Die albanische Frage bleibt unbeantwortet

von Werner Pirker

In ganz Jugoslawien werden seit fast zehn Jahren soziale Probleme ethnisiert. Auf albanischer Seite hat diese Politik eine lange Tradition.

Auf dem Kosovo Polje (Amselfeld) wachsen rote und schwarze Blumen. Die roten, gab der serbische Professor für Soziologie an der Universität PrisØtina die Volkslegende wieder, seien aus dem Blut der serbischen Helden, die schwarzen aus dem Blut der türkischen — "auch Helden", fügte er nach einer Gedankenpause hinzu. So sehen die Serben das Kosovo: als die Wiege ihrer Staatlichkeit, als mit Herzblut getränkte serbische Erde.

Am 28. Juni 1389 tobte auf dem Amselfeld die Entscheidungsschlacht zwischen der serbischen Armee und den osmanischen Eroberern. Im Glanz der Mittagssonne wähnten sich die Serben schon als sichere Sieger, als die Nacht einbrach, gab es Serbien nicht mehr. Die Halbzeitsieger begründeten auf ihrer katastrophalen Niederlage, die Serbien für ein halbes Jahrtausend unter das osmanische Joch zwang, einen Geschichtsmythos. Die serbischen Helden waren in Schönheit gestorben. Damals flüchteten viele Serben nach Norden, wo sie von den Habsburgern, überwiegend in der Krajina, als Wehrbauern angesiedelt wurden. 1995 im Zuge der Kroatisierungsoffensive "Blitz" erlebten diese Serben ihr zweites Amselfeld. Sie wurden fast zur Gänze aus Kroatien vertrieben. Doch auch das Kosovo Polje war den Nachfahren der serbischen Helden nicht mehr freundlich gesonnen. In den Zeiten der osmanischen Fremdherrschaft hatten sich dort Albaner angesiedelt, die von den Türken islamisiert worden waren. Die serbisch-albanischen Animositäten reichen somit weit ins Mittelalter zurück.

Die Albaner wähnen sich als direkte Nachkommen der Illyrer und damit als eines der ältesten Völker Europas. Daraus begründen sie ihren Anspruch auf den Westen der Balkanhalbinsel. Es würde nicht verwundern, sähen auch sie im Kosovo die Wiege des Illyrertums. Das ist eine der schlimmsten Unsitten national rezipierter Geschichte: daß umstrittene Gebiete stets die Wiege des eigenen "Volkstums" zu sein haben. Das gilt für Serben und Albaner ebenso wie für Ungarn, Slowaken, Rumänen, Bulgaren, Mazedonier, Griechen usw.

Daß die serbisch-albanischen Abgrenzungsrituale auch konfessionell geprägt sind — orthodoxe Serben gegen die mehrheitlich muslimischen Kosovo-Albaner — sollte erstens nicht überschätzt werden, und ist zweitens von seltsamer Ironie. Steht doch im Zentrum des albanischen Geschichtsbewußtseins der nationale Befreiungskampf Skanderbegs gegen die türkisch-islamische Fremdherrschaft. Entscheidend geprägt aber wird der albanische Nationalismus von einem aggressiven Ethnozentrismus, von dem Bewußtsein, nicht der slawischen Welt anzugehören. Natürlich gibt es auch eine Geschichte der nationalen Unterdrückung der Kosovo-Albaner. Im ersten Jugoslawien, das aus dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat) hervorging, waren die Albaner in jeder Hinsicht — politisch, wirtschaftlich und kulturell — diskriminiert, Fremdkörper in einem Staat, der aus der Vereinigungsidee der Südslawen hervorgegangen war. Im nationalen Befreiungskampf der Balkanvölker gegen den Hitler-Faschismus kämpften Albaner auf beiden Seiten der Fronten, was bei Kroaten, Slowenen, bosnischen Muslimen und Serben nicht anders war. Enver Hoxhas Partisanen standen unter der direkten Anleitung von Titos Volksbefreiungsarmee. Auf der anderen Seite kollaborierten die albanischen Balisten mit den italienischen und deutschen Besatzern. Die Kosovo-Albaner standen mehrheitlich im faschistischen Sold. Das ergab sich auch aus der tiefen Animosität zwischen den nördlichen (Gegen) und den südlichen Stämmen (Tosken). Diese soziokulturelle Spaltung war prägend für die albanische Geschichte — hier der weltoffene, gegenüber fortschrittlichen Ideen und einem modernen Nationalbewußtsein aufgeschlossene Süden, dort der archaische Norden, dessen Stammesaristokratie stets zur Kumpanei mit mächtigen Eroberern, ob Türken, Deutsche oder nun die NATO, aufgelegt war.

Nach dem Sieg im Volksbefreiungskrieg erhielt die albanische nationale Minderheit das Recht auf Autonomie. Den von Okkupanten und Balisten vertriebenen Serben wurde laut einem Beschluß des Nationalkomitees der Befreiung Jugoslawiens vom 6. März 1945 die Rückkehr in das Kosovo verboten, wohl um Racheakte zu vermeiden. In der Praxis wurde damit die auf ethnische Hegemonisierung des Kosovos gerichtete Politik der albanischen Eliten begünstigt. Damals war allerdings Titos Plan einer Balkanföderation, bestehend aus Jugoslawien, Bulgarien und Albanien unter der Präsidentschaft des Bulgaren Georgi Dimitroff noch nicht zu den Akten gelegt. In diesem Kontext hätte das Kosovo vom Zankapfel zum Bindeglied werden können, genauso wie Mazedonien eine Brückenfunktion zwischen Jugoslawien und Bulgarien hätte einnehmen sollen. Der Plan scheiterte an Stalins Veto.

Auf ihre Weise soll die kosovo-albanische Nomenklatura aber an diesem Plan festgehalten haben. Ivan Ivanji, Titos langjähriger Dolmetscher für Deutsch, schreibt, daß sie stets an eine Vereinigung mit Albanien dachte, "aber mit der Absicht, Albanien an Kosovo und damit an Jugoslawien anzuschließen und nicht umgekehrt".

Der anti-serbische Block

1963 wurde das Gebiet Kosovo und Metohien zur autonomen Provinz im Bestand der Republik Serbien. Es erhielt ein eigenes Provinzparlament und konnte im Rahmen der serbischen Delegation fünf Vertreter in die Nationalitätenkammer des Bundesparlaments entsenden. Die jugoslawische Verfassung von 1974 ging noch weiter und sah für das Kosovo und die multinationale Vojvodina alle Privilegien einer Republik vor, ohne den formell bei Serbien verbliebenen Provinzen auch diesen Status einzuräumen. De facto waren die beiden Autonomien in Serbien aber Subjekte der Föderation und nicht der Republik, da sie ihre Vertreter direkt in die Bundesgremien delegieren konnten, wo sie auch das Vetorecht besaßen. Bei Abstimmungen votierten die Repräsentanzen des Kosovos und der Vojvodina in der Regel gegen die eigene Republik und trugen so maßgeblich zur Hegemonie des "antiserbischen Blocks" bei. So erwies sich die 74er-Verfassung als eine staatsrechtlich brisante Konstruktion, die in der Realität zur Spaltung Serbiens führte.

Je mehr nationale Rechte den Kosovo-Albanern zugestanden wurden, desto mehr forderten sie. Was sich unter der Flagge der Nation austobte, war im Grunde aus sozialer Frustration sowie der Unzufriedenheit über die wirtschaftlich unterprivilegierte Stellung des Gebietes gespeist. Das Pro-Kopf-Einkommen im Kosovo betrug nur ein Achtel des slowenischen. Das aber hatte nichts mit nationaler Unterdrückung zu tun. Denn keine noch so weitgehenden Zugeständnisse auf nationalem Gebiet können die aus unterschiedlichen Entwicklungsniveaus resultierenden sozialen Ungerechtigkeiten aufheben. Eben weil das titoistische Jugoslawien stets den nationalen Ausgleich suchte, hat es den sozialen vernachlässigt. Die der Selbstverwaltungs-Ideologie immanente Affirmierung nationaler und regionaler Sonderinteressen verschärfte die Disproportionalitäten und schuf ein eklatantes Nord-Süd-Gefälle in Jugoslawien. So reproduzierte gerade die ständig thematisierte nationale Frage bei Mißachtung ihrer sozioökonomischen Hintergründe immer neue nationale Widersprüche.

Die 1968 in der südserbischen Provinz ausgebrochenen Unruhen, bei der erstmals Forderungen nach einer eigenen Republik laut geworden waren, wurden niedergeschlagen. Nach Titos Tod machten sich erneut separatistische Stimmen bemerkbar, die fortan nicht mehr verstummten. Die jugoslawische Führung konnte der Forderung nach einer albanischen Republik nicht nachgeben. Denn laut Verfassung stand nur den Nationen das Recht auf eine eigene Republik zu, die außerhalb Jugoslawiens keinen Status als Titularnation besaßen.

Die albanische Frage wurde zum Katalysator des Untergangs Jugoslawiens. Ende der achtziger Jahre war der Kampf zwischen den nationalen Eliten um die besten Startpositionen in der Marktwirtschaft bereits voll ausgebrochen. Das System der Selbstverwaltung, das marktwirtschaftliche Elemente in einem wesentlich größeren Ausmaß adaptierte als die staatssozialistischen Systeme, war zur Voraussetzung seines eigenen Scheiterns geworden. Es ging um die Aufteilung des Eigentums und nicht um nationale Emanzipation.

Die serbische Führung war im Prozeß der Zerstörung Jugoslawiens Täter und Opfer zugleich. Mit seiner vorgeblich "antibürokratischen Revolution" betrieb MiloØsevi“c eine bedenkenlose Ethnisierung sozialer Konflikte. Sein Versuch, das 600-Jahresjubiläum der Schlacht auf dem Amselfeld als Revanche für die historische Niederlage der Serben zu zelebrieren und den Albanern den Kampf anzusagen, machte das Amselfeld zum zweiten Mal zum Schauplatz einer südslawischen Katastrophe. Analog zu Rußlands Jelzin verkündete MiloØsevi“c die "serbische Wiedergeburt" und die "nationale Emanzipation des serbischen Volkes" — von Jugoslawien. Auch wenn er versucht haben sollte, durch eine Stärkung des serbischen Faktors Jugoslawien zu konsolidieren, hat diese Politik in der Konsequenz das genaue Gegenteil bewirkt.

1989 wurde das Kosovo wieder in die Republik Serbien eingegliedert. Als die albanische Mehrheit im Gebietsparlament von PrisØtina 1990 gegen den Willen der Serben und Montenegriner die "Republik Kosova" ausrief, verfügte das serbische Parlament die Einstellung der Arbeit der sezessionistischen Organe. Die Reintegration des Kosovos wird gemeinhin mit der Aufhebung der Autonomie gleichgesetzt. Doch war damit die Selbstverwaltung noch keineswegs außer Kraft gesetzt. Es waren die Kräfte der Sezession, die diese gegenstandslos gemacht hatten, als sie ihre illegale Republik ausriefen und sich damit der Mitgestaltung der politischen Prozesse in Serbien und Jugoslawien verweigerten.

Die den Kosovo-Albanern von Belgrad seit 1989 zugestandenen oder vorenthaltenen Minderheitenrechte standen im antiserbischen Propagandakrieg nie ernsthaft zur Debatte. Denn jeder Vergleich der kosovo-albanischen Situation mit der Lage von Minderheiten in anderen Ländern könnte für die Unterstützer einer weitestgehenden Kosovo-Autonomie nur peinlich ausfallen. Die Albaner hatten das Recht auf Gründung von Parteien, auf parlamentarische Vertretung, das sie nicht wahrnahmen, es erschienen an die 50 albanische Zeitungen (mit großalbanischen Wetterkarten), das Recht auf muttersprachlichen Unterricht — nach den Lehrplänen der Republik — war garantiert. Anders als in Kärnten waren im Kosovo zweisprachige topographische Aufschriften eine Selbstverständlichkeit. Dabei zeigte sich allerdings, daß es im Kosovo nur notdürftig albanisierte und keine authentisch albanischen geographischen Bezeichnungen gibt. Selbst das "unabhängige Kosova" (Kosovo Polje — Amselfeld) kann seine slawische Herkunft nicht verleugnen.

Während des Bürgerkrieges in Bosnien befand sich das Kosovo außerhalb des westlichen Blickfeldes. Erst nach Dayton kehrte die jugoslawische Tragödie an ihren Ausgangspunkt zurück. Die Dayton-Architekten bedurften eines neuen Befriedungsmodells auf dem Balkan. Das aber bedeutete den Versuch der Bosnisierung der Bundesrepublik Jugoslawien. Ein souveräner Staat, der einzige legitime Nachfolgestaat der jugoslawischen Föderation, sollte nach dem Muster Bosniens, eines von den westlichen Hegemonialmächten künstlich hergestellten Gebildes, der Kontrolle über sein Territorium beraubt werden. Die westliche Einmischung in die Gestaltung der zwischennationalen Beziehungen in Südserbien ist deshalb so unerträglich, weil sie an die Bundesrepublik Jugoslawien Maßstäbe anlegte, die der titoistischen Nationalitätenpolitik eigen waren, auf die sich zu berufen die Zerstörer des Vielvölkerstaates nicht das geringste Recht haben. Es waren nicht die "internationalen Standards" bei der Behandlung von Minderheitenfragen, mit denen sich die Belgrader Führung um MiloØsevi“c konfrontiert sah, sondern jene Bestimmungen aus der Verfassung des untergegangenen Jugoslawien, welche die serbische Provinz Kosovo zu einem "konstitutiven Faktor" der Föderation erhoben haben. Man kann zur Aufhebung der Kosovo-Autonomie stehen wie man will. Kein Staat der Welt — auch nicht die "internationale Gemeinschaft" — hat das Recht, einem souveränen Staat die Gewährung einer Autonomie abzuverlangen, die faktisch zur Spaltung seines Territoriums führt. Während die Politik der ethnischen Homogenisierung in Kroatien als Ausübung des kroatischen Selbstbestimmungsrechtes wahrgenommen wurde und man in Bosnien ein multinationales Gebilde erzwang, dessen konstitutives Prinzip nicht das multinationale Miteinander, sondern die nationale Separation ist, soll Jugoslawien das Recht abgesprochen werden, über Minderheitenfragen souverän zu entscheiden.

Die westliche Nötigungspolitik richtet sich ausgerechnet gegen das Land, das als einziger jugoslawischer Nachfolgestaat multinational verfaßt geblieben ist, was nicht nur für den Bundesstaat, sondern auch für die Republik Serbien gilt, die als Republik der Bürger Serbiens — und nicht analog zur kroatischen Verfassung als Republik des serbischen Volkes — definiert ist. Dieses Prinzip duldet keine Ausnahme. Jugoslawien wäre nicht mehr Jugoslawien und Serbien nicht mehr Serbien, würde es in seinem Bestand ein albanisch definiertes Kosovo dulden. Es geht hier nicht um die Frage nach dem serbischen bzw. albanischen Charakter dieser Provinz. Denn die Bevölkerung des Kosovos ist multinational. Eine gerechte Lösung der albanischen Frage in Serbien hat eine Lösung der Minderheitenfrage im Kosovo zur Voraussetzung. Der von der multinational zusammengesetzten serbischen Delegation in Rambouillet unterbreitete Vorschlag für eine Selbstverwaltung in Kosovo-Metohija brachte dies zum Ausdruck. Darin wird für das Provinzparlament ein Zweikammern-System vorgeschlagen, bestehend aus einer (von der albanischen Bevölkerungsmehrheit dominierten) Volksversammlung und einem Nationalitätenrat, in dem alle Volksgruppen unabhängig von ihrer Größe gleichberechtigt vertreten sind.

Die westliche Doppelstrategie

Die Kosovo-Politik des Westens war stets von einer unglaublichen Doppelzüngigkeit geprägt. Deklarativ insistierte sie auf der Autonomie bei voller Wahrung der territorialen Integrität Serbiens und Jugoslawiens, was im wesentlichen eigentlich dem jugoslawischen Standpunkt entsprach und im scharfen Widerspruch zur albanischen Position der bedingungslosen Unabhängigkeit stand. Indem der Westen aber alle Ansätze einer innerjugoslawischen Lösung des Konflikts verwarf, sprach er Jugoslawien im gleichen Atemzug die Souveränität über sein ganzes Territorium wieder ab. Seine militärischen Drohungen hatten ausschließlich Belgrad zum Adressaten, das mit der albanischen Seite in sechzehn vergeblichen Anläufen in Autonomie-Verhandlungen treten wollte, und nicht die Sezessionisten, die an politischen Prozessen nicht teilnahmen und selbst westliche Friedenslösungen von der Art des ursprünglichen Kontaktgruppenplans, der eine Autonomie mit allen Privilegien einer (jugoslawischen) Republik vorsah, mit kalter Verachtung straften.

Dieser Widerspruch zwischen Wort und Tat, aber auch zwischen Wort und Wort wurde in Rambouillet auf eine unfaßbare Weise deutlich, als Mrs. Albright den Serben, welche die Kontaktgruppen-Prinzipien trotz schwerer innerer Vorbehalte unterschrieben hatten, mit Krieg drohte, sollten sie weiter auf einer albanischen Unterschrift bestehen. Als die Albaner dann unterschrieben, was die Serben zu unterschreiben verweigerten, war aus dem Kontaktgruppenplan einer friedlichen Lösung unter Anerkennung der Souveränität Jugoslawiens über sein ganzes Territorium ein Papier geworden, das die Preisgabe der jugoslawischen Souveränität auf seinem gesamten Staatsgebiet forderte.

Alle, selbst die weitestgehenden Autonomievorschläge für die südserbische Provinz werden gegenstandslos, wenn sie die Verletzung der jugoslawischen Souveränitätsrechte zur Voraussetzung haben. Eine demokratische Selbstverwaltung der Albaner kann es nur in einem souveränen Jugoslawien und nicht in einem NATO-Protektorat geben. Das Selbstbestimmungsrecht der Albaner im Kosovo, das auch von vielen Linken "bis hin zum Recht auf Lostrennung" reklamiert wird, kann nicht im darwinistischen Überlebenskampf der Balkan-Völker gegeneinander und unter Anleitung der Todfeinde der nationalen Unabhängigkeit realisiert werden. Die Multinationalität Jugoslawiens ist eine zivilisatorische Errungenschaft, die nur um den Preis der Unterwerfung aller Völker der Region preisgegeben werden kann. Wenn der Charakter einer nationalen Befreiungsbewegung durch ihr Verhältnis zum Imperialismus bestimmt wird, dann verkörpert die UÇK nicht nur eine reaktionäre, sondern auch die parasitärste Unabhängigkeitsbewegung, die je zu den Waffen gegriffen hat. Ethnozentrismus ist antiemanzipatorisch. Wer der UÇK emanzipatorischen Charakter andichtet, muß diese Ehre auch der Ustascha zugestehen. Denn auch die kroatischen Faschisten versuchten ihr "nationales Projekt" in Kollaboration mit einer imperialistischen Besatzungsmacht zu realisieren.

Die großalbanische Doktrin bezieht sich auf eine Landkarte, wie sie 1878 von der "Liga von Prizren" erstellt wurde. Sie umfaßt die Republik Albanien, das Kosovo, drei Bezirke Serbiens, ein Viertel Montenegros, ein Drittel Mazedoniens und den Epirus in Griechenland. Es ist eigenartig, daß das westliche Befriedungskomitee zwar ständig vor einer Destabilisierung der Region warnt, den eigentlichen Destabilisierungsfaktor aber, den großalbanischen Expansionismus ungeschoren läßt.

    Werner Pirker, 1947 in Kärnten geboren, ist seit mehr als 25 Jahren journalistisch tätig. Zwischen 1986 und 1991 arbeitete er als Korrespondent der „Volksstimme“ in Moskau. Seit fünf Jahren ist Werner Pirker bei der Berliner Tageszeitung „Junge Welt“ tätig, derzeit als stellvertretender Chefredakteur. Von ihm erschien unter anderem das Buch "Die Rache der Sowjets. Politisches System im postkommunistischen Rußland", Wien 1994, im Promedia Verlag.