Wie stehen die Parteien zum Mieterschutz?

Hilfestellungen zur Wiener Gemeinderatswahl

erstellt von der Mieter-Interessens-Gemeinschaft (MIG)

Im Vorfeld des Wahlkampfs für die Gemeinderatswahl im Oktober 2010 in Wien haben sich die Mieter-Interessens-Gemeinschaft Österreichs (MIG), der Mieterschutzverband Wien (MSchV), das MieterSelbsthilfeZentrum (MSZ) und die MieterInnen-Initiative (MI) an die im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien und an andere wahlwerbende Initiativen und Parteien mittels eines Fragebogens zum Thema Wohnen gewandt und um entsprechende Antworten gebeten. Fragen wurden zu den folgenden sieben Punkten gestellt: Höhe des Mietzinses, Betriebskosten, Erhaltung (etwa von Heizthermen), Gemeindebau, Verfahrenskosten, Befristungen und Einstiegskosten. Geantwortet haben SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und die KPÖ.
Während sich ÖVP und FPÖ im Großen und Ganzen mit den gültigen Regelungen zufrieden geben, treten vor allem Grüne und KPÖ für einen Ausbau des Mieterschutzes ein. Die SPÖ hat zwei ihrer langjährigen Forderungen fallen gelassen. Sie befindet, daß die Grundsteuer weiterhin in den Betriebskosten verrechnet werden soll (bisher wurde eine Streichung aus dem BK-Katalog gefordert), und zwar mit der Begründung, daß die Weiterverrechnung an die Mieter/innen notwendig sei, weil es sonst zu einem Ausfall bei Wiener Wohnen käme. Der andere Punkt ist, daß die SPÖ nunmehr die von FP-Justizminister Böhmdorfer eingeführte Kostenersatzpflicht im gerichtlichen Mietrechtsverfahren anscheinend nicht mehr abschaffen will, weil die Rechtspflege Geld koste und finanziert werden müsse.
Bei der Mietzinsbildung wünschen sich SPÖ, Grüne und KPÖ eine Dämpfung des Anstiegs etwa durch eine Deckelung der Zuschläge bzw. tatsächliche Obergrenzen, während ÖVP und FPÖ die Teuerung eher auf die Betriebskosten schieben. Die SPÖ will den Lagezuschlag abschaffen, der wirklich nicht einzusehen ist, da die Infrastruktur nicht die Hauseigentümer, sondern die Stadt zur Verfügung stellt. Grüne und KPÖ sind für eine Ausweitung des Geltungsbereichs für Mietzinsbegrenzungen auch auf nach 1945 erbaute Objekte. Der sogenannte Neubau soll dynamisiert werden, also 20 bis 30 Jahre nach Errichtung in das Mietrecht fallen.
Den Betriebskostenkatalog, der laut Mietrecht an die Mieter/innen überwälzbare Kosten festlegt, wollen KPÖ und Grüne um die Grundsteuer reduzieren, letztere auch um Versicherungs- und Verwaltungskosten. Kurioserweise nehmen FPÖ und ÖVP beim Thema Betriebskosten auf Stromabrechnungen Bezug. Die FPÖ will sogar die Energieunternehmen zur Reparatur veralteter elektrischer Anlagen in den Wohnungen verpflichten.
Für den Gemeindebau wollen die Grünen, daß die Stadt als Eigentümerin mehr Verantwortung, also auch Kosten übernimmt, etwa für teure Wärmedämmfassaden. Interessanterweise will die ÖVP ebenso wie die KPÖ, daß wieder neue Gemeindebauten errichtet werden. Die Einstellung des Gemeindbaus erfolgte 2004. Erwartungsgemäß ist für die SPÖ im Gemeindebau alles in Ordnung. Für die in letzter Zeit bei Neuvermietung auf 90% des Richtwerts angehobenen Mieten gebe es ohndies Wohnbeihilfe, so die regierenden Sozialdemokraten.
Zur Frage der Erhaltungspflicht im Mietobjekt, die in den letzten Jahren immer wieder in Diskussion war, sind SPÖ, Grüne und die KPÖ für eine Verpflichtung der Vermieter zur Reparatur bzw. Erneuerung kaputter Heizthermen und ähnlicher mitvermieteter Geräte, wenn diese als Ausstattungsmerkmal auch im Mietzins berücksichtigt sind. Die ÖVP setzt in diesem Punkt auf die Vertragsfreiheit, wobei dabei bei Mietvertragsabschluß die Mieter/innen natürlich benachteiligt sind.
Bei den Befristungen wollen bis auf die ÖVP alle, daß zumindest nach einer gewissen Zeit (10 Jahre) der Vertrag in einen unbefristeten übergeht. Als einzige steht die KPÖ für eine gänzliche Abschaffung von befristeten Mietverträgen.
Die Einstiegskosten in einen Mietvertrag wurden während unserer Umfrage durch eine Änderung der Maklerverordnung verringert. Die Provisionen für die Vermittlung einer Wohnung wurden durchschnittlich um eine Monatsmiete gesenkt. Hier fordert aber überraschenderweise die EU-skeptische FPÖ eine EU-weite Regelung für die Makler. Alle anderen bis auf die ÖVP verlangen, daß Provisionen von den Auftraggebern, also größtenteils den Vermietern, bezahlt werden. Auf die in den letzten Jahren erst üblich gewordenen Kautionen, die bei Mietbeginn als Sicherheitsleistung zu erlegen sind, geht nur die KPÖ ein, die diese für professionelle Vermieter ganz verbieten will.