Fischers Frische

Egal wie es ausgeht, die Grünen werden nicht mehr regieren.

von Franz Schandl

Debatten über die Ökopartei sind fad. Eigentlich gibt es nichts zu sagen, was nicht schon gesagt wurde. Die Grünen sind längst am Ende, aber auch nach dem Ende geht es weiter, so als sei nichts geschehen. In der Opposition, in die sie bald geschickt werden, werden sie sich regenerieren. Dort wird man dann das vertreten, was man an der Regierung desavouierte und auch in jeder nächsten, in der man mitmacht, desavouieren wird. „Die Regierungsbeteiligung hat uns alle verändert – alle, nicht nur mich“, sagte Joschka Fischer vor Jahren. „Wir haben andere Rollen übernommen, und das ist gut so.“ Wo Fischer recht hat, hat er recht: Politiker spielen Rollen. Was denn sonst? Ein Rollenwechsel steht nun an, das ist aber auch schon alles. Im Prinzip realisiert sich an der Regierung jedoch nur das, was vorher schon drinnen gewesen ist, sich aber nicht richtig entfalten konnte.

So läuft das erbärmliche Spiel der Politik, das da alle spielen, weil das Spiel diese Spielregeln vorgibt. Und die genügsamen Wähler spielen den Part des Publikums, das sich den aufdrängenden Erkenntnissen folgenreich verweigert und sich der Lust auf Täuschung hingibt. Hoffnung, Täuschung und Enttäuschung sind so beständige Kriterien oder besser noch Reflexe, die die Reflexion mehr behindern als ihr behilflich zu sein. Sie funktionieren auch noch in Zeiten, wo die Politik nichts anderes darstellt als den Abklatsch ökonomischer Diktate.

Die Oppositionsbank dient der Reinkarnation der Untoten. Die Grünen werden dort zwar keine Linksverschiebung erleben, wohl aber eine Linksverblinkung. Ob Joschka Fischer oder Claudia Roth verrentet werden, ist dabei völlig unerheblich. Keine neue Generation der Grünen kann einen anderen Typus von Politikern hervorbringen, da mögen einige Nachdrängende auch noch so unverbraucht ausschauen. In der Politik werden sie schnell altern. Fischers Körper demonstriert je nach Lebensgefühl eine doppelte Wahrheit des Systems, egal ob kapitalistisch ausgefressen oder marktwirtschaftlich abgemagert. Und noch was erfahren wir auf Joschkas Homepage, und zwar aus dem Mund des luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker, der über seinen Freund folgendes preisgibt: „Das Erfrischende an ihm war immer, dass er alles, was er sagte, auch hundertprozentig glaubte.“ Auch das noch. Fischers Frische fischt frische Fische. Und Namensvetter Otfried angelt mit.

„Die Grünen werden nicht mehr, was sie einmal waren“, seufzt der ehemalige Europaabgeordnete Frieder Otto Wolf. Aber waren sie wirklich mehr gewesen, als sie geworden sind oder ist diese bequeme und sentimentale Sicht nicht den noch immer nicht bewältigten Illusionen der allerletzten Linksgrünen geschuldet. Was hätte wirklich verhindern können, dass die Grünen Teil des politischen Establishments werden? – Nichts! Gar nichts! Freilich stellt sich da aber gleich die Frage, was denn die besondere Substanz der Linkspartei sein könnte, nicht ebenso zu enden? Uns fällt da ehrlich gestanden ebenfalls nichts ein. Dass die SPD der Linkspartei in nur wenigen Tagen einige Prozent abjagen konnte, spricht nicht nur für die Vitalität des Parteiapparates, sondern verdeutlicht auch die beschränkten und vagen Hoffnungen der linkssozialdemokratischen Klientel. Viele, die jetzt Lafontaine wählen, werden spätestens in dem Moment, wo sich die alte Dame schön schminkt, in den Schoß der Partei zurückkehren. Der Lack mag ab sein, aber Schröder und Müntefering sind schon kräftig beim Lackieren ihrer Karosserie. Eine regierungsbefreite SPD wird sich anschicken alles zu unternehmen um die konkurrierende linkssozialdemokratische Stiefschwester unter die fünf Prozent zu drücken. Niemand sage, das hätte keine Aussicht auf Erfolg.