Scholtissek – Eine prekäre Odyssee durch die Krise

Eine Groteske

von der Gruppe „Die aufdringlichen Propheten“

Bericht über die Aufführung von „Scholtissek“ zum Thema Hartz IV in Herford

Die Aufdringlichen Propheten führen das Stück gern noch weitere Male auf. Bei Interesse bitte eine Mail an Peter Samol oder an Gerd Büntzly

 


 

Personen (in der Reihenfolge des Auftretens):

Dr. Wittler – Hans Köhler
Scholtissek – Udo Delker
Frau Berger (Sekretärin des Bürgermeisters) – Helga Hindemith
Bürgermeister – Gerd Büntzly
Herr Artist (Künstler) – Peter Samol
Fritze (Hartz IV-Empfänger) – Jhon Gehrke
Experte – Gerd Büntzly
Fallmanager – Christoph Stahlhut
Schildträgerin – Helga Hindemith
Nachfragende Stimme – Peter Samol
Sicherheitsbeamter – Peter Samol
Radiosprecher (Aufzeichnung) – Lothar Bratfisch
Technik – Hans-Dieter Meier / Jonas Stutenbäumer

Mit Musik von Gerd Büntzly

Spieldauer (inkl. Songs): ca. 1 ½ Stunden


 

Scholtisseks Kündigung

[Einleitender Song: Wir sind alle Verkäufer, 1. Strophe]

Im Büro von Dr. Wittler. Schreibtisch, Akten, ein Chefstuhl, ein möglichst kleiner Stuhl, Kaffeetasse. Dr. Wittler blättert in einer Unterschriftsmappe und unterschreibt Kündigungen. Es klopft an der Tür.

Dr. Wittler: Ja, bitte.

Scholtissek:
(Freundlich, Dr. Wittler die Hand reichend:) Guten Tag Gernot.
Dr. Wittler: Setzen Sie sich, Herr Scholtissek.

Scholtissek: Aber Gernot, hast du vergessen wir waren doch seit …

Dr. Wittler: (Unterbricht Scholtissek) Mein lieber Herr Scholtissek! Natürlich habe ich nicht vergessen, dass wir seit dem Betriebsfest vor zwei oder drei Jahren per du waren. Aber ich muss heute zum Sie zurück.

Scholtissek: Aber wieso denn?

Dr. Wittler: Was ich heute zu sagen habe, fällt mir nicht leicht. Herr Scholtissek, Sie wissen doch ganz genau, dass es der Firma, uns, nicht gut geht. Wir befinden uns in einer sehr kritischen Lage und da ist es – glauben Sie mir – für alle Beteiligten besser, „Sie“ zu sagen. Die Finanzmarktkrise trifft auch uns. Da muss ich, äh da muss die Firma reagieren und handeln. (Scholtissek rutscht den Stuhl immer weiter runter und sieht bedrückt aus, Dr. Wittler wird leiser und redet auf Scholtissek ein) Mensch, Scholtissek. Wir können doch nicht einfach zusehen, wie alles den Bach runtergeht. Wir alle müssen Opfer bringen. Das verstehen Sie doch.

Scholtissek: (Stammelt) Aber Gernot, ich meine, Herr Dr. Wittler. Ich bin doch schon seit über 30 Jahren hier.

Dr. Wittler: Ja, es sind fast 30 Jahre, die Sie bei uns sind. Herr Scholtissek glauben Sie etwa, dass wissen wir alles nicht, und wir hätten uns keine Gedanken gemacht?

Scholtissek: Aber das Studium meiner Tochter, die Kosten, das Haus, das wir uns gekauft haben, die Belastungen, was soll ich nur meiner Frau, wie soll es denn nur weiter …

Dr. Wittler: Dass Sie ein Haus gekauft haben, das war uns jetzt nicht bekannt. (Kurze Pause, Dr. Wittler wirkt nachdenklich, fasst sich ans Kinn, redet dann aber bestimmend weiter) Herr Scholtissek, Sie sind jetzt 50 Jahre alt. Sie beziehen doch zwei Jahre lang Arbeitslosengeld.

Scholtissek: (Unterbricht Dr. Wittler zaghaft) Aber ich glaub, es sind nur 18 Monate.

Dr. Wittler: (gezwungen jovial) Aber wir wollen doch nicht kleinlich werden, Herr Scholtissek. (Kurze Pause) Und ein Bewerbungstraining machen die auch noch mit Ihnen. Herr Scholtissek, durch unser soziales Netz fällt keiner. Und für Ihre Tochter gibt es auch eine Förderung. Unsere Sozialversicherungen können sich weltweit sehen lassen. Bei uns muss keiner verhungern. (Dr. Wittler wirkt unruhig, schaut auf seine Uhr, trinkt einen Schluck und macht dann bestimmend weiter, Scholtissek wird immer kleiner, nachdenklich, verschlossen, schüttelt den Kopf, wischt seine Tränen ab) Also, ich sagte ja schon: Wir leben in einer schwierigen Zeit. Und wir alle müssen Opfer bringen. Was ich jetzt zu sagen habe, nehmen Sie bitte nicht persönlich! Mensch, Herr Scholtissek, Sie sehen ja ganz blass aus. Soll ich den Vertrauensarzt rufen? (Scholtissek hält sich mühsam aufrecht) Oder kann ich weitermachen? Scholtissek, es tut mir wirklich sehr leid, aber wir müssen unser Arbeitsverhältnis kündigen. (Dr. Wittler überreicht Scholtissek die Kündigung) Bitte bestätigen Sie mir hier den Erhalt ihrer Kündigung. (Scholtissek fällt vom Stuhl, die Kündigung in seiner Hand. Dr. Wittler steht langsam auf, schaut über den Schreibtisch auf Scholtissek, schüttelt den Kopf und ruft in Richtung Vorzimmer:) Frau Arnemann! Scholtissek hat auch schlapp gemacht. Rufen Sie sofort den Rettungsdienst an. Und schicken Sie mir den nächsten erst rein, wenn die Sache hier erledigt ist.

Vorhang
[Song: Wir sind alle Verkäufer, 2. Strophe]


 

Beim Bürgermeister 1

Der Bürgermeister sitzt am Schreibtisch. Frau Berger kommt herein.

Frau Berger: Herr Bürgermeister, eben wurde mitgeteilt, dass Dr. Wittler etwa eine halbe Stunde später kommt. Im Vorraum ist wieder Herr Artist, der Bildhauer. Er möchte einen Entwurf für ein Denkmal abgeben und bei passender Gelegenheit erklärende Worte dazu sagen. Wollen Sie ihn vielleicht kurz einschieben?

Bürgermeister: Einverstanden. Aber wirklich nur kurz. Wenn Dr. Wittler da ist, geben Sie mir bitte Bescheid. Spätestens dann muss Herr Artist gehen.

Herr Artist tritt ein, eine kleine Skulptur in der Hand. Der Bürgermeister bleibt sitzen. Artist bleibt stehen und geht während der Unterredung gestikulierend hin und her.

Artist: Guten Tag, Herr Bürgermeister.

Bürgermeister: Guten Tag, Herr Artist. Wir kennen uns ja von verschiedenen Ausstellungen her. Sie haben Glück, dass eben ein kurzer Zeitraum frei geworden ist. Bitte: Bringen Sie ihr Anliegen vor!

Artist: Herr Bürgermeister, ich möchte Ihnen den Entwurf für ein Denkmal überreichen (stellt dem Bürgermeister eine Skulptur mitten auf den Schreibtisch). Zur Prüfung und mit der Bitte um Unterstützung. Sowohl finanziell, aber auch, was den Aufstellungsort angeht.

Bürgermeister: Ich will mir das gerne ansehen. Sagen Sie bitte, wofür oder für wen soll das Denkmal denn sein? Was ist das Thema?

Artist: Das Thema lautet ungefähr „Der Hartz-IV-Empfänger als Opfer unserer Zeit“. Und als Opfer eigentlich auch, so quasi für uns alle.

Bürgermeister: Wir fördern durch unseren Haushalt auch die Ausstellung moderner Kunst. Da machen wir eine Menge. Das wird Ihnen bekannt sein. Aber Hartz-IV-Empfänger als Thema für ein Denkmal?

Artist: Unsere Stadt tut ausgesprochen viel für die moderne Kunst. Das ist ja weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Und darum dachte ich mir, ein modernes Thema, ja, das könnte passen. Bei der Ausführung soll ein wichtiger Teil unserer heutigen Realität abgebildet werden und zum Sprechen kommen.

Bürgermeister: Herr Artist, nun habe ich aber eine Frage an Sie: Wie kommen Sie zum Begriff Opfer? Ich meine, wir lassen uns die Hartz-IV-Empfänger doch eine Menge kosten. Das muss doch auch einmal gesagt werden.

Artist: Das ist unbestritten, Herr Bürgermeister. Zum gedanklichen Hintergrund meiner Arbeit kann ich folgendes sagen: Auf eine einzige offene Stelle für eine reguläre Beschäftigung kommen etwa zehn registrierte Arbeitslose. Das heißt, im Durchschnitt – in Wirklichkeit aber noch viel häufiger – holen sich Arbeitslose in neun von zehn Fällen eine Absage. Der einzelne Arbeitslose muss sich ja zigmal pro Monat bewerben. Und er erfährt sich dann zigmal pro Monat als Verlierer. Auf Dauer machen einen diese ständigen Kränkungen kaputt. Es wurde sogar schon festgestellt, dass diese Leute eine kürzere Lebenserwartung haben.
Bürgermeister: Das ist mir alles bewusst. Ich würde mich allerdings anders ausdrücken. Noch einmal meine Frage: wie kommen Sie zum Begriff „Opfer“?

Artist: Man sagt doch manchmal: Ein Mensch opfert sich für andere auf. Also er tut etwas für andere und kommt dabei selbst zu kurz.

Bürgermeister: Ja, so sagt man, wenn jemand anderen Gutes getan hat. Und wenn er dabei selbst schlecht abgeschnitten hat.
Artist: Genau das meine ich. Der folgende Gedanke ist etwas gewagt, aber eine gewisse Überzeichnung darf durchaus sein, denke ich: Oft wird doch die Überalterung unserer Gesellschaft beklagt. Und wenn nun Menschen dahin gebracht werden, dass sie etwas eher sterben, dann opfern sie sich doch für uns und unsere Gesellschaft, damit die Überalterung nicht so groß wird.

Bürgermeister: Das klingt ja fast wie schwarzer Humor.

Artist: Also ich würde das nach außen hin auch nicht so krass sagen. Aber es gibt noch weitere Aspekte. Wer nicht mitarbeiten darf, wer nicht produziert und daher nicht richtig konsumiert, der verbraucht doch weniger Ressourcen. Er schont die Umwelt. Unsere Umwelt! Er bringt wirklich ein Opfer für uns alle.

Bürgermeister: Die Geschäfte in unserer Stadt machen dann aber auch weniger Umsatz.

Artist: Zwangsläufig. Ich habe noch einen dritten Gedanken: Wer bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz scheitert, die lässt den Arbeitsplatz doch für einen anderen frei, der dann glücklich damit wird. Er wird selber unglücklich, aber macht einen anderen glücklich. Herr Bürgermeister, in der modernen Kunst muss das einfach einmal gewürdigt werden.
Bürgermeister: Herr Artist, ich sage es Ihnen noch einmal. Die bloßen Fakten sind mir bekannt. Darüber zu reden ist jetzt allerdings nicht die Zeit und nicht der Ort. Ich werde mich mit ihrem Entwurf auseinandersetzen. Natürlich müssen auch die zuständigen Abteilungen der Verwaltung und die Ausschüsse des Rates den Vorschlag beurteilen. Wir werden zu gegebener Zeit antworten. Haben Sie ein wenig Geduld. Auf Wiedersehen, Herr Artist.

Artist: Auf Wiedersehen, Herr Bürgermeister.

Artist geht ab. Frau Berger erscheint.

Bürgermeister: Frau Berger, versehen Sie das da (deutet auf den Entwurf) bitte mit dem Eingangsstempel und sorgen Sie für die Übermittlung an die Verwaltung und die Ausschüsse. (Überreicht Frau Berger die Skulptur) Ich sehe mir den Entwurf für ein Denkmal später an. Was das Thema angeht, will Herr Artist offensichtlich provozieren. Die Hartz-IV-Empfänger opfern sich für uns alle. Sie sorgen für den Abbau der Überalterung, indem sie selbst früher sterben. Und sie schonen unsere Umwelt, indem sie keine Ressourcen verbrauchen. Sie produzieren jedenfalls nichts. Sie nehmen niemandem den Arbeitsplatz weg. So machen sie andere glücklich.

Frau Berger: Früher oder später musste ja jemand auf solche Ideen kommen. Aber ob die Bürger das nachvollziehen? Und wie sieht der Wähler ein Denkmal zu diesem Thema?

Bürgermeister: Man behauptet hin und wieder, dass Künstler ein Gespür für die gegenwärtigen Verhältnisse und die Wahrheit haben. Aber muss man die Wahrheit immer gleich hinausposaunen? Ich habe da meine Bedenken.

Frau Berger: (geht ab um die Skulptur heraus zu bringen, erscheint sofort wieder) Herr Dr. Wittler ist draußen. Soll ich ihn fragen, ob er Tee oder Kaffe wünscht?

Bürgermeister: Ja, bitte.

Frau Berger ab. Dr. Wittler tritt ein.

Dr. Wittler: Guten Tag, Herr Bürgermeister.

Bürgermeister: Guten Tag, Herr Dr. Wittler. Danke, dass Sie gekommen sind. Da ich wusste, dass Sie ohnehin im Hause sein würden, habe ich mir die Freiheit genommen, Sie um eine kurze Unterredung zu bitten.

Frau Berger bringt den Kaffee.

Bürgermeister: Ah, der Kaffee. Danke, Frau Berger. Bitte, Dr. Wittler. Milch, Zucker, bitte bedienen Sie sich!

Dr. Wittler: Vielen Dank.

Bürgermeister: Darf ich, um Ihre Zeit nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, unumwunden auf mein Anliegen zu sprechen kommen?

Dr. Wittler: Natürlich, Herr Bürgermeister, bitte sehr.

Bürgermeister: Herr Dr. Wittler, Sie wissen, dass unsere Stadt am interkommunalen Gewerbegebiet „Große Breite“ beteiligt ist. Vor ein paar Tagen erst ergab es sich, dass einer der zunächst sicheren Interessenten abgesprungen ist. Eine gut gelegene, ich möchte fast sagen optimale Fläche steht somit wieder zur Verfügung. Wir kennen und schätzen Sie als einen der erfolgreichsten Unternehmer am Ort. Ich müsste mir Vorwürfe machen, wenn ich Ihnen diese Fläche nicht anbieten und empfehlen würde.

Dr. Wittler: Herr Bürgermeister, ich danke Ihnen sehr und weiß Ihre Fürsorglichkeit sehr zu schätzen. Darf ich offen sein? Leider muss ich Sie enttäuschen. Wir können im Augenblick leider nicht investieren.

Bürgermeister: Nicht in Maschinen und nicht in Gebäude?

Dr. Wittler: In gar nichts!

Bürgermeister: Ihr Betrieb ist doch aber hoffentlich gesund?

Dr. Wittler: Das kann ich bestätigen, Herr Bürgermeister. Wir machen auch noch Gewinne. Aber, es lohnt sich nicht, neue Produktionsanlagen zu erstellen, wenn die Nachfrage fehlt. Der Absatz stagniert. Es lohnt sich nicht, die Produktion zu erweitern. Die Leute kaufen einfach nicht. Wir müssen rationalisieren. Aber am alten Standort.

Bürgermeister: Wenn ich mir den Gedanken mal erlauben darf. Ich hoffe, er wirkt nicht ganz absurd. Also: Ein Ausweg wäre eventuell, die Produktpalette zu erweitern. Damit würden Sie natürlich dann auch in neue Konkurrenzverhältnisse treten. Aber mit ihrer guten Belegschaft wäre so etwas vielleicht ein kalkulierbares Risiko.

Dr. Wittler: Ihr Gedanke ist grundsätzlich nicht ganz falsch, Herr Bürgermeister. Aber, im Augenblick geht es nicht. Wir bekommen im Moment einfach keine Kredite. Aber vielleicht könnten Sie ja – ich meine bei Ihren guten Beziehungen …

Bürgermeister: Ich hatte bei meiner Idee natürlich genug Eigenkapital vorausgesetzt. Aber ich will mal sehen, was sich machen lässt. Schließlich bin ich ja im Aufsichtsrat der Sparkasse. Und wir hatten ja schon früher Gelegenheit, Ihrer Firma unter die Arme zu greifen.

Dr. Wittler: Weil wir beide uns sehr gut kennen, Herr Bürgermeister, sage ich Ihnen etwas ganz vertraulich: Wir hatten unsere Gewinne in moderne Finanzprodukte gesteckt. Auf diesem Sektor gab es allerdings arge Enttäuschungen.

Bürgermeister: Das tut mir leid. Auch Sie haben offenbar Geld verloren. (Denkt kurz nach) Ich will Ihnen jetzt hier nichts versprechen. Aber wir lassen solch einen wichtigen Mann wie Sie, der so viel für das Allgemeinwohl getan hat – wenn ich nur an Ihre monatlichen Zuwendungen an die Herforder (bzw. Spielort) Tafel denke. Nein so einen Mann lassen wir nicht hängen.

Dr. Wittler: Ich danke ihnen, dass Sie an uns denken. Es tut gut, von Freunden im Rathaus zu wissen.

Bürgermeister: Sehr gern. Ach, wissen Sie, Herr Dr. Wittler, ich finde wir sollten unser Gespräch zum Anlass nehmen, um „du“ zueinander zu sagen. Wir befinden uns in einer sehr kritischen Lage, und da ist es doch wichtig Freunde zu haben. Ich heiße Benno.

Dr. Wittler: Ich heiße Gernot. Die Zeit drängt aber, ich muss jetzt gehen. Bis bald, Benno.

Bürgermeister: Machs gut, Gernot und liebe Grüße an Deine Frau.

Dr. Wittler geht ab. Der Bürgermeister blättert in Papieren.

Bürgermeister: (Für sich) Die Gewinne in unsicheren, vielleicht amerikanischen Finanzprodukten angelegt. Da wäre es ja besser gewesen, die Gewinne an die Mitarbeiter auszuschütten. Oder überhaupt höhere Löhne zu zahlen. Oder die Leute im Betrieb zu halten, statt sie zu entlassen. Aber wir haben die Gewerkschaften immer gebremst. Höhere Löhne, da wäre das Geld hier im Land geblieben, vor allem hier am Ort. Es kommt uns doch auf die Stärkung der heimischen Wirtschaft an.

Frau Berger kommt herein.

Frau Berger: Herr Bürgermeister, es ist zwar gleich Mittag. Aber ein Herr Scholtissek steht bei mir im Zimmer. Er behauptet, in Ihrer Nachbarschaft zu wohnen. Er ist sehr verstört, er wirkt völlig durcheinander. Ob da etwas passiert ist?

Bürgermeister: Schicken Sie ihn herein.

Frau Berger ab. Scholtissek tritt ein.

Scholtissek: Herr Bürgermeister! Helfen Sie mir bitte! 30 Jahre Arbeit. Alles weg. Was soll ich denn nur machen. Ich bin erledigt.

Bürgermeister: Ja, was ist denn nur passiert, Herr Scholtissek. Nun beruhigen Sie sich erst einmal. (Pause) Sprechen Sie, Herr Scholtissek.

Scholtissek: Mir wurde gekündigt. Ich kann mein Haus nicht mehr bezahlen. Die Stadt hat doch immer ein Vorkaufsrecht. Ein halbwegs gerechter Verkaufserlös würde mir vielleicht helfen. Könnten Sie da nicht … ?

Bürgermeister: Lieber Herr Scholtissek, lassen Sie uns später einmal in Ruhe darüber nachdenken. Zunächst möchte ich Ihnen sagen, wie entsetzt ich bin. Sie gehörten doch seit Jahrzehnten zur Stammbelegschaft bei Dr. Wittler.

Scholtissek: Ja, fast 30 Jahre bei Wittler. Jetzt bin ich 50 Jahre alt. Seit einer Woche bin ich nun schon arbeitslos. Meine Frau weiß immer noch nichts davon. Ich stehe wie immer zur gewohnten Zeit auf, schlage mir die Zeit um die Ohren und bin dann zur gewohnten Zeit wieder zu Hause. Ich kann es meiner Frau einfach nicht sagen.

Bürgermeister: Herr Scholtissek, wegen Ihrem Haus kann ich leider nichts tun. Sie wissen ja, die Krise. Aber was halten Sie davon, wenn wir gemeinsam zu ihrer Frau gehen. Gemeinsam schaffen wir das schon. Gehen Sie bitte schon einmal auf den Flur. Ich komme gleich nach.

Scholtissek geht ab.

Bürgermeister: (ruft:) Frau Berger!
Frau Berger erscheint

Frau Berger: Ja, bitte.
Bürgermeister: Ich gehe jetzt zu Tisch. Vorher bringe ich Herrn Scholtissek nach Hause. Er wohnt tatsächlich nicht weit von mir. Wie wenig man doch von den Mitmenschen weiß.

Frau Berger: Aber Herr Bürgermeister, am Telephon habe ich gerade Direktor Rennemann von der Sparkasse. Soll ich durchstellen?

Bürgermeister: Selbstverständlich doch. Aber sagen Sie Herrn Scholtissek noch, dass ich im Augenblick absolut verhindert bin und ihn doch nicht nach Hause bringen kann. Meine Pflichten. Sie sehen ja.

Vorhang
[Song: Die Politiker sagen, sie müssen die Menschen mitnehmen ]


 

Im Wartebereich 1

Im Wartebereich der Arge. Ein Schild: „Wartebereich Team 08 – 15“ und Arbeitsamtslogo. Im Hintergrund läuft die ganze Zeit eine Warteschleifenmelodie mit kurzen eingespielten Ansagen: „Liebe Arbeitslose …“ (Erst laut, während der Dialoge leiser).
Ein Schild wird über die Bühne getragen: „1 ½ Jahre später“. Scholtissek sitzt bereits auf einem Stuhl. Fritze kommt herein.

Fritze: (mit ratlosem Achselzucken:) Nichts zu machen.

Scholtissek: Wieso?

Fritze: Früher habe ich zu mir gesagt: Fritze, sei vernünftig, du hast noch nicht alles versucht. Aber kannste dir das vorstellen? Mindestens 300 Bewerbungen habe ich bis heute geschrieben. Und meine ganzen Ein-Euro-Jobs haben auch nichts geholfen. Vor kurzem ham se mir ein Praktikum angedreht. Da hab ich noch nicht mal nen Euro pro Stunde für gekriegt. Wo gibts denn sowas?

Scholtissek schweigt, es entsteht eine kurze Pause

Fritze: (blickt ins Publikum) Heitere Aussichten! (Reicht Scholtissek die Hand): Ich bin Fritze.

Scholtissek:
Scholtissek
Sie schütteln die Hände. Kurze Pause

Fritze: Biste zum ersten mal hier? Ich habe dich hier noch nie gesehen?

Scholtissek: Ja. Arbeitslosengeld I ist abgelaufen. Keine neue Arbeit gefunden. (Fächelt sich Luft zu, stöhnt. Es ist offensichtlich zu stickig) Komm, wir gehen an die frische Luft. Da reden wir weiter.

Fritze:
Wir können nicht.

Scholtissek: Warum nicht?

Fritze: Wir warten, bis wir dran kommen. Sonst kriegen wir noch ne Kürzung reingewürgt.

Scholtissek: (Schaut auf ein Türschild:) Ist das hier auch die richtige Stelle?

Fritze: Man muss vor diesem Schild warten.

Sie betrachten das Schild

Fritze: (Beruhigend:) Stimmt schon.

Pause

Fritze: Ob der Aufschwung jemals bei uns ankommt?

Pause

Fritze: (Entschlossen:) Ich komm so lange wieder, bis der Aufschwung kommt! Vielleicht kommt er morgen hier an.

Scholtissek: Vielleicht.

Fritze: Bis er kommt!

Pause

Fritze: Neulich soll ihn jemand in Bielefeld (bzw. andere benachbarte größere Stadt des Spielortes) gesehen haben. Warum ist er noch nicht hier?

Scholtissek: Vielleicht haben die in Bielefeld (s.o.) sich getäuscht.

Pause

Fritze: (ungehalten und laut werdend:) Wann geht es hier denn endlich weiter? Mensch, was sollen wir jetzt machen?

Scholtissek: Warten.

Kurze Pause

Scholtissek: Oft hier?

Fritze: Alle paar Tage. Und weißte auch warum?

Scholtissek zuckt mit den Achseln

Fritze: Scholtissek, pass hier bei denen bloß auf. Die wollen dauernd irgendwelche Dokumente und Nachweise von dir haben. Schick denen nichts mit der Post! Und steck hier nichts in den Briefkasten. Dauernd geht hier was verloren. Und dann heißt es, sie können Dir kein Geld zahlen, weil wichtige Papiere fehlen. Ich geb alles nur noch persönlich ab und lass mir die Annahme bestätigen. Die haben hier irgendwo ein schwarzes Loch in ihrem Büro, in dem die Sachen verschwinden.

Scholtissek: Bermuda-Dreieck.

Fritze: Oder so.

Pause

Fritze: Scholtissek, du bist doch nicht ortsgebunden?

Scholtissek:
Was?
Fritze: Ich frage, ob du gebunden bist. Ortsgebunden.

Scholtissek: Ne. Meine Frau hat mich verlassen. Meine Tochter studiert

Pause

Auftritt Dr. Wittler. Er hat zwei abgeschraubte Pkw-Kennzeichen unter dem Arm. Scholtissek guckt erst erstaunt, dreht sich dann weg und versteckt sich hinter einer Zeitung.

Fritze: Hallo. Sind Sie vielleicht der Aufschwung?

Dr. Wittler: (Schaut sich erst um, als könne jemand hinter ihm gemeint sein. Dann zu Fritze:) Was?

Fritze: Na der Aufschwung. Die Merkel hat gesagt, der Aufschwung wäre unten angekommen. (Ganz kurze Pause) Also hier ist nix angekommen. (Schaut unter seinen Stuhl)

Dr. Wittler: Der Aufschwung unten angekommen? Ja, so kann man es auch sagen. Jetzt ist er wirklich unten angekommen. Tiefer kann er kaum noch sinken.

Pause

Dr. Wittler: (Merkt, dass Fritze seinen Scherz nicht verstanden hat): Mensch, wo leben Sie denn? Der Aufschwung ist schon längst vorbei. Wir befinden uns mitten in einer Krise! Meine Firma hat selbst zu kämpfen. Jetzt will ich mir wenigstens die Verschrottungsprämie für mein altes Auto abholen (zeigt die beiden Autoschilder vor)
.
Fritze: Hartz-IV-Empfänger kriegen keine Verschrottungsprämie.

Dr. Wittler: Wie meinen Sie das?

Fritze: Die gilt als (Fritze spricht übertrieben gestelzt:) „Einmaliges Einkommen“ und wird angerechnet. Hamse beim Bundesarbeitsministerium gesagt. Jetzt bist du aber echt gelackmeiert.

Dr. Wittler: Hartz IV? Gelackmeiert? Wieso denn?

Fritze: Kapierst du’s denn nicht? Jetzt biste deinen alten Wagen los und kriegst nichts dafür!

Dr. Wittler: Ist das hier denn nicht das Straßenverkehrsamt?

Fritze: Ne, das hier ist das Kreiswehrersatzamt und wir wollen uns für Afghanistan bewerben! (Pause) Mann, dass hier ist die ARGE!

(Dr. Wittler schaut Fritze verständnislos an).

Fritze: (Ungeduldig:) DIE HARTZ IV-STELLE !!!

Dr. Wittler: (Geht eilig ab) Ich will doch bloß zum Straßenverkehrsamt.

Fritze: Mann. Leute gibt es hier. Kriegt 2.500 Euro für seine alte Karre. Weißt du, wie lange mein Sohn auf ein Kinderrad für 50 Euro sparen muss, mit dem pauschalen Hartz-IV-Satz? Genau sieben Jahre und sieben Monate! Was soll er dann noch mit nem Kinderfahrrad?

Scholtissek: (Dreht sich wieder zurück:) Den kenne ich.

Fritze: Echt? Den da?

Scholtissek: War mal mein Chef. Hat mich vor 18 Monaten rausgeworfen.

Fritze: Ob DER wohl jemals hier sitzen muss?

Kurze Pause

Fritze: Reizender Nachmittag. Wie im Theater.

Scholtissek: Wie im Zirkus!

Kurze Pause

Fritze: Komm, wir gehen.

Scholtissek: Wir können nicht.

Fritze: Warum nicht?

Scholtissek: Wir müssen doch warten bis wir drankommen

Fritze: Ach ja.

Kurze Pause

Fritze: Weißt du eigentlich, wie lange ich hier auf den Aufschwung gewartet habe? Und jetzt isser einfach vorbei.

Experte: (Aus dem Off) Meine Herren!

Fritze und Scholtissek schauen in die Richtung, aus der die Stimme kam. Der Experte tritt auf. Unter seinem Arm ein Klemmbrett, auf dem deutlich eine statistische Kurve zu erkennen ist.

Fritze: Wer sind Sie denn?

Experte: Ich bin Dr. UFO vom Sinnlos-Institut. Äääähhh (neu ansetzend:) Ich bin Dr. Unsinn vom UFO-Institut. Ich soll hier im Arbeitsamt Herford (bzw. Name des Spielortes) einen Vortrag über den Konjunkturverlauf halten. Bin ich hier richtig in der Direktion?

Fritze: Schon möglich. Um was geht es denn bei Ihrem Vortrag?

Experte: Ich habe herausgefunden, dass wir uns in einer Krise befinden. In einer tiefen Krise. Ja fast möchte ich sagen – bei aller gebotenen Vorsicht – in einer AUSSERGEWÖHNLICH tiefen Krise. (Hält das Klemmbrett hoch und zeigt bedeutungsvoll auf die statistische Kurve). Die Lage ist schlecht. Aber es gibt erste Lichtblicke. Das Ende des Absturzes ist schon in Sicht. Die Notenbanken werden der Wirtschaft unter die Arme greifen. Die Rettungsmaßnahmen und Konjunkturpakete werden bald schon Wirkung zeigen. Und dann kommt bald alles wieder in Schwung. Bald schon kommt der nächste Aufschwung. Ganz bestimmt! Er darf jetzt nur nicht kaputtgeredet werden.

Fritze: Ist das alles?

Experte: Nun, es bedarf natürlich noch einiger Reformen. Wie ein Kollege von mir aus Chemnitz ganz richtig festgestellt hat, liegen die Sätze für die Unterstützung Langzeitarbeitsloser zu hoch. VIEL zu hoch. Ja! Ich sage immer: Nach der Reform ist vor der Reform!

Fritze: Arbeiten Sie für die Wirtschaft?

Experte: Ja selbstverständlich! Ich bin doch Experte!

Fritze: So wie Ihr Kollege Thiessen aus Chemnitz? Der uns mit 132 Euro im Monat praktisch alle auf Wasser und Brot setzen will? Dem seine Professur wird übrigens von der Commerzbank bezahlt. (kurze Pause) Wem liegen SIE denn auf der Tasche?

Experte: Aber ich bitte Sie. Niemand will die Angestellten der Bundesagentur für Arbeit auf Brot und Wasser setzen. Ich erforsche die Wachstumsindikatoren. Irgendjemand muss das doch machen! Das ist doch wichtig!

Fritze: Und? Wer bezahlt das?

Experte: Die Politik. Und führende Wirtschaftsunternehmen. Alles ganz seriöse Auftraggeber.

Fritze: Seriös? Das ich nicht lache! Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!, sage ich immer. Ach ja: Wir sind übrigens keine Angestellten.

Fritze u. Scholtissek zusammen: Wir stehen hier bloß an!

Der Experte: (Geht ab, bemüht Haltung zu bewahren) Das geht ja hier zu wie auf einem Basar!

Fritze: Heute laufen hier wohl nur Bekloppte rum.

Der Wartegong ertönt. Beide schauen nach oben (zur Anzeige), dann auf ihre Wartemarken. Scholtissek ist dran. Er steht auf.

Scholtissek: Ich bin dran. Alles Gute.

Fritze: Machs gut, Scholtissek. Wir sehen uns.

Scholtissek geht ab.
Vorhang
[Song: Miese Zeiten]


 

Beim Fallmanager

Der Fallmanager sitzt am Tisch. Auf dem Tisch Aktenordner, Computerbildschirm und -tastatur, ein Telefon. Das Telefon klingelt.

Fallmanager: Ja, am Apparat. Guten Morgen, Herr Geschäftsführer. (deutet eine leichte Verbeugung an, nimmt anschließend eine Haltung wie ein beflissener Schüler ein, der vergangenen Unterrichtsstoff wiedergibt) Ja, selbstverständlich kenne ich die Vorgaben aus Nürnberg. Und natürlich kann ich mich noch an unsere letzten Zielvereinbarungen erinnern. Sparen, Kosten senken, die Statistik sauber halten. Aber ich tue schon, was ich kann. (kurze Pause) Nein, nein. Alles wie wir besprochen haben. Ich führe es genauestens aus: Ich habe in diesem Monat schon fünf Personen verweigert, ihren Antrag entgegen zu nehmen. Ich beschränke die Beratung auf ein Minimum. Wer nicht nach seinen Rechten fragt, bekommt nichts. Ich verzögere Auszahlungen so weit wie möglich, ja (kurze Pause, in welcher der Fallmanager immer kleiner und demütiger wird). Sie meinen, das reicht noch nicht? Nein, ich glaube nicht, dass der Kollege Blocker mir zeigen kann, wie man es macht. Der hat ja schon Pfefferspray hinter dem Monitor stehen, immer in Griffweite. Und er musste es auch schon wiederholt anwenden … Ja, natürlich, Herr Geschäftsführer. Ich werde mir Mühe geben. Ja.
Legt auf. Scholtissek tritt ein.

Fallmanager: Guten Tag, Herr Scholtissek. Bitte nehmen Sie Platz. Wissen Sie, weshalb ich Sie einbestellt habe?

Scholtissek: Warum habe ich diesen Monat kein Geld bekommen?

Fallmanager: Ja, ich habe Sie sanktionieren müssen. Sie haben eine Pflichtverletzung begangen, indem Sie ohne wichtigen Grund das Praktikum nicht angetreten haben, in das ich Sie vermittelt habe.

Scholtissek: Aber die haben mir am Telefon gesagt, dass ich für die Arbeit nicht infrage käme!

Fallmanager: Sie haben also angerufen, statt sich persönlich vorzustellen?

Scholtissek: Ja.

Fallmanager: Sie sollten sich aber persönlich vorstellen. Dadurch, dass Sie nur angerufen haben, haben Sie die Arbeitsaufnahme vereitelt. Ich habe hier die Aussage des Personalchefs, den ich natürlich meinerseits angerufen habe; und er hat mir gesagt, Sie hätten kein Interesse an der Arbeit gezeigt.

Scholtissek: Das ist nicht wahr!

Fallmanager: Sie hätten sich persönlich vorstellen müssen, das ist der entscheidende Punkt.

Scholtissek: Außerdem habe ich nicht die leiseste Chance, nach Beendigung der drei Monate eingestellt zu werden. Die haben mir klipp und klar gesagt: Nein!

Fallmanager: Das ist auch kein wichtiger Grund, das muss Ihnen doch schon Ihr gesunder Menschenverstand sagen. Wenn Sie nicht spuren, werden Sie den Rinnstein mit einer Zahnbürste putzen!

Kurze Unterbrechung: Jemand überquert die Bühne mit einem großen Schild: DAS WAR EIN ORIGINALZITAT!

Stimme: (Außerhalb der Bühne) Moment, was genau war das Zitat?

Fallmanager: (Zitiert:) „Das ist auch kein wichtiger Grund, das muss Ihnen doch schon Ihr gesunder Menschenverstand sagen. Wenn Sie nicht spuren, werden Sie den Rinnstein mit einer Zahnbürste putzen!“

Scholtissek: Was bekomme ich eigentlich für ein Praktikum bezahlt?

Fallmanager: Nichts. Dafür ist es ja ein Praktikum. Sie sollen wieder an regelmäßige Arbeit gewöhnt werden.

Scholtissek: Aber ich habe 30 Jahre lang regelmäßig gearbeitet. Ich stehe aus lauter Gewohnheit noch jeden Morgen um 6 Uhr früh auf. (Pause) Es gibt nicht mal Fahrtkosten?

Fallmanager: Natürlich nicht. Dafür bekommen Sie ja Ihren Regelsatz. Teilen Sie den durch die Arbeitsstunden, dann kommen Sie auf einen ganz hübschen Stundenlohn!

Scholtissek: (klagend) Und das nach 30 Jahren Arbeit bei Dr. Wittler! Wer will mich denn noch in meinem Alter?

Fallmanager: Ich würde ja auch lieber morgens im Bett liegen bleiben und Fernsehen gucken…!

Kurze Unterbrechung: Jemand überquert die Bühne mit einem großen Schild: DAS WAR EIN ORIGINALZITAT!

Stimme: Das Zitat noch mal bitte!

Fallmanager: (Zitiert:) „Ich würde auch lieber morgens im Bett liegen bleiben und Fernsehen gucken!“ (Wieder im Normalton:) Aber ich habe gleich eine neue Arbeit für Sie: als Praktikant in einer Lackiererei.

Scholtissek: Aber …

Fallmanager: Sie weigern sich? Gut, ich werde eine Sanktion über weitere 30 % festsetzen. (Tippt was in seinen Computer ein)

Scholtissek: Warten Sie! Ich werde auf jeden Fall bei der Firma anrufen und mich nach den genauen Bedingungen erkundigen.

Fallmanager: Jetzt hören Sie doch endlich auf mit Ihrer Anruferei!

Scholtissek: Okay, okay, ich stelle mich PERSÖNLICH vor.

Fallmanager: Schon zu spät, ich habe die Sanktion schon eingegeben, ich kann das jetzt nicht mehr ändern. Das hätten Sie sich früher überlegen müssen.

Kurze Unterbrechung: Jemand überquert die Bühne mit einem großen Schild: DAS WAR EIN ORIGINALZITAT!

Stimme: Wie war das noch mal?

Fallmanager: (Zitiert:) „Schon zu spät, ich habe die Sanktion schon eingegeben, ich kann das jetzt nicht mehr ändern. Das hätten Sie sich früher überlegen müssen.“ (Im Normalton:) Aber ich habe selbstverständlich noch eine andere Beschäftigungsmöglichkeit für Sie (blättert in seinen Papieren) Einschweißen von Paletten mit Zeitschriften in einem Lager in Brackwede (bzw. andere Nachbarstadt des Spielortes). Die Leute haben bisher Ausländer beschäftigt, aber der Zoll hat zu viele Kontrollen gemacht und ihnen alle Arbeiter weggenommen.

Scholtissek: Aber …

Fallmanager: Sie weigern sich schon wieder? Ich gebe gleich eine dritte Sanktion ein (triumphierend:) Damit sind Sie um 100 % gekürzt, Sie haben kein Anrecht mehr auf Mietzahlung und Krankenversicherung, und aus der Statistik fallen Sie sowieso raus. (Tippt was in seinen Computer ein).

Scholtissek: (Murmelt, ganz verzweifelt) Dann kann ich mich gleich vor den Zug werfen!

Fallmanager: (Aufmerksam geworden) Was sagten Sie? (schnüffelt) Sagen Sie mal, Sie haben doch nicht etwa Alkohol getrunken?

Scholtissek: Aber wo denken Sie hin!

Fallmanager: Nein, in allem Ernst: Haben Sie in der letzten Zeit häufiger Alkohol getrunken?

Scholtissek: Nein, jedenfalls nicht häufiger als früher!

Fallmanager: Hören Sie, Sie können das doch ruhig zugeben! Aber sehen Sie, ich habe da was für Sie: eine Alkohol-Entwöhnungs-Therapie. Wenn Sie die mitmachen, kann ich auch die Sanktionen wieder aufheben. Wäre das nicht was für Sie?

Scholtissek: Was wollen Sie mir denn da anhängen? Das schadet doch meinem Ruf! (Schreit): ICH BIN NICHT ALKOHOLKRANK!

Fallmanager: (Eingeschüchtert) Schweigen Sie, sonst rufe ich den Sicherheitsdienst!

Scholtissek: (Nun erst recht) ICH BIN NICHT ALKOHOLIKER! Und ich werde mir das Leben nehmen!

Fallmanager: (Wieder ruhiger) Interessant. (Blättert in seinen Akten) Das bedeutet: Sie sind ein Fall für eine Psychotherapie. Wir haben hier ein Programm … Also, ich schicke Sie erst mal zum Amtsarzt, der wird Sie krank schreiben und Ihnen eine Psychotherapie verordnen. Und dann sehen wir weiter.

Scholtissek: (Brüllt) ICH BIN KEIN FALL FÜR DIE PSYCHIATRIE! ABER SIE MACHEN MIR DAS LEBEN ZUR HÖLLE MIT IHREN SCHIKANEN! SIE ZWINGEN MICH ZUM ÄUSSERSTEN!

Scholtissek versucht, sich selbst zu erwürgen. Der Fallmanager versucht ihn abzuhalten.
Es gelingt ihm nicht.

Fallmanager: (Laut) HILFE !!!

Die Tür springt auf, ein Sicherheitsbeamter wirft sich auf Scholtissek, nimmt ihn in den Polizeigriff und führt ihn aus dem Raum.

Scholtissek: (Brüllt) NEIN! NICHT! ICH BIN KEIN ALKOHOLOKER! (usw.)

Vorhang.
[Song: Sklavenhändler]


 

Beim Bürgermeister 2

Bühnenbild wie bei „Beim Bürgermeister 1“, ev. alles etwas unordentlicher. Der Bürgermeister ist allein im Zimmer, aus dem Nebenzimmer läuft Musik aus dem Radio

Bürgermeister: (Schaut konzentriert in ein Papier, spricht für sich:) Wie soll man nur all die Bedürftigen durchbringen? Es gibt einfach zu viele. Was sollen wir denn noch alles beim Sozialdezernat wegkürzen?

Radio: (Laut aus dem Nebenzimmer): Die aus dem Atomkraftwerk Grohnde verschwundenen Brennstäbe sind noch nicht wieder aufgetaucht. Aus Polizeikreisen wurde verlautbart, dass ein Ring von Plutoniumschmugglern hinter den Vorgängen stecken könnte. (kurze Pause) Wie soeben aus Paris gemeldet wird, dauern die schweren Unruhen, trotz Einsatz des Militärs weiter an und fordern neuerdings Opfer. Ursprünglich sind sie von den Vororten ausgegangen. Mittlerweile sind die Aufständischen bis in die Pariser Innenstadt vorgedrungen und haben dort zahlreiche Autos in Brand gesteckt.
(Der Song „Ob wir sparen oder nicht ist egal“ wird laut im Radio abgespielt)

Bürgermeister: Frau Berger, stellen Sie doch bitte das Radio leiser. (keine Reaktion) Frau Berger? FRAU BERGER !!! (Bürgermeister verlässt die Bühne)

Herr Artist tritt auf. Er hält sich die Nase zu. In der anderen Hand hält er einige rote Formulare. Er nimmt die Hand von der Nase, nimmt vorsichtig einen Atemzug. Die Luft ist offenbar gut und Artist nimmt einen tiefen Atemzug. Er schaut sich um und bemerkt, dass er allein ist. Währenddessen wird das Radio abgestellt. Kurz darauf kommt der Bürgermeister zurück.

Bürgermeister: (leicht erschrocken über Artists Anwesenheit:) Oh, Herr Artist. Guten Tag. Hat Frau Berger Sie nicht aufgeha… Ich meine … ich wusste gar nicht, dass wir heute einen Termin haben. (Schnüffelt auffällig herum. Bemerkt, dass offenbar ein unangenehmer Geruch von Herrn Artist ausgeht, schnüffelt an ihm, schreckt leicht zurück). Ach, Sie kommen gerade von draußen. Es ist schrecklich. Seit Wochen streiken nun schon die Angestellten der Entsorgungsfirmen.

Artist: Wir haben auch keinen Termin, Herr Bürgermeister. Es ist nur so … Seit Monaten versuche ich bei Ihnen vorzusprechen, und immer waren Sie verhindert. Herr Bürgermeister, ich komme in einer Angelegenheit, die mir wirklich sehr am Herzen liegt. Sie erinnern sich doch noch an unser Gespräch? (Bürgermeister signalisiert Unverständnis) Damals, vor ungefähr zwei Jahren. Sie wissen doch noch … Das angedachte Kunstprojekt … Der Hartz-IV-Empfänger als Opfer unserer Zeit … Ich brauche nur noch Ihre Unterschrift. (hält dem Bürgermeister die roten Formulare hin, die dieser aber nicht annimmt, so dass Artist sie wieder zurückziehen muss).

Bürgermeister: (Endlich fällt der Groschen) Mein lieber Herr Artist, aber NATÜRLICH erinnere ich mich daran. Aber Sie sehen ja, was hier los ist. Verstehen Sie bitte die Lage der Stadt. Mir sind die Hände gebunden. Seit wir unter der Haushaltsaufsicht von Detmold (bzw. Regierungsbezirk des Spielortes) stehen, habe ich praktisch keinen Spielraum mehr.

Artist: Aber die Angelegenheiten der Kunst waren doch früher kein Problem für unsere Stadt. Das ist doch noch nie am Geld gescheitert!

Bürgermeister: Herr Artist! Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass sich die Lage vollkommen geändert hat. Die neuen Finanzierungsregeln, die zur langfristigen Bekämpfung der Wirtschaftskrise erlassen wurden, sind auch an uns nicht spurlos vorüber gegangen. Früher, da konnten wir einfach eine GmbH gründen, die Negativ-Salden

Artist: (fällt dem Bürgermeister ins Wort) Negativsalden?

Bürgermeister: Ich meine die Kosten (leiser werdend) und die Schulden (wieder normal sprechend) Also, wir konnten kurz und gut bestimmte negative Haushaltposten auf eigens gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung übertragen. Dadurch erschien der Haushalt in einem günstigen Licht, und wir konnten viele sehr ambitionierte Projekte unterstützen. Aber das ist jetzt vorbei. Jetzt ist Transparenz das höchste Gebot. Jeder Posten, ob positiv, ob negativ muss klipp und klar angegeben werden. Da gibt es kein Tricksen und kein Entrinnen mehr. Und jetzt stehen wir noch dazu unter Haushaltsaufsicht. Damit sind wir jetzt praktisch ein Anhängsel des Regierungsbezirks Detmold. Jedenfalls so lange es den noch gibt. Der soll auch bald eingespart werden. Dann werden wir direkt Düsseldorf (bzw. der Landeshauptstadt des Spielortes) beaufsichtigt. Aber wie dem auch sei, Herr Artist: Mir sind die Hände gebunden. Kurz und gut: Für die Kunst sehe ich fürs erste schwarz.

Artist: Aber Herr Bürgermeister. Meine Privatkunden sind mir weggebrochen wie die Fliegen. Ich meine, sie sind gestorben wie die Dominosteine (?) oder … (fast flehend) Herr Bürgermeister …

Bürgermeister: Ja mein lieber Herr Artist, wir müssen alle sehen, wo wir bleiben. Selbst bei der Sparkasse haben wir Leute entlassen müssen. Viele waren dort Jahrzehnte bei der Arbeit. Männer und Frauen, die ihre Pflicht erfüllt haben. Wie wir alle. Auch die wissen jetzt nicht, wie sie ihre Familien durchbringen sollen. Uns allen kann schon morgen der Gang zum Arbeitsamt bevorstehen. Was soll ich denn machen? Der Kunstetat ist ja nicht als einziger betroffen. Die Stadt spart auch bei den Kindergärten und den Spielplätzen. Und von einem Sozialetat kann praktisch keine Rede mehr sein. Bei den Schulen kommen Teile der Decke herunter. Letzte Woche erst ist eine Turnhalle eingestürzt. Zum Glück mitten in der Nacht, so dass niemand zu schaden kam. Wir mussten bereits einige Schulen schließen lassen.

Der Bürgermeister macht Anstalten, Herrn Artist aus dem Zimmer zu bewegen, da taucht überraschend Dr. Wittler auf. Dr. Wittler hält sich die Nase zu. Er will zum Fenster stürzen, um es zu öffnen.

Bürgermeister & Artist: (Durcheinander) Gernot, lass bloß das Fenster zu! / Um Gottes Willen, lassen Sie das Fenster zu!

Dr. Wittler: Entschuldigen Sie bitte, meine Herren. Meine Handlung war unüberlegt. Aber der Gestank in den Straßen ist geradezu bestialisch. Zustände sind das. Wie damals in Neapel.

Bürgermeister: Ja, die Müllwerker. Ich weiß. Die Stadt ist mit den Überweisungen im Rückstand.

Dr. Wittler: Aber wir haben doch so viele Arbeitslose. Können die denn nicht die Straßen sauber halten? Das haben die doch früher auch schon getan.

Bürgermeister: Wie Du vielleicht weißt, ist die Arbeitslosen-Aktivierungs-Zentrale kürzlich von Betroffenen besetzt worden. Von dort gingen die Reinigungsaktivitäten immer aus. Außerdem befinden sich dort sämtliche Geräte. Wir mussten sogar MARTa (bzw. das jeweilige lokale Renommierobjekt des Spielortes) bis auf weiteres schließen. Die Ein-Euro-Jobber kommen dort einfach nicht mehr zur Arbeit. Und ohne die kann der Laden einfach nicht am Laufen gehalten werden. Was führt dich denn zu mir, Gernot?
Im Laufe des folgenden Gesprächs zieht sich Artist immer weiter in den Hintergrund zurück, um nicht hinaus gewiesen zu werden. Er hält immer noch seine roten Formulare in der Hand und hantiert gelegentlich verlegen mit ihnen. Die beiden anderen Herren beachten Artist nicht weiter.

Dr. Wittler: Tja, Benno. Du weißt, dass es meiner Firma nicht besonders gut geht. Wenn es so weiter geht, werde ich noch Insolvenz anmelden müssen. Die Aufträge gehen zurück. Die Privatkunden brechen weg und vom Ausland ist sowieso nichts mehr zu erwarten. Da wollte ich dich fragen, ob nicht vielleicht ein Auftrag der Stadt …

Bürgermeister: Mein lieber Gernot. Wie du vielleicht weißt, stehen wir seit kurzem unter Finanzaufsicht. Die Stadt nimmt kaum noch Gewerbesteuer ein. Reisebüros, Boutiquen, Friseure – alle gehen pleite, weil die Leute lieber zu Hause bleiben, die Sachen selber machen und sparen. Von deiner Firma ist ja auch schon lange nichts mehr gekommen. Du zahlst seit Monaten keine Steuern mehr. Außerdem mussten wir sämtliche städtischen Sondergesellschaften auflösen und deren Etats – besser gesagt deren Schulden – wieder der Stadtkasse zurechnen. Das hat uns das Genick gebrochen. (Überlegt kurz) Da gäbe es zwar noch die Sonderzuschüsse aus dem Konjunkturpaket, aber die sind zweckgebunden und dürfen nur für Bildung und Infrastruktur ausgegeben werden. Und solche Sachen stellt deine Firma ja leider nicht her.

Dr. Wittler: Aber Benno, kann man denn da gar nichts machen?

Bürgermeister: Es tut mir sehr leid. Ich rechne jeden Tag mit einer Rechnungsprüfung. Und die wird nicht die einzige bleiben. Die in Berlin scheinen wirklich ernst zu machen mit der Finanzaufsicht. Zumindest bis zu den Wahlen. Was danach kommt, wird man sehen.

Dr. Wittler: Das sind ja wirklich schlechte Nachrichten. Aber Benno, ich habe da noch etwas ganz anderes. Sicher hast du schon mitbekommen, was sich zur Zeit im Nordviertel tut.

Bürgermeister: Ich weiß, die Hausbesitzer im Nordviertel sind sehr besorgt. Der Leiter der städtischen Wohnungsbaugesellschaft hat mir mitgeteilt, dass die Immobilienpreise dort ins Bodenlose fallen.

Dr. Wittler: Es ist noch viel schlimmer. Wer dort ein Haus hat, will verkaufen. Zu jedem Preis. „Wieso?“, habe ich einen von ihnen gefragt, den ich gut kenne. Und da erzählt er mir, wie er zu einem Mieter ging, um ihn wegen ausbleibender Mietzahlungen zur Rede zu stellen. Was sein gutes Recht ist! Weißt du, was der Mieter gemacht hat? Hält ihm ein großes Küchenmesser unter die Nase und grinst ihn an.

Bürgermeister: Schrecklich. Wenn jeder einfach tun und lassen würde, was er wollte. Aber ich kann da nicht viel machen. Seit dort ein Streifenwagen demoliert wurde, wagt sich die Polizei kaum noch in die Gegend.

Dr. Wittler: Deswegen bin ich hier. (zieht einige blaue Formulare hervor). Benno, wir müssen verhindern, dass solche chaotischen Zustände auch in den anderen Vierteln Einzug halten. Deswegen beantragt unsere Stadtteilgemeinschaft Radewig (bzw. ein zentrales Viertel des Spielortes), den Zugang zu ihrem Viertel nur noch den Anwohnern und anderen zweifelsfreien Personen zu gestatten.

Bürgermeister: Ich verstehe nicht ganz.

Dr. Wittler: Ich und die anderen Bewohner planen, unser Viertel mit einer Schutzanlage zu umgeben. Sieh mal, Benno (hält dem Bürgermeister die Formulare unter die Nase), das hier ist die Radewig (bzw. lok. Pendant). Unter Einbeziehung der mittelalterlichen Grabenanlage ist es gar nicht so schwierig. Wir müssen nur hier, hier und hier eine Mauer ziehen und einen Wachschutz an diesen Brücken und diesen Durchgängen aufstellen. Das ist gar nicht so teuer. Außerdem geht das doch bestimmt als Infrastrukturmaßnahme durch, oder? Dafür hat die Stadt doch das Geld.

Bürgermeister: (Schaut sich den Plan an:) Hm. Da könnte man sicher etwas machen. Und mein Haus wäre auch noch im geschützten Bereich? (Dr. Wittler nickt) Viele Ratsmitglieder würden ebenfalls profitieren, sei es als Anwohner, sei es als Betreiber von Baufirmen. Ich denke, da könnte man etwas machen.

Frau Berger: (stürzt ins Zimmer, aufgeregt:) Herr Bürgermeister, Herr Bürgermeister. Der Polizeidirektor ist am Telefon. Im Arbeitsamt brennt es. Er fragt, ob wir Verstärkung von den Feuerwehren der Nachbarstädte anfordern sollen.

Bürgermeister: Lassen sie mich ans Telefon.

Frau Berger, der Bürgermeister und Dr. Wittler stürzen aus dem Zimmer. Die blauen Formulare bleiben auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters liegen. Herr Artist geht langsam zum Schreibtisch, schaut sich dabei immer wieder verlegen um. Dann mischt er hastig seine roten Formulare unter die blauen von Dr. Wittler. Anschließend geht er langsam wieder auf seinen alten Platz zurück.

Bürgermeister: (Außerhalb der Bühne:) Ja Herr Polizeidirektor. Selbstverständlich muss die Feuerwehr Verstärkung anfordern. Handeln Sie! Handeln sie schnell!

Dr. Wittler und der Bürgermeister kommen zurück.

Bürgermeister: Also das kann ich kaum fassen. Jetzt machen sich die Rebellen sogar schon hier in unserer Stadt breit. Nicht genug, dass sie Läden plündern und Spielsalons überfallen. Jetzt machen sie nicht einmal mehr vor der Zerstörung öffentlicher Gebäude halt.

Dr. Wittler: Rebellen? Ist das nicht etwas übertrieben?

Bürgermeister: (Gerät immer mehr in Rage) Es sind Feinde des Gesetzes. Feinde der Ordnung. Wie würdest du das denn nennen?

Artist: (Zum Publikum) Und was, wenn es an der Ordnung liegt? Wenn sie nicht mehr lebbar ist? Wenn sie nicht mehr funktioniert?

Dr. Wittler: Nun ja …

Bürgermeister: Vielleicht hatte der Innenminister doch recht. Da wird jeder Verdächtige sorgsam und oft über Jahre hinweg beobachtet. Wir haben den neuen Ausweis mit Fingerabdruck. Und trotzdem werden die Leute immer rebellischer. Selbst in unserem Land. SELBST IN UNSEREM LAND! Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, alles zu tun, was in unseren Kräften steht, um die Vandalen in ihre Schranken zu verweisen.

Dr. Wittler: Na ja, noch brennt das Regierungsviertel nicht, so wie in Paris oder Athen. Hast du die Bilder im Fernsehen gesehen? Selbst der Eiffelturm war in Rauch gehüllt. Benno, wenn du alles tun willst, was in deiner Macht steht, dann unterschreib doch jetzt bitte diese Formulare hier.

Bürgermeister: (Unterschreibt nach und nach sämtliche Formulare auf seinem Schreibtisch, blaue wie rote.

Dr. Wittler und Herr Artist recken die Hälse und schauen ihm dabei zu. Währenddessen redet der Bürgermeister weiter:) Jeder hat die Möglichkeit, sich auf ehrliche Art und Weise hochzuarbeiten! Ich verstehe das nicht, warum alle verrückt spielen. Die Leute sollen miteinander reden und zusammenhalten. Gemeinsam können wir das schaffen. Wenn die Leute anständig arbeiten gehen würden, dann hätten sie gar keine Zeit für solchen Unsinn.

Artist: (Zum Publikum) Und was, wenn es keine Arbeit mehr für alle gibt? Was dann?

Bürgermeister: (Er ist fertig mit den Unterschriften). So, das müsste jetzt noch von Frau Berger mit einem Eingangsstempel versehen und abgelegt werden. (Laut:) Frau Berger? (Keine Reaktion) Frau Berger? (leiser) Seit die ganze Welt verrückt spielt, sitzt Frau Berger fast nur noch vor dem Radio. Alles scheint aus dem Ruder zu laufen, und das Personal ist auch nicht mehr wirklich zuverlässig.

Artist: Ach, Herr Bürgermeister. Ich wollte sowieso gerade gehen. Geben Sie mir doch einfach die Papiere, ich gebe sie Frau Berger dann beim Hinausgehen.

Artist lässt sich vom Bürgermeister die Formulare aushändigen. Beim Hinausgehen sortiert er bereits die blauen und roten Formulare auseinander, geht ab.

Bürgermeister: Gernot, ich wollte mich übrigens noch bei dir bedanken, dass du weiterhin für die Herforder Tafel spendest. Wusstest du übrigens, dass wir sanktionierten Arbeitslosen den Zugang zur Tafel verwehren?

Dr. Wittler: Das ist ja auch richtig so. Wer nicht den Willen zeigt, sich wieder in die Gesellschaft eingliedern zu lassen, der muss eben die Konsequenzen tragen. Nur wer arbeitet soll auch essen. Das hat doch schon der Müntefering gesagt.

Bürgermeister: Ach ja, da wäre noch etwas. Während der Finanzinspekteur im Hause ist, sollten wir uns lieber nicht duzen. Das könnte einen falschen Eindruck erwecken.

Dr. Wittler: Aber sicher, Herr Bürgermeister.

Vorhang.
[Song: Mach lieber heute als morgen pleite]


 

Im Wartebereich 2

Der Wartebereich sieht völlig anders aus als zuvor. Scholtissek sitzt auf einem der Stühle. Fritze kommt herein.

Fritze: Mann, Mann. Bis man hier mal was gefunden hat. Hier ist jetzt also der neue ARGE-Bereich? Das sieht hier ja noch schlimmer aus als beim alten. Wie kriegen die das nur hin, immer die hässlichsten Ecken für unsereinen zu finden? (Sieht Scholtissek) Hallo Scholtissek. (Hält ihm die Hand hin. Beide schütteln die Hände). Lange nicht gesehen, altes Haus. Wo warst du denn die ganze Zeit? Haste vielleicht n’ Job gehabt?

Scholtissek: Ach was. Die haben mich ein halbes Jahr in die Psychiatrie gesteckt. Angeblich wegen Selbst- und Fremdgefährdung. Nen Alkoholentzug sollte ich auch machen. Da haben sie aber schnell gemerkt, dass ich damit gar kein Problem habe.

Fritze: Da ist es dir ja noch schlechter gegangen als mir. Ich komm gerade von einem Praktikum bei der Schokoladia GmbH. Da musste ich drei Monate lang im Akkord Deckel auf Dosen drücken. Hat auch nichts gebracht. Noch nicht mal eine Urkunde als qualifizierter Schokodosendeckelaufschrauber.

Scholtissek: Hier hat sich wohl überhaupt nichts geändert. Das wollten se mir auch schon andrehen beim letzten Mal.

Fritze: Nichts geändert? Es ist noch viel schlimmer geworden. Neulich habe ich hier einen getroffen, der hat selber mal bei der ARGE gearbeitet. Die haben von ganz oben ein neues Belohnungssystem eingeführt. Die „Kunden“ hier werden den Fallmanagern jetzt nach Tabellenstand zugeteilt. Wer zu wenig Leute aus der Statistik wirft, der bekommt nur noch die ganz schwierigen Fälle zugewiesen. Und wer dann nicht hart genug mit den Leuten umspringt, der sitzt irgendwann selber hier. Jetzt sind da drin nur noch die totalen Arschlöcher übrig. Wie die jetzt mit den Leuten umspringen, das geht auf keine Kuhhaut mehr.

Scholtissek: Manchmal frage ich mich, ob die Welt von schlauen Leuten regiert wird, die uns zum Narren halten, oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen.

Fritze: Ey, sach mal Scholtissek, wo hast du das denn her? Ich denke du warst in der Klapse.

Scholtissek: Das ist von Mark Twain. Hat mir einer in der Psychiatrie erzählt. Draußen laufen manchmal komischere Leute herum als da drinnen. Die Zeiten werden ja auch immer verrückter.

Fritze: Da hast du allerdings recht. Ein Kumpel von mir hat nach 100-prozentiger Kürzung eine Spielhölle geplündert. Weißte, diese Läden, wo einem die Automaten das Geld aus der Tasche ziehen. Die Bullen haben ihn erwischt. Jetzt sitzt er im Knast. Na ja, da hat er es jetzt wenigstens schön warm und immer was zu essen.

Scholtissek: Was ist das eigentlich für ein Leben? Keiner will hören, dass man ohne Arbeit ist. Die machen dann alle ein Gesicht, als würde man sich darüber beklagen, dass noch Wasser in der Weser (bzw. anderer großer Fluss in der Nähe des Spielortes) ist. Sag mal, ich habe gehört, dass es im Arbeitsamt gebrannt hat?

Fritze: Ja. Genau im alten ARGE-Bereich. Die Behörden vermuten Brandstiftung. Ich hab da was anderes gehört. Angeblich hat ein Hartz-IVler im Zimmer seines Fallmanagers angefangen zu rauchen. Der hat dann sofort mit seinem Pfefferspray draufgehalten. Das hat dann angefangen zu brennen, und zack, schon stand das ganze Büro in Flammen.

Scholtissek: Warst du dabei?

Fritze: Ne, aber ich bin sofort hin, als ich davon gehört habe. Drei Stockwerke haben gebrannt, als ich ankam. War schön warm. Besser als bei mir zu Hause, seit se mir das Gas abgestellt haben.

Scholtissek: Kriegst du das denn nicht bezahlt?

Fritze: Das ist ganz schön teuer geworden. Und den Heizkostenzuschuss hamse inzwischen pauschaliert und danach nicht mehr angehoben. Überhaupt wird es immer schwerer, über die Runden zu kommen. Außerdem haben die mein ganzes Viertel vom Strom abgeklemmt, seit sich da nicht mal mehr die Bullen reintrauen.

Artist tritt auf. Sieht sich ein wenig verloren um. Geht dann auf Scholtissek und Fritze zu.

Artist (zaghaft, etwas ängstlich:) Meine Herren. Sind Sie vielleicht Langzeitarbeitslose?

Fritze: Na klar. Hier biste richtig. Wenn du drankommen willst, musst du dir da drüben aber erst einmal eine Nummer ziehen.

Artist: Ich glaube, Sie verstehen nicht ganz. Ich suche zwei Langzeitarbeitslose für ein Projekt. (Gerät ins Schwärmen:) Der Hartz-IV-Empfänger als Opfer unserer Zeit. Sie und die anderen Hartz-IV-Empfänger bringen ein nobles Opfer für uns alle, das in Form eines modernen Kunstwerks gewürdigt werden soll. (zögerlich, sich rechtfertigend:) Leider nur auf Ein-Euro-Basis. Ich hatte Vollzeitstellen beantragt. Und ich hatte sogar schon die Unterschrift des Bürgermeisters. Aber das zuständige Dezernat hat den Rotstift angelegt. Ich würde ja selbst etwas drauflegen, aber meine Mittel sind doch leider sehr knapp.

Fritze: Wo würden wir denn „arbeiten“?

Artist: Bei mir im Atelier.

Fritze: Ist das beheizt?

Artist: Aber gewiss doch.

Fritze: Und was hätten wir da zu tun?

Artist: Einer von Ihnen – vielleicht der große Herr dort (weist auf Scholtissek) – würde Modell stehen. Der andere würde mir bei der Arbeit assistieren.

Fritze: Und Kaffee? Haben Sie Kaffee?

Scholtissek: Und etwas zu essen?

Artist: Wenn schon keine reguläre Bezahlung für Sie möglich ist, sollte eine kleine Stärkung in den Pausen selbstverständlich drin sein.

Scholtissek: (Zu Fritze:) Hört sich nicht schlecht an.

Fritze: Okay, wir machens. Am besten gehen wir gleich da rein (deutet auf die Tür zum Fallmanager)

Sie gehen zusammen durch die Tür zum Fallmanager. Nach kurzer Zeit kommen Fritze und Scholtissek wieder heraus. Jeder hat ein Papier in der Hand. ).

Fritze: Na, das hört sich doch nicht schlecht an. Keine schlechte Arbeit und im Warmen sitzen wir auch.

Scholtissek: Ja, nicht schlecht. Und Kaffe gibt es auch. Jetzt brauche ich nur noch eine Wohnung.

Fritze: Du könntest bei mir pennen. Aber richtig gut ist das nicht. In meiner Gegend ist es richtig unheimlich geworden. Da laufen so viele Leute mit Waffen herum. Wer kann, haut von da ab. Ich habe schon überlegt, in einem Altpapiercontainer zu schlafen. Da ist es nämlich schön warm drin. Aber vor kurzem erst haben sie wieder einen in der Presse zerquetscht.

Scholtissek: Weißt du nichts Besseres? Ich bin nämlich nicht lebensmüde.
Fritze überlegt angestrengt

Fritze: Weißt du was? Wir ziehen am besten in die besetzte Arbeitslosen-Aktivierungs-Zentrale. Da habe ich früher mal bei einem Ein-Euro-Job die Räume renovieren müssen. Ist jetzt echt gemütlich da.

Scholtissek: Wieso nicht? Besser als nichts.

Fritze: (Im Abgehen) Aber vorher müssen wir noch beim Preis-Paradies vorbei. Die werfen da Lebensmittel in ihren Abfallcontainer, die fast wie neu sind. Macht sich auch besser bei den anderen Besetzern, wenn man etwas zu essen mitbringt.

Beide gehen ab.
Vorhang
[Song: Rückwärts zur Natur]


 

Beim Künstler

Ein sehr unordentliches Zimmer. Alles Mögliche liegt herum: Farbeimer, Stühle (stehend und liegend) Kleidungsstücke, Toilettenrollen etc. Artist tritt auf, hält ein rotes Blatt in der Hand. Er stellt sich vorn auf der Bühne in die Mitte.

Artist: (Trägt vor): Schlussmonolog. Du lieber Himmel, welch Verdruss. Wir wissen wohl, das ist kein schöner Schluss. Auch wir sind jetzt enttäuscht und sehn betroffen. Das Stück ist aus und alle Fragen offen. Der einzige Ausweg aus dem Ungemach. Ihr dächtet selber einmal nach. Liebe Leute, macht euch selbst den Schluss. Klar, dass es ein guter sein muss.

Fritze tritt auf (noch bevor Artist zum Ende kommt), gähnt, reckt sich, kratzt sich am Bauch. Schaut Artist verwundert an.

Fritze: Arti, was machst du denn da?

Artist: Das ist Brecht, ein wenig von mir gekürzt. Ich dachte, das passt zur Einstimmung für das Werk, das wir heute erschaffen.

Fritze: Wie wärs denn damit: „Wenn die Cousine der Sport des Bruders ist, dann ist die Arbeitslosigkeit …“, äh … die …

Artist: „Wenn der Sport der Bruder der Bruder der Arbeit ist, dann ist die Kunst die Cousine der Arbeitslosigkeit.“ Das basiert auf einem Gedicht von …

Scholtissek platzt ins Zimmer und fällt Artist ins Wort.

Scholtissek: Wer hat heute schon wieder die Zahnpastatube nicht zugeschraubt? Also, wenn ich eins nicht ausstehen kann, dann ist es so eine Sauerei.

Fritze: Ach, und wer hat den Müll nicht rausgebracht?

Scholtissek: Den holt doch sowieso keiner mehr ab.

Artist: Also, meine Herren, ich muss doch sehr bitten. Scholtissek, würden Sie, ich meine, würdest du dich jetzt bitte in deine Position stellen. Und Fritze, würdest Du dann bald anfangen? (Scholtissek stellt sich mitten in den Raum, ev. auf ein kleines Podest. Fritze wartet noch). Es ist gar nicht so leicht, mit so vielen Menschen zusammen zu wohnen. Das macht doch reichlich Schwierigkeiten.

Fritze: Hör mal, Arti. Uns drei nennst du viele? Weißt du, mit wie viel Leuten wir in der Arbeitslosen-Aktivierungs-Zentrale zusammengewohnt haben?

Scholtissek: Außerdem können wir doch nichts dafür, dass uns die Polizei geräumt hat.

Artist: Ich habe im Radio gehört, dass es da eine spezielle Sonderkommission gibt, die durch das Land zieht, um „Kriminalitätsschwerpunkte“ trocken zu legen. Das müssen die sein, die euch vertrieben haben.

Fritze: Klar, harmlose Leute auf die Straße setzen, das können die. Für so was hamse noch Geld. Und in den Randbezirken schneiden se sich gegenseitig die Gurgel durch. Da ist schon seit Monaten kein Polizist mehr gewesen.

Fritze fängt an, Scholtissek mit Klopapier einzuwickeln.

Artist: (Gibt Anweisungen:)“Da oben ist noch etwas frei.“, „Da auch noch.“ „Jetzt da lang.“, „Hm, ja gut.“ (usw.)

Scholtissek: Was soll das hier eigentlich noch bringen? Du kriegst doch gar nichts mehr dafür, Arti.

Artist: (leicht melodramatisch:) Die Kunst stirbt zuletzt!

Fritze: (provozierend): Cousine der Arbeitslosigkeit!

Artist: Ich bin zwar mittellos, aber nicht würdelos. Das Leben ist kurz. Außerdem ist das Geld sowieso nichts mehr wert. Die Inflation galoppiert.

Scholtissek: Sag mal, kapierst du es eigentlich immer noch nicht? Die meisten Leute haben genug damit zu tun, nur ihr nacktes Leben zu retten. Die Kinder fangen an, ihr Essen aus den Mülleimern zu suchen.

Fritze: Außerdem ist unser Essen bald alle.

Artist: Im Keller ist noch jede Menge Eingemachtes. Das ist noch von meiner Großmutter.

Fritze: Das ist aber ganz schön eintönig. Jeden Tag eingemachtes Obst. Außerdem ist auch das irgendwann alle.

Scholtissek: Heute morgen haben wir den letzten Bohnenkaffee ausgetrunken.

Artist: (Überrascht) Ist das wahr?

Fritze: Arti, hast du schon mal containert?

Artist: Was? Moment, könntest du da noch etwas Papier …

Fritze: CONTAINERT !

Artist: Was ist das denn?

Fritze: Dazu geht man an die Abfallcontainer der Läden und holt sich die essbaren Sachen raus.

Artist: Ist das nicht verboten?

Fritze: Das ist doch jetzt auch schon egal.

Artist: Aber das ist doch bestimmt sehr ekelhaft.

Fritze: Wenn du gar nichts mehr zu fressen hast, dann bist du froh über jeden angegammelten Kohlrabi.

Scholtissek: Das ist auch nicht schlechter als das Zeug von der Herforder Tafel.

Fritze: Es wird langsam Zeit, dass du auch mal mitkommst. Du profitierst doch auch schon die ganze Zeit davon.

Artist: Wie? Das Essen, das Scholtissek immer gekocht hat, stammt aus Müllcontainern?

Scholtissek: Dir hat es doch immer geschmeckt.

Artist: Stimmt. Eigentlich war es immer ganz lecker.

Scholtissek: Das ist jetzt aber viel weniger geworden, seit nur noch die Bessergestellten hinter den Mauern beliefert werden. Außerdem kommt selbst bei denen immer weniger an, weil immer mehr Lastwagen überfallen, geplündert und angezündet werden.

Artist: Das ist ja wie im wilden Westen.

Fritze: Die in der Radewig werden jetzt immer mehr von Hubschraubern beliefert. Von der Bundeswehr.

Scholtissek: Das ist aber ganz schön teuer. Und die bekommen bestimmt nur noch Notrationen.

Fritze: Bis jetzt habe ich in den Containern aber immer noch was gefunden.

Artist: Wir könnten auch anfangen, selber was anzubauen. In meinem Garten wäre noch Platz dafür.

Fritze: Kannst du denn gärtnern?

Artist: Wozu gibt es Bücher?

Scholtissek: Gemüse züchten kann ich. Ich hatte mal einen Garten, als ich noch ein eigenes Haus hatte. Da kann man ganz schön was rausholen. Aber fürs ganze Jahr wird das nicht reichen.

Artist: (Gibt Scholtissek eine Klobürste in die Hand) Nun ja. Wenn wir uns alle zusammentun und alle Möglichkeiten ausschöpfen, werden wir erst einmal über die Runden kommen. Und später wird sich dann zeigen, wie es weitergeht.

Scholtissek: Uns bleibt sowieso nichts anderes übrig.

Fritze: Siehste Arti, da kannste von uns Arbeitslosen noch was lernen. Wir können anderen nämlich beibringen, wie man ohne Arbeit überlebt.

Artist: (stellt sich neben den eingewickelten Scholtissek in eine ähnliche Pose:) Das wird mein neues Projekt: LEBENSKUNST.

Scholtissek und Fritze zusammen (augenrollend o. ähnliches): Ach Arti!
Alle Schauspieler kommen auf die Bühne und stellen sich zum Schlussbild auf.