eine
Totalität, die in ihrer latenten Positivität und Spießigkeit
verdächtig war, ein Ärgernis nicht zuletzt für aufbruchsbereite
Bürgerkinder, die sich an ihre Herkunft noch erinnern konnten.
Führte etwa jeder Gedanke ins Bürgerliche zurück? War das
Proletariat, im geschichtsphilosophischen Kontext des Kommunistischen
Manifests, nicht ein bürgerliches Schicksal, Geschichtsphilosophie
womöglich immer bürgerlich? War nicht schon der Kampf gegen den
Feudalismus ein Kampf um die aristokratischen Werte Stilsicherheit,
Großzügigkeit, Tapferkeit gegen die Kleinbürgerei, ein – die
neurechte Inanspruchnahme aristokratischer Grundwerte erinnert daran
– Kampf des Bürgertums mit sich selbst? Wie steht es um die
Möglichkeit, über sich hinauszudenken? Verhindert die Form nicht,
was sie verspricht: dass die Idee über sich hinauswächst, nicht
zuletzt die Idee des Universalismus?

Das
Erste und Offensichtlichste, wenn von links die Rede ist, stellt die
ökonomische Theorie heute Anforderungen, die ein Doppeltes umfassen:
ein Verständnis des Kapitalismus sowohl als Tatsache, die man
feststellen, als auch als Konstrukt, über das man nachdenken muss.
Beide Anforderungen sind, wie es in Stellenausschreibungen heißt,
„anspruchsvoll“: je umfassender, auch abstrakter sie sind, desto
elitärer der Appell, der von ihnen ausgeht, desto schlechter die
Prognose für links. Wer soll den Kapitalismus in seiner doppelten
Erscheinung als Inbegriff partikularen Interesses und als abstraktes
Gesetz begreifen, wenn er der eigenen Theorie gegenüber blind
bleibt? Wer soll es schaffen, dass er auf dem langen Weg vom
Abstrakten zum Konkreten, dem Herleitungsweg, nicht ein einziges Mal
„falsch abbiegt“? Den gesellschaftlichen Stoffwechsel nicht nur
nach seinen bekannten, sondern auch nach seinen unbekannten
Prinzipien begreifen wollen, heißt die Bedingtheit, auch die
Spiegelbildlichkeit der eigenen Theorie einräumen. Dass dies nicht
ohne weiteres als links gilt, ist dem Doppelcharakter von links als
Theorie und Bewegung geschuldet. Linke Selbstreflexion schert sich um
die Notwendigkeiten der Letzteren nicht; sie stellt auch links in
Frage.

Es
ist daher kein Wunder, wenn in der Wirklichkeit immer wieder
Anhaltspunkte gesucht wurden, die die Orientierung erleichterten,
zugleich Realität verbürgten. Herrschaftstheorien spiegeln die
Suche nach solchen Haltepunkten wider, der Staat als Agent der
Ökonomie, Verkörperung und Verschleierung dessen, „was die Welt
im Innersten zusammenhält“, ist ein erkennbarer Gegner. Gegen den
Staat sein erfordert keine über jeden Zweifel erhabene Theorie,
dafür eine grundsätzliche Einstellung und persönlichen Mut.
Allerdings verliert der Gegner an Kontur in dem Maß, wie er von
rechts in Frage gestellt wird und wie er ein Monopol nicht nur auf
Herrschaft, sondern auch auf Partizipation und soziale Gestaltung
geltend machen kann. Insofern er nicht nur ein Zerrbild des
gesellschaftlichen Ganzen, sondern auch dessen Verkörperung
beziehungsweise das eine in der Form des andern ist, bedeutet die
Entscheidung für links auch Verzicht auf eine gesellschaftliche
Praxis, die, wiewohl durch und durch schlecht, doch Allgemeinheit für
sich in Anspruch nehmen kann. Dass prominente Linke aus der
Studenten- und antiautoritären Bewegung sich in Staatsdienste
begaben, hat unter anderem mit diesem Dilemma zu tun.

Wenn
heute der Vorwurf des linken Antisemitismus erhoben wird, dann hat
das mit der genannten Vereinfachung ebenso wie mit der vermissten
Praxis zu tun. Wiewohl Inbegriff der Kontingenz, ist Antisemitismus
ein leichterer Gegner als der Kapitalismus, weil das Schwierige
seinem Wesen zugerechnet wird; es muss gehütet, nicht aufgelöst
werden. Sich den Antisemitismus zum Gegner zu erwählen eröffnet
darüber hinaus die Möglichkeit einer Polarisierung, die die
praktische Perspektive ersetzt. Dazu bietet er eine vereinfachte Form
der Selbstkritik an, die das Böse, das sie als Fremdes
identifiziert, begrifflich und praktisch aus sich herausschneidet.
Dank der dem Antisemitismus innewohnenden traumatischen Qualität
würde der Antisemitismusvorwurf das unbefangene Selbstbewusstsein,
das linke Selbstvertrauen gleichwohl ernsthaft infrage stellen, gäbe
es zu links nicht noch einen anderen Zugang als bloß den
intellektuellen. Um die sachliche Seite des Kapitalismus zu
begreifen, braucht es Theorie, um die Gewalt, die in der Sache
steckt, abzulehnen, braucht es ein intaktes Bewusstsein seiner
selbst. Auf der Basis dieses Selbstbewusstseins gerät der Satz
„Links ist richtig“ in Bewegung, er kehrt seine regulative Seite
hervor: Was richtig ist, ist links. Gegenüber dem hergeleiteten
linken Standpunkt hat der intuitive durchaus eine kritische Funktion.
Mag die Herleitung noch so stimmig erscheinen – meist: je
kurzschlüssiger sie ist –, wenn die Intuition sagt, das kann
unmöglich links sein, dann stimmt es auch.