Artikel aus dem Heft

Selbst wenn in einem Boot, das einen reißenden Fluss überquert, die Besatzungsmitglieder beim Rudern sich völlig verausgaben sollten, selbst dann wird das Boot durch die Strömung vom gegenüberliegenden Ufer extrem abgetrieben, sofern jeder allein und für sich, „völlig frei“ sich verausgabt und nicht koordiniert mit den andern.

Brecht hat das Gedicht Die Seeräuberjenny 1926 geschrieben, im selben Zeitraum wie die Ballade Von der Kindesmörderin Marie Farrar, einer als Dienstmädchen schuftenden jungen Frau, die ihre (ungewollte) Schwangerschaft geheim hält (denn ein schwangeres Dienstmädchen wird auf die Straße geworfen) und dann aus Verzweiflung ihr Neugeborenes umbringt

Wie weit reicht die Zuständigkeit für die eigene Gesundheit? Sind Menschen, die vor ihrem 70. Geburtstag sterben, selber schuld, wenn sie täglich rauchten, Limo tranken und Schweinsbraten aßen oder wenn sie Sport nur als Zuschauer vom Sofa aus kannten? Die Kampagnen der Gesundheitsinstitutionen bekräftigen diese falsche Wahrnehmung

Kolumne DEAD MEN WORKING

Seltsam, obwohl Vielfältigkeit zum Prinzip erhoben wurde, erscheint die Welt immer einfältiger. Schon seit Jahren wird der Begriff Diversity (engl. für Diversität, Vielfältigkeit) lautstark in die gesellschaftspolitische Schlacht geworfen. Mit diesem soziologischen „modernen Gegenbegriff zu Diskriminierung“ sollen „antidiskriminierende Maßnahmen“ „argumentativ gebündelt“ werden

Wer einer Sache jegliche Tauglichkeit absprechen möchte, um sie im Lichte von Einsehen und Vernunft als unbrauchbar, ja unnütz zu blamieren, dem reicht hierzulande in der Regel der schüttere Befund „des hot ka Zukunft“.

Vermittlung verbindet Unterschiedenes. Die Pole des Unterschiedenen sind Pole des Gleichen. Sonst wären sie Getrennte. Unterscheiden heißt somit, den Zusammenhang des Unterschiedenen als Vermittlung zu begreifen, Trennen heißt ihn aufzulösen. Manchmal ist die Trennung jedoch nur Schein dessen, was eigentlich nur unterschieden ist

Transvolutionäre Mutmaßungen zum elementaren Aufstand

Was ersparen wir uns, wenn es kein Geld mehr gibt? Nicht nur das Geld ersparen wir uns, wir ersparen uns noch viel mehr: Wir ersparen uns, das Leben zu versäumen.

Von den globalisierungskritischen Bewegungen hört man seit Jahren den Slogan „Eine andere Welt ist möglich“. Allerdings bleibt es oft bei Wunsch und Beteuerung. Der vorliegende Band nimmt dieses Motto ernst. Und das heißt, – im Unterschied zu vielen Linken – sich einem weit verbreiteten Einwand zu stellen.

Viele Ansätze erdenken neue Gesellschaften, indem sie interessante aktuelle Entwicklungen prognostisch verlängern. Ob die prognostizierte neue Gesellschaft wirklich „neu“ oder doch nur eine modernisierte Variante des Gehabten ist, wird selten thematisiert. Doch was macht das Neue einer Gesellschaft aus?

Einige Behauptungen zum gesellschaftlichen Niedergang und zu möglichen Auswegen

Ceterum censeo: Die gegenwärtige Krise des Kapitalismus führt zu seinem Ende. Dass es uns dann besser geht, bedeutet das allerdings nicht. Das Kapital verliert jedenfalls mit der abnehmenden produktiven Arbeit seine Substanz. Es wird fiktiv. Kapitalismus ist eine Glaubensgemeinschaft geworden, die am geringsten Zweifel seiner Priester zerbrechen kann.

Wenn im Haushalt was bricht, bin ich zuerst ratlos und dann hilflos. Glühbirnen vermag ich zwar zu wechseln und Abflussrohre von Verstopfungen zu befreien, aber darüber hinaus sind meine Kenntnisse und Fertigkeiten bescheiden. Wenn wir wieder mal ausmalen, weiß ich immer erst am Schluss, was ich besser hätte machen können

Die Hütte brennt, aber wir kriegen den Hintern nicht hoch. Totstellen wird kaum helfen. Soviel sollte klar sein. Ist es Dummheit, Trägheit, Mangel an Vorstellungsvermögen, Ohnmacht, die Furcht vor dem Unbekannten?

Kolumne Rückkopplungen

Die Moderne will auf Dauer eingestellt sein, proklamiert die Ewigkeit, die keinen Anfang und kein Ende kennt, verteidigt die Beständigkeit ihrer Werte. Widerlegt wird das, wie in jeder Zeit, von der Vergänglichkeit; das Dauernde, ja Überdauernde realisiert die Moderne nicht als „Ewiges Immer“ (das kabbalistische „En Sof“),

Mit dem, was ich bisher an Erfahrungen, Einsichten, an Gehörtem, Gelesenem und Beobachtetem gesammelt habe, bin ich eigentlich (und täglich mehr) davon überzeugt, dass wir schnurstracks auf einen tödlichen Abgrund zumarschieren. Ich muss „wir“ sagen, weil auch ich dieser Spezies Mensch angehöre. Gerne distanziere ich mich davon

Die Sonne wird in ihrer neuen Funktion als Roter Riese die Geschichte der Erde, dann ohnehin nur noch ein heißer toter Planet, auf dem die Zellmembran des letzten Bakteriums längst zerplatzt ist, in sieben Milliarden Jahren (ein paar Jahre auf oder ab) beenden. So viel zur Zukunft.

Abschweifende Rezension zum Buch von Friederike Habermann

Über Dinosaurier, Kometen, Enten und dergleichen gibt es hervorragend aufbereitete Kinderbücher: Fakten werden anschaulich dargelegt und aufgeschlossene Eltern lernen mit, ist doch ihr Wissen über diese Gegenstände oft seit der Schulzeit nicht mehr aufgefrischt worden. Die Paläontologie zum Beispiel hat viele ihrer Aussagen ändern müssen

Streifzüge 68/2016 2000 Zeichen abwärts von Ricky Trang Angeblich weht ein frischer Wind im Vatikan. Aber oft ist ein Lüftchen auch nur das rektale Entweichen von Darmgasen. Jedenfalls hat Everybody’s Darling und Popstar Papst Franziskus am Sonntag, den 4.9.2016 Mutter Teresa heiliggesprochen. Nicht überraschend, wusste doch schon Helvetius: Wenn man ihre Heiligenlegenden liest, findet man die ...

Streifzüge 68/2016 von Nikolaus Dimmel „Die Zukunft war früher auch besser“ (Karl Valentin)   Die Welt, so weit die materiellen Ressourcen der Erde damit gemeint sind, ist endlich. Nicht so der dem Kapitalismus inhärente Zwang, Wirtschaftswachstum qua Kredit zu generieren um Kapital zu akkumulieren. Bereits Rosa Luxemburg annotierte im 6. Kapitel zur „Die Akkumulation des Kapitals“, dass neben ...

Wer glaubt noch daran, dass ein Temperaturanstieg auf der Erde um zwei Grad unterschritten werden kann? Dass dies höchst unwahrscheinlich ist, lässt darauf schließen, dass die nächsten Jahrzehnte nicht nur wärmer werden, sondern für viele Millionen Menschen die Lebensbedingungen unerträglich werden.

Notizen zu Resignation und Erschöpfung, Transposition und Perspektive

Gibt es überhaupt noch so etwas wie eine Zukunft? Die kapitale Propaganda will sie ja nur noch als Fortschreibung der Gegenwart gelten lassen, als Wert- und Wertegemeinschaft auf ewig. Eher geht die Welt unter, als dass der Kapitalismus zusammenbricht.

Rosig sind die Aussichten nicht. Der Zweckoptimismus einzelner Unverdrossener wirkt angesichts der Nachrichtenlage eher befremdlich. Nein, da wird nichts „wieder werden“. Und wohin wollte man auch zurück, so man denn könnte. In vergangene „bessere Zeiten“, die freilich immer schon ihren Preis hatten.

Nicht wenige Begriffe verraten sich, wenn wir sie näher anschauen. „Denkfabrik“ ist so ein Terminus, der seine eigene Offenbarung leistet. Denkfabriken wollen Denken fabrizieren, wollen Denken zur industriellen Meterware machen. Denken geht in Serie und so schaut es auch aus. Apologetik pur in Konserven.