Charles und Camilla

Glückwunschtelegramm zur bevorstehenden Vermählung

von Franz Schandl

Muss man Camilla Parker sympathisch finden, weil fast alle sie unsympathisch finden? Irgendwie schon. Die Entladungen des Boulevards, die keine Entgleisungen sind, sondern nur das innerste Wesen nach außen stülpen, legen zumindest Wohlwollen nahe. Indes, wie kommt man überhaupt dazu, hier gefühlsmäßig zur Stellungnahme gezwungen zu werden? Würde Camilla (aber auch Diana) jemand kennen, wäre sie nicht irgendwie mit Prinz Charly verbandelt. Und gilt das nicht ebenso für Charles, wäre er nicht ein geworfener Royal? Sowieso. Aber aktuell ist es unmöglich, daran teilnahmslos vorbeizugehen.

Ganz ehrlich: Gratulieren wir den beiden, dass sie durchgehalten haben! Charles und Camilla, das ist schon die Härte. In der irren Umgebung, bei der eigenen Angeschlagenheit, Hut ab! Was 1997, nach Dianas Unfalltod, noch als furchtbare Drohung galt und als Unmöglichkeit gehandelt wurde, wird nun Realität: Der Windsor heiratet die Parker. Weder Buckingham Palace noch Downing Street noch irgendwelche Werbeagenturen durften die Frau für den Prince of Wales auswählen. Diese Hochzeit ist eine seiner ersten wirklich eigenständigen Taten, Widerstand sui generis.

Da der alte Knabe so hartnäckig gewesen ist, gaben seine Drangsalierer diesmal nach. Mehr Abweichung ist sowieso nicht drinnen. Überstanden sind ein Vierteljahrhundert persönlicher Tragödien, Anfeindungen und Demütigungen. Und doch mussten noch der Erzbischof zustimmen und das Justizministerium kundtun, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Selbst die britische Bevölkerung hatte per Meinungsumfrage ihr Plazet zu geben, so als sei die Entscheidung, ob sie ihn und er sie haben darf, eine, die nach öffentlicher Genehmigung heischt.

Stars werden nicht als Menschen wahrgenommen, sondern als Fetisch verehrt. Was man Camilla übel nimmt, ist, dass sie wenig zum Anhimmeln taugt. Und Charles, dass er sich nicht irgendeine jüngere Barbie-Puppe ausgesucht hat. Bei dem Money und den Castles. In den kulturindustriellen Charts hatte Charles ja immer das Nachsehen, nicht nur gegen Diana. Der Prinz der Herzen war er nie gewesen, eher der etwas tolpatschige Sohn der britischen Königin, der wohl oder übel jetzt auch in der Thronfolge aus PR-Gründen übergangen werden wird müssen, wartet doch da ein blonder Jüngling (ganz die Mama! ) auf die Krone.

Eigentlich könnte einem das alles herzlich egal sein, verdeutlichte es nicht, wie die Fans der Aristocrats und anderer Promis ticken. Und niemand sage, das sei eine Minderheit. Da erwärmte sich eine Fernsehvolksgemeinschaft aller Trottelländer an der Liebe eines Brautpaars, die gar nicht vorhanden gewesen war, um sich nachher kollektiv betrogen zu fühlen. Charles und Diana wurden einfach zusammengestellt, erfüllten einige Jahre ihre Pflicht, wozu vor allem die Zucht von adeligem Nachwuchs gehörte. Als dieser sich eingestellt hatte, war die Beziehung gelaufen. Charles tat, was er immer tat, und Diana ging ihre Wege. Damit hätte sich die Sache haben können. Es folgte jedoch die Zeit der sensationellen Aufdeckungen und bösen Schuldzuweisungen. Dass solch absoluter Schwachsinn die höchsten Einschaltziffern und Verkaufszahlen erzielt, gilt als ausgemacht. Die Gemütshaushalte sind nicht bloß empfindlich gestört, sondern weitgehend zerstört. Fehlemotionalisierung zeichnet die formatierten Quälgeister aus. Sie freuen sich, wo es nichts für sie zu lachen gibt, und sie weinen, wo es nichts für sie zu heulen gibt.