Alfred J. Noll: John Locke und das Eigentum. Rezens

von Franz Schandl

Niemand hat „property“ so stark in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gerückt wie John Locke (1632-1704). Und kaum jemand hat ihn wohl so akribisch rezipiert wie Alfred Noll. Man kann hier nachlesen, wie und dass Freiheit und Unfreiheit, Gleichheit und Ungleichheit zusammenpassen, warum das „konservative Alltagsgerede“ (S. 17) zum Privateigentum Konsens geworden ist, es als „einzig mögliche und vernünftige Form der Vergesellschaftung ausgegeben wird“ (S. 61). Der Darstellung der Theorie ist eine ausführliche historische Erzählung beigegeben. Nicht nur dadurch erlangt das Werk eine Lebendigkeit, stellenweise sogar eine Leichtigkeit, wie sie in wissenschaftlicher Literatur selten geworden ist. Vielleicht hätte man einige längere Fußnoten in den Haupttext nehmen können. Das hätte den Lesern fortwährende Etagenwechsel erspart. Aber das ist ein formaler Einwand, kein inhaltlicher. Die Qualität der Abschweifungen ist durchaus gegeben.

Auch wenn Alfred J. Noll 2016 den Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik erhalten hat, heißt das nicht, dass das ein schlechtes Buch ist. Nicht alles, was naheliegend ist, ist auch der Fall. Im Gegenteil. Es ist klug argumentiert und gut geschrieben. Der Band ist frei vom Jargon juristischer Schreibe. Noll doziert nicht von einem abgehobenen Status, keineswegs verschließt er sein Werk in einer hermetischen Kammer. Nicht nur juristisch und politisch, sondern auch literarisch ist der Autor geschult. Obwohl geschult nicht ganz richtig ist, da es eine solche Schule abseits der Selbstschulung heute nicht gibt. Der Alfi ist also alles andere als ein Depp, indes was macht er bei Peter Pilz?

Alfred J. Noll: John Locke und das Eigentum. Eine Einführung in den Second Treatise of Government und seine „great foundation of property“. Mandelbaum Verlag 2016, 346 Seiten, ca. 18 Euro