Kulturkampf der Aufklärung

Wie die „westlichen Werte“ zu einer aggressiven Stammesreligion mutieren

von Norbert Trenkle

Seit Anbruch des 21. Jahrhunderts ist die Kritik an der kapitalistischen Moderne und ihrem universalistischen Herrschaftsanspruch zunehmend von einem Diskurs verdrängt worden, der auf eine aggressive Verteidigung der sogenannten „westlichen Werte“ zielt. Voll inquisitorischen Eifers werden nun die „linken Postmodernisten“ und „Multikulturalisten“ an den Pranger gestellt und zur fünften Kolonne des islamischen Fundamentalismus erklärt, weil sie mit ihrem „Kulturrelativismus“ die Gefahr verharmlosten, die dieser für die mühsam erkämpften zivilisatorischen Errungenschaften des Westens darstelle. Mit einem an Spengler, Jünger und Carl Schmitt erinnernden Duktus ist da die Rede von der Laschheit und Müdigkeit der westlichen Intellektuellen, von ihrem Selbstmitleid und ihrer Neigung zur Selbstzerfleischung. Da schließt sich der Aufruf zur Stählung der westlichen Wertegemeinschaft im Stahlgewitter des Kampfes gegen den neuen existenziellen Feind geradezu zwanglos an.

Auf den ersten Blick könnte es so scheinen, als sei dieser aggressive Appell an die Einheit der „westlichen Wertegemeinschaft“ nichts anderes als die Wiederkehr des Selbstbehauptungsdiskurses aus der Ära des Kalten Krieges, nur dass eben an die Stelle des verblichenen realsozialistischen Feindes von einst ein anderes Feindbild getreten ist. Auf einer bestimmten Ebene trifft dies auch zu: ganz offensichtlich folgt die hysterische Angstproduktion gegenüber „dem Islamismus“ oder „dem Islam“ dem klassischen Muster binärer Identitätsbildungen und erfüllt die Funktion, die allgemeine Verunsicherung angesichts der globalen Umbrüche aggressiv zu kanalisieren, um auf diese Weise das Selbstbild „des Westens“ wieder zu stabilisieren. Nicht zufällig nimmt die Beschwörung des islamischen Fundamentalismus als neuer globaler Bedrohung fast punktgenau mit dem Untergang des Ostblocks seinen Anfang, war doch „dem freien Westen“ mit dem Zusammenbruch des „Realsozialismus“ nicht nur ein politischer Gegner, sondern vor allem auch eine wichtige Projektionsfläche für die kollektive Identitätsbildung und die Legitimationsproduktion verloren gegangen. Dennoch war die Neubesetzung dieser Leerstelle nicht beliebig. Sie verweist vielmehr in mehrfacher Hinsicht auf die grundlegenden Erschütterungen der Warengesellschaft unter den Bedingungen des globalisierten Krisenkapitalismus.
Von der „Systemkonkurrenz“ zum „Kampf der Kulturen“

Die westliche Legitimationsideologie in der Ära der sogenannten „Systemkonkurrenz“ war bekanntlich im Wesentlichen durch die Totalitarismustheorie geprägt. Ihr zufolge stand der „freie Westen“ für Freiheit, Demokratie, Pluralismus und Individualität und musste diese Werte gegen die „totalitäre Bedrohung“ des Kollektivismus, der Unfreiheit und der Willkürherrschaft verteidigen, für die der sogenannte „Realsozialismus“ stand, der seinerseits mit Faschismus und Nationalsozialismus als im Kern identisch gesetzt wurde. Die doppelte Abgrenzung gegenüber dem „Extremismus von rechts und links“ erlaubte es, alle Formen offen diktatorischer Herrschaft, kollektividentitärer Vergemeinschaftung und wahnhafter Vernichtungswut aus dem Universum der kapitalistischen Gesellschaft hinauszudefinieren. Diese erschien – bei allen Mängeln, die im Einzelnen durchaus zugestanden wurden – als Versuch, die Prinzipien der Aufklärung möglichst weitgehend zu verwirklichen und damit als die „beste aller bisherigen Welten“ (Popper). Zwar war diese Legitimationsideologie immer schon unglaubwürdig, angesichts rücksichtsloser Gewaltanwendung zur Absicherung des westlichen Machtblocks und einer regelmäßigen Hexenjagd auf die kommunistische Opposition oder das, was als solche gebrandmarkt wurde. Dennoch wiesen die gesellschaftlichen Verhältnisse in den „realsozialistischen“ Ländern zweifellos stärkere autoritäre Züge auf als die in den Kernstaaten des Westens, wo die fortschreitende Herausbildung der flexibilisierten, abstrakten Individualität die Illusion von individueller Freiheit beförderte; dass diese immer schon mit der Selbstunterwerfung unter die versachlichten kapitalistischen Zwänge einherging, wurde dabei weitgehend ausgeblendet.

Die Differenz zwischen West und Ost ergab sich freilich nicht aus einer Option für unterschiedliche politische und gesellschaftliche Systeme, sondern erklärt sich im Wesentlichen aus den Ungleichzeitigkeiten im historischen Durchsetzungsprozess der warenproduzierenden Gesellschaft. Denn die dirigistische bis diktatorische Stellung des Staates in den „realsozialistischen“ Ländern war ja keinesfalls einer Überwindung oder wie auch immer gearteten Abschaffung der kapitalistischen Logik geschuldet. Im Gegenteil: der Staat fungierte als Agentur nachholender Modernisierung, welche unter den Bedingungen entwickelter Weltmarktkonkurrenz nur dann mit gewissen Erfolgsausaussichten vollzogen werden konnte, wenn sie zentralistisch organisiert und durchgepeitscht wurde. Die staatliche Rolle in diesem Prozess bestand hauptsächlich darin, vorwiegend agrarisch und traditionell strukturierte Länder vollkommen umzukrempeln und in warengesellschaftlich organisierte Industriestaaten zu verwandeln. Dass dies im Namen der gesellschaftlichen Befreiung unter der Fahne des Kommunismus geschah, ist bittere Ironie der Geschichte.1 Umgekehrt waren aber auch die Lebensverhältnisse in den westlichen Kernstaaten keinesfalls ein Beweis für den emanzipativen Charakter der liberalen und demokratischen Prinzipien, sondern Ausdruck eines historischen Vorsprungs im Rahmen des kapitalistischen Entwicklungsverlaufs. Die individuelle Selbstzurichtung und Selbststeuerung ist einer ausdifferenzierten Warengesellschaft nun einmal adäquater als der äußere Zwang eines staatlichen Machtapparats und lässt darüber hinaus die Herrschaft der versachlichten Systemimperative hinter dem Schein von Autonomie und Entscheidungsfreiheit verschwinden.

Sein Vorsprung im Modernisierungswettlauf verschaffte dem Westen nicht nur eine ökonomische, politische und militärische Überlegenheit, die letztlich auch dazu führte, dass er nach dem Ende des sogenannten Systemwettbewerbs übrig blieb. Legitimationsideologisch hatte er darüber hinaus noch den großen Vorzug, dass man in der Gestalt des „Realsozialismus“ die eigene blutige Vergangenheit billig entsorgen konnte. Angesichts der Gräuel der nachholenden Modernisierung – vor allem in der Sowjetunion – konnte leicht zum Vergessen gebracht werden, dass nur einen kurzen historischen Augenblick zuvor auch in den westlichen Kernstaaten die Bevölkerung und die gesellschaftlichen Strukturen gewaltsam auf das Funktionieren gemäß der verdinglichten Logik des warenproduzierenden Systems zugerichtet worden waren, auch wenn dieser Prozess sich unter anderen ideologischen Vorzeichen vollzog und über einen sehr viel längeren Zeitraum von zwei bis drei Jahrhunderten erstreckte. Was dem „freien Westen“ mit dem „Realsozialismus“ also gegenübertrat, war das Gespenst seiner eigenen blutigen Durchsetzungsgeschichte – nicht zuletzt daraus erklärt sich die ungeheuer affektiv besetze Abgrenzung gegenüber dem Feind im Osten. Verdrängt werden konnte weiterhin, dass diese Zurichtung auch im sogenannten „freien Westen“ keinesfalls abgeschlossen war, sondern in einem ausdifferenzierten System gesellschaftlicher Institutionen und Strukturen (Familie, Schule, Fabrik, Justizwesen, Sozialverwaltung, Gewerkschaften etc.) immer wieder neu vollzogen wurde, wenn auch auf subtilere – und gerade darin effizientere – Weise als im 18. und 19. Jahrhundert. Und schließlich erlaubte die Gleichsetzung von Realsozialismus und Faschismus bzw. Nationalsozialismus auch noch den diktatorischen Kern und die wahnhaft-irrationale Rückseite kapitalistischer Herrschaft aus dem Universum von Freiheit, Gleichheit und Vernunft herauszudefinieren und zu einem bloß äußerlichen „Bösen“ zu erklären – ein Verdrängungsmechanismus, der natürlich insbesondere im Land der nationalsozialistischen Täter besonders wirksam wurde.

Ideologisch drückte sich die gemeinsame Situierung von „Realsozialismus“ und „freiem Westen“ im Universum der kapitalistischen Modernisierungsbewegung nicht zuletzt darin aus, dass sich beide Seiten positiv auf die Aufklärung und die demokratischen Prinzipien beriefen. Der Streit drehte sich im Wesentlichen um ihre Auslegung und die Akzentsetzung. Während der westliche Legitimationsdiskurs vor allem die Freiheit des Individuums beschwor, betonte die realsozialistische Propaganda in erster Linie den Aspekt der Gleichheit, der durch die angebliche „Herrschaft der Arbeiterklasse“ gewährleistet sein sollte. Und wo der Westen sich als einzig legitimer Vertreter der Werte der Aufklärung betrachtete, warfen die „Kommunisten“ ihm den Verrat an eben diesen vor, weil deren Verwirklichung dem „Klasseninteresse“ der Bourgeoisie widerspreche – ein Vorwurf, der sich auf eine lange ideengeschichtliche Tradition in der Linken im Allgemeinen und der Arbeiterbewegung im Besonderen stützen konnte, die sich seit dem 19. Jahrhundert als die wahren Erben der Aufklärung betrachteten. Einig waren sich beide Seiten des Weiteren auch in ihrem ungeheuren Fortschritts- und Wachstumsoptimismus sowie ihrem gerade zu religiösen Glauben an den Rationalismus und die Leistungen von moderner Naturwissenschaft und Technik; ein Gleichklang der im Übrigen ja auch vielen zeitgenössischen Beobachtern auffiel und die Auffassung hervorbrachte, die beiden Systeme würden sich immer weiter angleichen und schließlich kaum noch zu unterscheiden sein („Konvergenztheorie“).

Der Glaube an Fortschritt, Vernunft und Aufklärung verlor allerdings schon im Laufe der 1980er Jahre auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs ebenso wie in der gesamten übrigen Welt an Glaubwürdigkeit, als zusammen mit dem Ende des Fordismus auch die Projekte der nachholenden Modernisierung überall in die Krise gerieten und als Reaktion darauf der Neoliberalismus hegemonial wurde. Es zeigte sich nun, dass die mit dem langen Boom der Nachkriegszeit und den postkolonialen Befreiungskämpfen verbundenen Hoffnungen und Versprechen auf „Wohlstand für alle“ nicht einlösbar waren und die universelle Durchsetzung des warenproduzierenden Systems nur in der Gestalt einer riesigen Marginalisierungs- und Prekarisierungsmaschine stattfand, während gleichzeitig die ökologischen Grenzen des Wachstums immer deutlicher ins Blickfeld rückten. Die Enttäuschung darüber erfasste keinesfalls primär die Marginalisierten und Ausgestoßenen, sondern vor allem auch große Teile der Mittelschichten, die durch den Modernisierungsprozess erst entstanden waren oder vom fordistischen Boom besonders profitiert hatten und sich nun ihrer politischen, ökonomischen und sozialen Illusionen und Perspektiven beraubt sahen. Sie war Motor eines weltweiten ideologischen Klimawandels, der einen ungeheuren Aufschwung neo-ethnizistischer und neo-religiöser Fundamentalismen mit sich brachte.2 Mit dem Fall der Mauer erfuhr diese Entwicklung einen ungeheuren Schub, weil damit die ohnehin schon unglaubwürdig gewordene ideologische Konfrontation gemäß dem Motto „Freiheit oder Sozialismus“ endgültig ihre politische Grundlage verlor.3
Es lag also gewissermaßen in der Luft, dass die Konstruktion des neuen Hauptfeinds des Westens einem kulturalistischen Strickmuster folgte. Daraus ergeben sich jedoch auch entscheidende Konsequenzen für die Definition des neuen globalen Konfliktszenarios. Das betrifft zunächst einmal die Bestimmung des Frontverlaufs, der sich im Gegensatz zur Ära des Kalten Krieges nicht mehr so eindeutig geographisch und politisch-militärisch bestimmen lässt, weil der sogenannte „islamische Raum“ nun einmal extrem heterogen ist; vor allem bildet er keinen einheitlichen Machtblock, wie einst die „realsozialistischen“ Länder unter der Führung der Sowjetunion. Hinzu kommt noch, dass mit der Einwanderung von Menschen aus Ländern mit islamischer Prägung – die aufs Ganze gesehen quantitativ stark übertrieben gezeichnet wird – die Grenzen zwischen dem, was sich als „Innen“ und „Außen“ definieren lässt, immer fließender werden. Nicht zuletzt daran liegt es, dass die neue Feindbildkonstruktion eine stark irrationalistische Schlagseite mit deutlich paranoiden Zügen aufweist. Es erscheint so, als sei der Feind überall und nirgends und vor allem schon „mitten unter uns“, um die „westliche Kultur“ von innen heraus zu zersetzen. Und schließlich verschiebt sich vor diesem Hintergrund das Spektrum der ideologischen Auseinandersetzung von einer unterschiedlich akzentuierten Bezugnahme auf die Prinzipien der Aufklärung – wie in der Ära der „Systemkonkurrenz“ – zunehmend in Richtung von Gegenaufklärung und Irrationalismus. Das gilt keinesfalls nur für den islamischen Fundamentalismus und seine Prediger, sondern auf spiegelbildliche Weise auch für seine Kontrahenten im „Westen“. Ganz offensichtlich ist das beim kulturalistischen Konstrukt vom „Kampf der Kulturen“, der sich offen in die Traditionslinie von Spenglers „Untergang des Abendlandes“ stellt. Aber auch der liberale Diskurs der „westlichen Werte“ folgt – entgegen seinem Selbstbild – dieser Drift. In seinen Identitätskonstrukten, Angstphantasien und repressiven Konsequenzen kommt er mit dem Neo-Kulturalismus eines Huntington großenteils zur Deckung und verweist darin auf die innere Verwandtschaft von Aufklärung und Gegenaufklärung, die unter den Bedingungen des globalisierten Krisenkapitalismus offener denn je zutage tritt.

Die neo-kulturalistische Verarbeitung der gescheiterten Modernisierungsversprechen: Huntington und „Der Kampf der Kulturen“

Das Konstrukt vom „Kampf der Kulturen“ wurde bekanntlich bereits zwei Jahre nach dem Ende der Sowjetunion von dem Politikwissenschaftler und Harvard-Professor Samuel P. Huntington in die Welt gesetzt. Im Jahr 1993 veröffentlichte er in der Zeitschrift „Foreign Affairs“ einen Aufsatz mit dem Titel „The Clash of Civilizations“, den er wiederum drei Jahre später zum gleichnamigen dickleibigen Buch aufblähte, das sich zu einem internationalen Bestseller entwickelte.4 In seinem Anspruch ist Huntington alles andere als bescheiden. Sein Konstrukt versteht er als Versuch einer Neuinterpretation der Geschichte nach dem Ende des Kalten Krieges in kulturgeschichtlichen Kategorien. Ganz in diesem Sinne stellt er in direkter Anspielung auf jenen berühmten Satz aus dem „Kommunistischen Manifest“ fest: „Die menschliche Geschichte ist die Geschichte von Kulturen. Es ist unmöglich, die Entwicklung der Menschheit in anderen Begriffen zu denken“ (Huntington 2006, S. 51).5 Der Kalte Krieg war demzufolge eine Art historischer Ausnahmefall, ein Intermezzo im „normalen Gang“ der Weltgeschichte, weil er durch die Zweiteilung der Welt entlang der Fronten einer ideologischen Konfrontation bestimmt war. Nun jedoch, nachdem diese spezifische Konstellation untergegangen ist, tritt das angeblich überhistorische Wesensmerkmal kollektiver Zugehörigkeit, die Kultur, wieder in den Vordergrund: „Die Annahme, dass der Zusammenbruch des Sowjetkommunismus das Ende der Geschichte und den weltweiten Sieg der liberalen Demokratie bedeutet, […] beruht auf dem Trugschluss der einzigen Alternative. […] Die Zweiteilung der Menschheit aus der Zeit des Kalten Krieges ist vorbei. Die fundamentaleren Spaltungen der Menschheit nach Ethnizität, Religionen und Kulturkreisen bleiben und erzeugen neue Konflikte“ (Huntington 2006, S. 94).

Völlig unbeirrt von der historisch-kritischen Forschung über die Konstruktion von ethnizistischen Kollektividentitäten als einem spezifischen Merkmal des kapitalistischen Modernisierungsprozesses („Erfundene Tradition“), nimmt Huntington „die Kultur“ als ein überhistorisches „Wesen“, das sich zwar im Laufe langer Prozesse in der einen oder anderen Form verändern kann, in seinem Kern – der „Kulturseele“, wie Huntington in ausdrücklichem Bezug auf Oswald Spengler schreibt,6 – jedoch unveränderlich bleibt. Es ist die kulturelle Identität, welche die Menschen ausmacht und sie voneinander unterscheidet: „Menschen besitzen mehrere Ebenen der Identität […] Die Kultur, zu der ein Mensch gehört, ist die allgemeinste Ebene der Identifikation, mit der er sich nachdrücklich identifiziert“ (Huntington 2006, S. 56).7 Es kann nicht weiter verwundern, dass Huntington bei der Definition der sogenannten „Kulturkreise“ – „das umfassendste ‚Wir’, in dem wir uns kulturell zu Hause fühlen, gegenüber allen anderen ‚Sie’ da draußen“ (Huntington 2006, S. 56) – ziemlich willkürlich verfahren muss. Über die „nicht-westlichen Kulturkreise“ gibt er ohnehin nur oberflächliche Klischees zum Besten, die ganz in der Tradition kolonialistischen Denkens stehen.8 Aber auch seine Versuche, „den Westen“ zu bestimmen, verweisen auf die grundlegenden Aporien seines Konzepts. Zunächst stellt sich für Huntington die Schwierigkeit, dass „der Westen […] der einzige Kulturkreis (ist), der mit einer Himmelsrichtung und nicht mit dem Namen eines bestimmten Volkes, einer Religion oder eines geographischen Gebiets identifiziert wird“ (Huntington 2006, S. 62). Gerade jener Kulturkreis, um dessen Verteidigung es ihm doch zu tun ist, lässt sich also nach Huntingtons eigenen Kriterien gar nicht als „Kulturkreis“ bestimmen. Doch ist er bauernschlau genug, um aus diesem Dilemma einen Ausweg zu finden. Die Unbestimmtheit des „westlichen Kulturkreises“ soll gerade seine Besonderheit und Einzigartigkeit ausmachen, denn sie „löst […] (ihn) aus seinem geschichtlichen, geographischen und kulturellen Kontext heraus“ (ebd.).

Indirekt dementiert Huntington damit freilich sein eigenes theoretisches Konzept. Denn es ist genau diese Dekontextualisierung, die darauf verweist, dass „der Westen“ eben nicht eine bestimmte „Kultur“ darstellt, sondern eine historisch-spezifische Form gesellschaftlicher Herrschaft, die sich kraft ihres abstrakten, versachlichten Charakters und ihrer Gleichgültigkeit gegenüber jeglichem bestimmten Inhalt auszeichnet und eben deshalb nicht an eine besondere „Kultur“ gebunden ist. Nur aufgrund dieser Gleichgültigkeit kann die kapitalistische Produktionsweise ja jene ungeheure imperialistische Dynamik entfalten, welche die Menschen aus ihren traditionellen Lebens- und Abhängigkeitsverhältnissen herausreißt und die dazugehörigen kulturellen, sozialen und Herrschaftszusammenhänge zerstört, um an ihre Stelle das einheitliche Vermittlungsprinzip von abstrakter Arbeit und Warenproduktion zu setzen. Nun ist die kapitalistische Produktionsweise zwar nicht vom Himmel gefallen. Sicherlich lassen sich besondere Momente in der europäischen Geschichte ausmachen, die zu ihrer Herausbildung, Entwicklung und Durchsetzung beigetragen haben. Es gibt in der Geschichte keinen Nullpunkt des absoluten Neuanfangs, sie ist immer zugleich Kontinuität und Bruch. Und doch können historische Einschnitte von besonderer Qualität ausgemacht werden, die einen Epochenbruch markieren. Dass die kapitalistische Gesellschaftsform einen solchen Einschnitt darstellt, zeigt sich nirgendwo deutlicher als gerade in jenen Regionen, in denen sie zuerst durchgesetzt wurde. Gerade hier hat es Jahrhunderte gedauert, bis die traditionellen kulturellen und sozialen Zusammenhänge zerstört und die kapitalistischen Zwänge allgemein implantiert werden konnten.9 Diesen Teil der europäischen Kulturgeschichte muss Huntington freilich systematisch ausblenden, weil er nicht in sein Konzept der „westlichen Kultur“ passt, die sich seit der Antike mehr oder weniger kontinuierlich zu dem entwickelt habe, was sie heute sei.

Nun muss er zwar zugeben, dass es in den letzten drei- bis vierhundert Jahren gravierende Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen gegeben hat, die das Ergebnis von Modernisierungsprozessen sind, doch verortet er diese lediglich auf der Ebene technischer und institutioneller Entwicklungen, die dem „Wesen“ der Kulturen äußerlich blieben.10 In diesem Sinne verwahrt er sich gegen den „Trugschluss“, Modernisierung und Verwestlichung seien das Gleiche. Dieser „Trugschluss“ resultiere daraus, dass „der Westen als die erste Zivilisation, die sich modernisierte, beim Erwerb der Kultur der Modernität die Führung inne(hat)“ (Huntington 2006, S. 97). Deshalb hätten alle Kulturen zunächst zusammen mit der Modernisierung einen Prozess der Verwestlichung durchlaufen. In dem Maße jedoch, wie der erstere voranschreite, besinnten sich alle nicht-westlichen Kulturen wieder auf ihre „Ursprünge“ zurück: „Anfänglich sind Verwestlichung und Modernisierung eng verbunden, wobei die nicht-westliche Gesellschaft wesentliche Elemente der westlichen Kultur absorbiert […] In dem Maße jedoch, wie sich das Tempo der Modernisierung beschleunigt, geht die Verwestlichungsrate zurück und die einheimische Kultur erlebt eine Renaissance“ (Huntington 2006, S. 110).

Mit dieser Argumentation stellt sich Huntington zwar einerseits in die Tradition der Modernisierungstheorien, wie sie in der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre hinein en vogue waren und die die Modernisierung im Wesentlichen als technischen und institutionellen Prozess verstanden. Diese waren jedoch von einem grundlegenden technizistischen Fortschrittsoptimismus geprägt, der dem ungeheuren Wachstumsschub der fordistischen Ära entsprach. In der Tendenz liefen sie darauf hinaus, es werde über alle ideologischen, politischen und kulturellen Differenzen hinweg zu einer Angleichung der Lebensverhältnisse auf der ganzen Welt kommen („Konvergenztheorie“). Huntington hingegen verschiebt das Gewicht der Argumentation auf den anderen Pol und versucht nun gerade umgekehrt, die zunehmende soziale und ökonomische Polarisierung auf die Unterschiede zwischen den „Kulturen“ zurückzuführen. Dass die Versuche nachholender Modernisierung und Nationalstaatsbildung weithin gescheitert sind, hat demnach nichts mit den Grenzen der kapitalistischen Expansionsbewegung und mit ihrer inneren Ausschluss- und Ausgrenzungslogik zu tun. Die grauenhaften Zustände in den Krisenregionen, die korrupten Diktaturen und die regressiven Verarbeitungsformen in Gestalt ethnizistischer und neo-religiöser Fundamentalismen werden statt dessen auf kulturelle Bestimmungsfaktoren zurückgeführt. Die „Kulturen“ dieser Länder sollen schon bisher eine positive Entwicklung verhindert haben und werden es auch in Zukunft tun. Wen wundert es, dass dabei die „islamischen Länder“ am schlechtesten abschneiden: „Die islamische Kultur erklärt zu einem großen Teil, warum die Demokratie in weiten Teilen der muslimischen Welt nicht Fuß fassen kann. […] in den orthodoxen Ländern sind die Aussichten auf wirtschaftliche und politische Entwicklung unklar; in den muslimischen Republiken sind sie düster“ (Huntington 2006, S. 30).

Diese Kulturalisierung des Scheiterns der nachholenden Modernisierung stellt zugleich auch eine allgemeinere ideologische Verarbeitungsform der zunehmenden Segmentierung der Welt in hochproduktive Kernregionen und marginalisierte Armuts- und Elendssektoren im Gefolge des kapitalistischen Krisenprozesses dar. Das ist der harte Kern von Huntingtons Forderung, der „Westen“ müsse nun seinerseits auf den universalistischen Anspruch verzichten, seine Kultur auf der ganzen Welt durchzusetzen. Diese Forderung hat selbstverständlich nicht das Geringste mit Selbstkritik und Infragestellung des herrschaftlichen und destruktiven Charakters der kapitalistischen Expansionslogik zu tun, sondern trägt zutiefst repressive Züge. Sie entspricht dem Ethnopluralismus der Neuen Rechten, der die Welt am Liebsten in sauber abgegrenzte, ethnisch segregierte und vereinheitlichte Parzellen aufteilen möchte – nur dass sich Huntingtons identitäre Konstruktion nicht primär auf Nationalstaaten, sondern auf die größere Einheit des „westlichen Kulturkreises“ bezieht. Auf diese Weise kann die zunehmende Aufweichung der nationalstaatlichen Grenzen innerhalb des westlichen Blocks mit der Abschottungspolitik gegenüber den Verliererregionen und der Frontstellung zu neuen Konkurrenten wie China ideologisch unter einen Hut gebracht werden. Huntington ist kein kleinkarierter Ethno-Nationalist, sondern entwickelt – vom Standpunkt der übriggebliebenen globalen Großmacht aus – die Grundzüge einer kulturalistisch begründeten Geopolitik.11 Angesichts des Krisenprozesses ist Huntingtons Strategie jedoch im Unterschied zu der seiner kolonialistischen und imperialistischen Vordenker nicht mehr auf Expansion, sondern tendenziell auf Abgrenzung und Verteidigung ausgerichtet.

Daher ist seine geistesgeschichtliche Referenz auch nicht der Hegel’sche Geschichtsoptimismus, wie noch kurz zuvor in Fukuyamas „Ende der Geschichte“, sondern Spenglers „Untergang des Abendlandes“. In den Kategorien dieses geschichtszyklischen Denkens werden „Kulturen“ als lebendige Organismen verstanden, die eine bestimmte Abfolge von Altersstufen durchlaufen, bis hin zu ihrem Tod. Der Westen hat Huntington zufolge bereits den Höhepunkt seiner Kraft und Vitalität überschritten und ist jetzt in der Anfangsphase seines Niedergangs begriffen. Das betreffe nicht nur seine geopolitische Position und ökonomische Stärke, sondern mache sich vor allem auch an inneren moralischen Zerfallserscheinungen bemerkbar, unter denen er aufzählt: „Zunahme asozialen Verhaltens wie Kriminalität, Drogenkonsum und generell Gewalt“, „Verfall der Familie“, „das generelle Nachlassen der ‚Arbeitsethik’“, „abnehmendes Interesse für Bildung“ und dergleichen mehr (Huntington 2006, S. 498). Im Unterschied zu Spengler hält Huntington diesen Niedergang jedoch nicht für völlig unausweichlich. Erstens handle es sich um einen langen Prozess, der sich über viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hinziehen könne und zweitens lasse er sich durch entschlossenes politisches Handeln und innere kulturelle Erneuerung verzögern. oder gar über einen längeren Zeitraum hinweg aufhalten12: „Die eine große Lehre aus der Geschichte der Kulturen lautet jedoch, dass vieles wahrscheinlich, aber nichts unausweichlich ist. Kulturen können sich reformieren und erneuern, und sie haben es getan. Die entscheidende Frage für den Westen lautet, ob er […] fähig ist, die inneren Verfallsprozesse aufzuhalten und umzukehren. Kann der Westen sich erneuern, oder wird anhaltende innere Fäulnis einfach sein Ende und/oder seine Unterordnung unter andere, wirtschaftlich und demographisch dynamischere Kulturen beschleunigen?“ (Huntington 2006, S. 497).

Ein weiterer wichtiger Unterschied zu Spengler besteht darin, dass Huntington die Rettung des Abendlandes nicht in einem von der „germanischen Rasse“ angeführten „Kampf um die Weltherrschaft“13 sieht, sondern viel nüchterner im Zurück in die verklärte Welt eines puritanischen Kapitalismus, in der die Menschen noch arbeitsam waren, keine Drogen nahmen, eifrig in die Kirche gingen und stabile Familien gründeten. Doch die relative Nüchternheit dieser Vorstellung macht sie keinesfalls harmlos oder friedfertig. Die Härte liegt in der Sache. Huntingtons Apokalyptik liefert die ideologische Hintergrundmusik und Legitimation für die identitäts- und sicherheitspolitische Formierung der kapitalistischen Kernländer, ihre Abschottung gegenüber dem Zustrom von Migranten aus den Krisenregionen und bedarfsweise auch für militärische Interventionen. Seine Infragestellung des westlichen Universalismus ist ein Reflex darauf, dass der globalisierte Krisenkapitalismus nur noch als prekäre Minderheitenveranstaltung möglich ist und immer mehr Menschen nach warengesellschaftlichen Kriterien überflüssig gemacht werden. Der „Kampf der Kulturen“ formuliert das dazugehörige kulturalistische und soziale Ausschluss- und Disziplinierungsprogramm. Genau darin trifft er sich mit dem liberalen Diskurs der „westlichen Werte“, auch wenn dieser sich in seinem Begründungszusammenhang zunächst unterscheidet.

Der liberalextremistische Kreuzzug gegen das „Reich des Bösen“

Während Huntington die kapitalistische Logik und ihre Krisendynamik insgesamt in seinem aggressiven Kulturalismus verschwinden lässt, bezieht der Liberalismus zunächst eine Position, die als völlig konträr dazu erscheint. Wo jener den Universalismus der Aufklärung entsorgt und als Fehler bezeichnet, hebt dieser ihn in den Himmel und erklärt seine offensive Durchsetzung zum obersten Ziel; und wo Huntington pessimistisch den Untergang des Abendlandes an die Wand malt, erklärt der liberale Diskurs die kapitalistische Vergesellschaftung zum Inbegriff gesellschaftlichen Fortschritts und menschlicher Emanzipation. Nach dem Untergang des „Sozialismus“ stelle sich nun die historische Alternative „Kapitalismus oder Barbarei“, so der programmatische Titel eines Sonderhefts der Zeitschrift Merkur, dem intellektuellen Sprachrohr eines Liberalismus, der in seiner hysterischen Überdrehtheit nur als Liberalextremismus bezeichnet werden kann. Dort können wir beispielsweise lesen: „Wenn wir hier von großen Prokapitalisten sprechen, so sind damit jene Denker gemeint, die den Kapitalismus als Ideal begriffen haben, als eine emanzipatorische Idee begriffen haben. Wir sprechen nicht von jenen, die den Kapitalismus aus Phantasielosigkeit als eine nun einmal gegebene beste aller schlechten Welten hinnehmen oder ihn zynisch als Ausdruck einer natürlichen Auslese der Stärkeren verstehen. Im Grunde haben sich die Enthusiasten des kapitalistischen Marktes als letzte treue Kinder der Aufklärung ein unverwüstliches Vertrauen in die positive Veränderbarkeit der Welt erhalten“ (Herzinger 2003, S. 749). Schon der hohe Ton dieser und ähnlich gestrickter Lobpreisungen des Kapitalismus verweist auf die gewaltige Verdrängungsleistung, der es bedarf, um ihn angesichts der ungeheuren Katastrophen des 20. Jahrhunderts und den Verheerungen, die er auf dem Planeten angerichtet hat, allen Ernstes zum Höhepunkt menschlicher Zivilisation erklären zu wollen. Alle Ansätze von Kritik müssen vom Tisch gewischt werden. Tabula Rasa ist das Programm.

Selbst die vorsichtige Skepsis eines Karl Popper, der in den 1960er Jahren das Wort vom Kapitalismus als der besten aller bisherigen Welten prägte, wird aus dieser Warte implizit unter Ideologieverdacht gestellt, weil er nicht dem geschichtsphilosophischen Idealismus huldigt, wonach jener die beste aller möglichen Welten sein soll. Und die Kritische Theorie sei sowieso gemeingefährlich. Ihr wird die Mitschuld daran gegeben, dass der mit der Gegenaufklärung identifizierte „Antiliberalismus“ nach der Niederschlagung des Faschismus wieder Fuß fassen konnte: „Zwar ist der Antiliberalismus von rechts weitgehend diskreditiert. […] Aber auf dem Umweg über die Frankfurter Schule […] erstarkte, mitten im Kalten Krieg, ein Antikapitalismus, der seine moralische Legitimation nicht mehr über die ganz offenkundig ausgebliebene Verelendung der Massen bezog, sondern über Horkheimers Diktum von Faschismus als einer Art Vollendung des Kapitalismus“ (Mariam Lau 2003, S. 784).

Gemessen an den Maßstäben dieses Liberalextremismus ist jeder Anflug von Kapitalismuskritik per se reaktionär. Schon das vage „auf gleichmäßige Versorgung abzielende Ethos des Kampfes um ‚mehr soziale Gerechtigkeit’“ (Mariam Lau 2003, S. 779) gilt als „kollektivistisch“ und wird in eine „antiliberale“ Traditionslinie mit Nationalsozialismus und Stalinismus gestellt. Dieser „Antiliberalismus“, der in „Kerneuropa“ (ebd.) inzwischen wieder hegemonial geworden sei, soll auch der Grund dafür sein, weshalb dort die Abwehrkräfte gegen die neue „totalitäre Bedrohung“ in Gestalt des Islams so schwach entwickelt seien. Damit ist die Grundmelodie angestimmt, die mit Huntingtons „Kampf der Kulturen“ bestens harmoniert. Das alte Europa ist müde geworden, hat seine Werte verraten und ist drauf und dran sich dem neuen Weltfeind der Freiheit zu ergeben. Die Konfrontation mit „dem Islam“ bzw. dem islamischen Fundamentalismus wird allerdings nicht als Kampf zweier sich fremder Kulturen interpretiert, die um die globale Vorherrschaft kämpfen, sondern in erster Linie als Wiederauflage des ewigen Kampfes des Liberalismus gegen seine kollektivistischen und totalitären Feinde. Der islamische Fundamentalismus erscheint dabei im Wesentlichen als Ausgeburt einer im Westen geborenen pessimistischen Kulturkritik, die ausgehend von Rousseau über die Romantik und die Gegenaufklärung bis hin zum Nationalsozialismus den Prozess der kapitalistischen Modernisierung begleitet habe.

Auf den ersten Blick scheint der Liberalextremismus sich damit immerhin der Einsicht zu nähern, dass es sich bei dem sogenannten „Clash of Civilizations“ um einen Konflikt innerhalb der kapitalistischen Vergesellschaftungsbewegung selbst handelt. Doch weit gefehlt. Denn auch wenn er die „Kulturkritik“ in der westlichen Denktradition verortet, beschreibt er sie doch bloß als äußerliche Reaktionsform auf den glorreichen kapitalistischen Fortschritt, als intellektuelle und politische Ausdrucksform des „Ressentiments“ derer, die aus unterschiedlichen Gründen die emanzipatorische Leistung des Liberalismus und die „zivilisatorische Mission des Kapitalismus“ (Editorial Merkur 653/654, S. 746) nicht einsehen wollten. Die Erkenntnis von Adorno und Horkheimer, dass die Aufklärung ohne ihre dunkle Rückseite nicht zu haben ist, dass die auf dem „Tauschprinzip“ gegründete Herrschaft der modernen Ratio und die Monster des Irrationalismus untrennbar miteinander verwoben sind, wird nicht nur einfach vom Tisch gewischt, sondern auf geradezu perfide Weise denunziert. Die „Dialektik der Aufklärung“ wird selbst zur „Grundschrift des kulturkritischen Ressentiments“ erklärt – so der Untertitel des betreffenden Aufsatzes von Thomas E. Schmidt im Merkur-Sonderheft „Ressentiment!“ aus dem Jahr 2004 – und die Kritik des Geschwisterpaars von Aufklärung und Gegenaufklärung damit in eine Linie mit Nietzsche, Scheler und anderen Vordenkern der Gegenaufklärung gestellt.14

Adorno und Horkheimer werden als die typischen unglücklichen Intellektuellen gezeichnet, die in einer Mischung aus Verzweiflung über die Katastrophe des Nationalsozialismus und der kulturellen Marginalisierungserfahrungen im US-Exil dem Kult des Negativen verfallen seien, statt die leuchtende Zukunft des liberalen Kapitalismus zu feiern.15 Ihre Kapitalismuskritik sei rückwärtsgewandt und paranoid und wirke als solche bis in das regressive Denken der Gegenwart hinein.16 In diesem Schema lässt sich dann problemlos auch noch der Bogen von der Kritischen Theorie zum modernen islamischen Fundamentalismus schlagen. Wenn auch nicht identisch, sollen beide doch dem gleichen Geist entsprungen sein. So verweist etwa Jörg Lau – Stammautor von Merkur und Redakteur der Zeit – darauf, dass auch für die „Dekadenzkritik“ von Sayyid Qutb, dem intellektuellen Vater des modernen islamischen Fundamentalismus, ein USA-Aufenthalt prägend gewesen sei. Ähnlich wie Adorno und Horkheimer habe er sich von dem dortigen, freizügigen Lebensstil abgestoßen gefühlt und sei dem Kulturpessimismus verfallen: „In einem Ton, der nicht von ungefähr an die zeitgleich entstehenden Beobachtungen eines anderen unglücklichen Intellektuellen erinnert – Adornos Minima Moralia –, zeichnet Qutb Amerika als zugleich enthemmt und freudlos, materiell reich und innerlich verarmt, aufgewühlt und geistig flach, demokratisch und doch konformistisch“ (Jörg Lau 2007, S. 1).

Diese ebenso plumpe wie infame Parallelisierung von Adorno und Qutb sagt eigentlich schon alles über das intellektuelle Niveau der liberalextremistischen Ideologie. Hier geht es nicht um eine auch nur annähernd ernsthafte Auseinandersetzung mit Kapitalismuskritik, wie sie von vielen liberalen Denkern im 20. Jahrhundert noch betrieben wurde, sondern bloß um brutale Legitimationsproduktion. Dementsprechend substanzlos ist nicht nur die „theoretische“ Argumentation, bezeichnend ist auch der vollständige Mangel an historischen Analysen und einer entsprechenden Verortung des eigenen Standpunkts. Die „Errungenschaften der Aufklärung, die Trennung von Staat und Religion, die politischen und individuellen Rechte und Freiheiten, die Selbstbestimmung des Individuums, die Vernunft und die Gleichberechtigung der Geschlechter“ (Ackermann 2007, S. 143) werden als abstrakte Prinzipien hochgehalten, die in einer „ewige(n) Schlacht, in der es keinen Endsieg geben kann“ (Ackermann 2007, S. 146) gegen die Feinde der Freiheit verteidigt werden müssen. Diese gewissermaßen ontologischen Feinde haben wechselnde Gesichter, doch aufgeben werden sie nie. Manichäisch zerfällt die Welt in den permanenten Kampf zwischen Gut und Böse: hier der fortschrittliche Liberalismus, dort das große Lager der Feinde der Freiheit, die bei allen Unterschieden im Detail das gemeinsame Ressentiment gegen die kapitalistischen Errungenschaften verbindet.17

Versucht Huntington noch die Welt nach dem Kriterium von miteinander konfrontierten „Kulturkreisen“ geopolitisch zu ordnen, was eine pseudo-objektive Unterscheidung zwischen „Wir“ und „die Anderen“ ermöglicht, so sehen sich die Liberalextremisten überall von Feinden umstellt. Wo Huntington den Westen in der Phase seines historischen Niedergangs sieht, der sich gegen die Übermacht der neu erstarkenden „Kulturkreise“, vor allem der „islamischen Welt“ und „China“ entschlossen zur Wehr setzen muss, phantasieren sie sich in die heldenhafte Pose der letzten aufrechten Kämpfer für Demokratie und Freiheit hinein, die sich dem Ansturm einer düsteren Querfront aus fanatischen Muslimen, ressentimentgeladenen Globalisierungsgegnern und verantwortungslosen Multikulturalisten erwehren müssen, die aus allen Löchern quellen.18 Diese Wahnvorstellung verhindert nicht nur die notwendige Kritik an den tatsächlichen ideologischen und politischen Verbindungen und Schnittmengen zwischen islamischem Fundamentalismus, Neonazismus und bestimmten Teilen des linkstraditionellen und globalisierungskritischen Spektrums. Darüber hinaus ist sie in ihrem quasi-religiösen Charakter den islamistisch-fundamentalistischen Wahnvorstellungen auf Engste verwandt.

Das gilt zunächst für das narzisstische Selbstbild, als rechtgläubige Minderheit einer verblendeten Masse gegenüberzustehen, der die Wahrheit notfalls auch mit (militärischer und polizeilicher) Gewalt einzubläuen ist. Des Weiteren sind aber auch die paranoiden Vorstellungen von einer islamischen Unterwanderung der westlichen Welt den antiamerikanischen und antisemitischen Verschwörungsphantasien ihrer Feinde strukturell durchaus ähnlich. In schrillen Tönen wird da vor einer „schleichenden Sharia in Europa“ (Ackermann 2007, S. 143) gewarnt, ganz so als stünde Al Qaida kurz vor der Machtübernahme in London, Paris und Berlin. Jeder Moscheebau erscheint als weiterer Schritt zur Abschaffung der Demokratie und muss mit aller Härte bekämpft werden, auch wenn man dabei gemeinsame Sache mit der NPD macht. Wer diesen Wahn hingegen nicht teilt, gilt als Kollaborateur, nützlicher Idiot oder Kapitulant: „Die Verharmlosung des Islam erinnert heute […] an jene des Kommunismus vor 1989. Zeigten sich damals der westliche Selbsthass und die Entwertungen der Errungenschaften der freiheitlichen Demokratie in der Weichzeichnung des Kommunismus, so können wir dies heute in der Haltung gegenüber dem Islam beobachten“ (Ackermann 2007, S. 142).

In Äußerungen wie diesen, die zum Standardrepertoire des Liberalextremismus gehören, blättert der Lack von Gleichheit und Freiheit ab und der ganz normale Rassismus wird sichtbar, der immer schon im Universalismus der Aufklärung enthalten war. Die oberflächliche Kritik des islamischen Fundamentalismus als Ausdruck „kulturkritischen Ressentiments“ weicht wie selbstverständlich einer Abwehr gegenüber „dem Islam“, der an sich schon das Problem sein soll; im islamischen Fundamentalismus zeige sich nur dessen wahres Gesicht. Mit notwendiger Religionskritik hat das nichts zu tun. Vielmehr wird „der Islam“ hier zum Inbegriff einer „rückständigen Kultur“ stilisiert, die ihrem Wesen nach nicht modernisierbar ist und daher abgeschafft werden muss. Im Gegensatz zum Christentum habe er keine Aufklärung durchlaufen und sei dazu auch nicht fähig. Mit dieser neo-kolonialistischen Perspektive, die ausblendet, dass der islamischen Fundamentalismus seiner Struktur nach alles andere als vormodern ist, sondern ein Produkt der krisenhaft verlaufenen nachholenden Modernisierung, findet sich der Liberalextremismus – alles andere als überraschend – ganz in der Nähe von Huntingtons „Kampf der Kulturen“ wieder.

Ganz wie dieser kulturalisiert er den Krisenprozess und schürt die um sich greifende rassistische Stimmung, die er selbstverständlich immer dann, wenn es mal wieder zu offenen gewalttätigen Übergriffen gegen Migranten kommt, im Brustton der moralischen Empörung verurteilt. Und wo Huntington die „westliche Identität“ durch Rückbesinnung auf die vorgebliche heile Welt eines puritanischen Kapitalismus wieder festigen will, besinnt sich der Liberalismus auf die „bürgerlichen Werte“, um sich die prekarisierten Unterschichten und Armutsflüchtlinge vom Leib zu halten. Teils liefert dieser Wertediskurs den nötigen Distinktionsgewinn, um die eigene privilegierte Position zu rechtfertigen und zugleich die Angst vor dem sozialen Absturz zu verdrängen. Teils kann damit die Schuld an Marginalisierung und Prekarisierung den Betroffenen selbst zugeschrieben werden, die einfach zu undiszipliniert, passiv und träge seien – wie man ja schon an ihrer Fettleibigkeit und ihrem übermäßigen Fernsehkonsum erkenne. Da erscheint es nur allzu gerechtfertigt, sich vor ihrem „Sozialneid“ und „kollektivistischem Ressentiment“ mit Hilfe von Polizei, Videoüberwachung und pädagogischer Disziplinierung zu schützen und sie durch den Entzug sozialstaatlicher Leistungen zu aktivieren, damit sie endlich „autonome Individuen“ werden.19

Damit stellt sich der Liberalextremismus an die Spitze einer Bewegung, die im Namen der bürgerlichen Freiheiten genau diese für die große Masse der Bevölkerung abschaffen will. Anders als Huntington legt er zwar nicht explizit den universalistischen Anspruch der Aufklärung ad acta, implizit gelangt er jedoch zur gleichen Konsequenz. Dies ist freilich nicht ihrer falschen Interpretation geschuldet. Vielmehr verweist es ungewollt darauf, dass die Aufklärung strukturell auf die Konstruktion eines „Anderen der Vernunft“ verwiesen bleibt, das als grundsätzlich irrational und unzivilisiert gebrandmarkt wird, und dass zugleich der materielle Ausschluss eines Großteils der Menschheit zum heimlichen Programm ihres „Universalismus“ gehört. In der Hochzeit des Modernisierungsprozesses konnte es zumindest in den zentralen Ländern des Weltmarkts zeitweise so erscheinen, als würde dieser Ausschluss weitgehend zurückgenommen. Unter den Bedingungen des globalisierten Krisenkapitalismus jedoch wird er wieder zur Haupttendenz. Waren in der Aufstiegsphase des Kapitalismus die Prinzipien der Aufklärung noch Bezugspunkt für die Arbeiterbewegung und andere soziale Bewegungen, um gewisse Freiheiten und soziale Absicherungen im Rahmen des Systems abstrakter Herrschaft zu erkämpfen, so ist der Diskurs der „westlichen Werte“ heute Propaganda für ein globales Programm der Exklusion und Repression der „Überflüssigen“, die von der kapitalistischen Dynamik in wachsendem Maße hervorgebracht werden. Das verweist darauf, dass die Spielräume der relativen Emanzipation innerhalb des kapitalistischen Rahmens sich erschöpft haben und dass die Hoffnungen auf gesellschaftliche Befreiung, die lange Zeit auch von der Linken an die Aufklärung geheftet wurden, endgültig obsolet sind. Eine Weltgesellschaft frei assoziierter Individuen, in der die Menschen ohne Angst verschieden sein können, kann nicht innerhalb des Universums der „westlichen Werte“ erkämpft werden. Sie setzt dessen emanzipatorische Aufhebung voraus.
Literatur:

Ackermann, Ulrike (2007). Lob der Dissidenz, in: Chervel, Thierry/ Seeliger, Anja (Hrsg.): Islam in Europa. Eine internationale Debatte, Frankfurt/M., S. 140 – 146.
Ahlers, Ingolf (1998): Der Westen in Not. Planetarischer Politik und globale Kulturkämpfe im Zeitalter des Neokulturalismus, in: krisis 20, Bad Honnef, S. 19 – 55.
Bolz, Norbert (2004): Lust der Negation. Die Geburt der Kritischen Theorie aus dem Geist des Ressentiments, in: Merkur, Heft 665/666, Stuttgart, S. 754 – 761.
Çaglar, Gazi (2002): Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen, Münster (Original 1997).
Hanloser, Gerhard (2005): Antikollektivismus. Der neue Geist „linker“ Sozialstaatskritik, in: trend Onlinezeitung 12/05, http://www.trend.infopartisan.net/trd1205/t251205.html (Stand 8.9.2008).
Herzinger, Richard (2003): Kapitalismus als Ethos, in: Merkur, Heft 653/ 654, Stuttgart, S. 747 – 767.
Huntington, Samuel P. (2006): Kampf der Kulturen, Hamburg (Original 1996).
Ders. (2004): Who Are We? Die Krise der amerikanischen Identität, Hamburg.
Lau, Jörg (2007): Die Muslime und der dekadente Westen, in: Eurozine, http://www.eurozine.com/articles/2007-11-23-lau-de.html (Stand 8.9.2008, auch veröffentlicht in Merkur, 8-9/2007 unter dem Titel: Kein Wille zur Macht. Dekadenz).
Lau, Mariam (2003): Kerneuropa bleibt sich treu. Streifzug durch den Antiliberalismus, in: Merkur, Heft 653/654, Stuttgart, S. 779 – 789.
Schmidt, Thomas E. (2004): Dialektik der Aufklärung. Zu einer Grundschrift des kulturkritischen Ressentiments, in: Merkur, Heft 665/666, Stuttgart, S. 745 – 753.

1 Eine Ironie, die freilich auch darauf verweist, dass der traditionelle Marxismus dem Universum der bürgerlichen Modernisierungs- und Fortschrittsideologien verhaftet ist.
2 Vgl. im Einzelnen dazu den Artikel von Karl-Heinz Lewed in dieser Ausgabe der krisis.
3 Ein signifikantes Zeichen dafür, wie sehr diese ideologische Konstellation schon aufgeweicht war, stellte die Entscheidung der Bild-Zeitung dar, im Jahr 1988 endlich darauf zu verzichten, die DDR nur in Anführungszeichen als „DDR“ zu titulieren. Es blieb nur noch ein gutes Jahr, um sich an diesen Verzicht zu gewöhnen.
4 Das Buch erschien im Jahr 1996 und wurde in kürzester Zeit in eine Vielzahl von Sprachen übersetzt. Im Folgenden zitiere ich hier nach der deutschen Ausgabe von 2006 (Spiegel-Edition 11). Zum theoretischen und politischen Hintergrund sowie zur Kritik des Konstrukts vom Kampf der Kulturen vgl. ausführlich Ahlers 1998 und Gazi ÇaĞlar 2002.
5 Huntington stellt sich dabei ganz bewusst in die Tradition der zyklisch-organischen Geschichtsphilosophien, auf deren wohl einflussreichste Vertreter Oswald Spengler und Arnold J. Toynbee er sich ausdrücklich bezieht (vgl. dazu Ahlers 1998, S. 31f. sowie ÇaĞlar 2002, S. 43 – 63).
6 Auch und gerade bei der Übernahme von Elementen aus einer „fremden Kultur“ bleibe das Wesen der „Empfängerkulturen“ nicht nur erhalten, sondern werde sogar noch gestärkt, insofern diese nämlich „selektiv Dinge aus anderen Kulturen entlehnen und sie adaptieren, transformieren und assimilieren, um das Überleben ihrer Paideuma [Kulturseele], der Kernwerte ihrer Kultur zu kräftigen und zu sichern“ (Huntington 2006, S. 111f.).
7 An anderer Stelle heißt es: „Die Menschen definieren sich über Herkunft, Religion, Sprache, Geschichte, Werte, Sitten und Gebräuche, Institutionen. Sie identifizieren sich mit kulturellen Gruppen: Stämmen, ethnischen Gruppen […]“ (Huntington 2006, S. 23).
8 vgl. dazu Ahlers 1998, S. 36 – 39.
9 Vgl. dazu etwa die sozial- und kulturhistorischen Untersuchungen von E. P. Thompson.
10 Indirekt kommt Huntington nicht umhin, zuzugeben, dass „die Moderne“ einen qualitativen Bruch in der Geschichte darstellt und zu einer fundamentalen Angleichung des gesellschaftlichen Lebens auf der ganzen Welt führt: „Modernisierung ist ein revolutionärer Prozess, der nur mit dem Übergang von primitiven zu zivilisierten Gesellschaften vergleichbar ist […] Einstellungen und Werte, Wissen und Kultur von Menschen einer modernen Gesellschaft unterscheiden sich erheblich von denen einer traditionalen Gesellschaft“ (Huntington 2006, S. 97). Dies hält ihn aber nicht von der Behauptung ab, die kulturellen Unterschiede würden trotzdem nicht verschwinden, sondern sogar noch betont.
11 Zum Charakter dieses geopolitischen Denkens vgl. ausführlich Ahlers 1998, S. 22 – 39.
12 Vgl. Huntington 2006, S. 121f. sowie die zugespitzte identitätspolitische Argumentation in Huntington 2004.
13 Vgl. zusammenfassend zu Spenglers Wahnideen Çaglar 2002, S. 47 – 55.
14 „Gemessen an der Wirkungsgeschichte dieses Buches liegt es nahe, diese Philosophischen Fragmente, so der Untertitel, als Zeugnis der intellektuellen Produktivkraft des Ressentiments im Sinne Nietzsches und Schelers zu lesen. Die Dialektik der Aufklärung ist vermutlich das Beispiel ressentimentgeladener Kulturkritik im 20. Jahrhundert“ (Schmidt 2004, S. 746).
15 vgl. Schmidt 2004 vor allem S. 747 und 749 sowie Bolz 2004.
16 „Die paranoide Konstruktion einer verbrecherischen kapitalistischen Globalwelt gehört zu den fraglosen Gewissheiten der Dialektik der Aufklärung“ (Schmidt 2004, S. 749). Dieser Satz ist deshalb so infam, weil er durch den saloppen Hinweis auf den angeblich paranoiden Charakter von Adornos und Horkheimers Kritik diese zu den Vordenkern einer unter Globalisierungskritikern beliebten verkürzten Kapitalismuskritik mit offener Flanke zum Antisemitismus macht.
17 Die Bezeichnung „Achse des Guten“ unter der sich etliche Liberalextremisten zusammengefunden haben (auch die hier zitierte Ulrike Ackermann, ebenfalls Autorin in Merkur), verweist trotz aller zu vermutenden, krampfhaften Selbstironie auf dieses manichäische Weltbild.
18 Der narzisstische Reiz scheint darin zu bestehen, sich kontrafaktisch in die Position einer Minderheit hineinzudefinieren, die mit dem Rücken zur Wand steht: „Der Antikapitalismus mag ökonomisch erledigt sein, politisch geht es ihm so gut wie schon lange nicht mehr. Eine Regenbogenkoalition von Chomsky über Roy bis Habermas, von Soros bis Bsirske, von Castorf bis Seehofer, und praktisch jedermann auf der Straße, ist sich einig, dass unser alternativlos gewordenes Wirtschaftssystem seine moralische Legitimation verwirkt hat“ (Mariam Lau 2003, S. 779).
19 Vgl. zur Kritik dieser Sorte von liberaler Sozialstaatskritik Hanloser 2005.

aus: krisis 32 (2008), S. 11-29