Aufmacher

Franz Nahrada: Demonetarisierung. Der Diskurs über die Abschaffung des Geldes

Schwerpunkt Bewegen

Elfriede Jelinek: Der bewegte Beweger (zu Johan Simons)
Franz Schandl: Bewegungen? Strategische Thesen zur Bilanz einer fetischisierten Form
Emmerich Nyikos: Borniertheit und Weitsicht. Über zwei Arten, sich in Bewegung zu setzen
Julian Bierwirth: Rastlose Moderne
Meinhard Creydt: Individuum, Subjektform und Neurose. Das wenig bewegende Individuum und seine neurotische Pseudoaktivität
Joseph Roth: „Romantik“ des Reisens
Franz Schandl: Die Verlockungen des Terrains oder: Streifzüge der Streifzüge
Lukas Hengl: Bewegungsmelder
Home Stories: mit Beiträgen von Maria Wölflingseder, Franz Schandl und Severin Heilmann

Weitere Artikel

Marianne Gronemeyer: Bildung braucht Gastlichkeit. Zum Gedenken an Ivan Illich
Petra Ziegler: Vorgeburtlich verdrahtet. Alte Biologismen im neuro-hippen Look
Tomasz Konicz: Wofür kämpfen wir? Plädoyer für eine realistische Utopie
Erich Ribolits: Das Ende der Emanzipation

Kolumnen

Dead Men Working: Maria Wölflingseder
Immaterial World: Stefan Meretz

Rubrik 2000 abwärts

Ilse Bindseil (I.B.)
Lorenz Glatz (L.G.)
Hedwig Seyr (H.S.)
Dominika Meindl (D.M.)
Annemarie Rieder (A.R.)

Rezensionen

Franz Schandl (F.S.) zu Dieter Braeg (Hg.): Wilder Streik – das ist Revolution. Der Streik der Arbeiterinnen bei Pierburg in Neuss 1973
Petra Ziegler (P.Z.) zu Felix Hasler: Neuromythologie – Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung

Artikel aus dem Heft

Positives Denken will jede Klage in eine Zustimmung überführen. Ziel ist die sich selbst steuernde Monade. Das Subjekt ist ein Brutkasten der Suggestion.

Wenn Kooperation nicht das Gegenteil der Konkurrenz ist (vgl. Streifzüge 56/2012) – was dann? Gibt es Formen der Kooperation, die nicht konkurrenzförmig strukturiert sind? Die gibt es, und darum soll es im Folgenden gehen. …

Wenig ist öder als das ewige Anbiedern der Leistungs- und Entscheidungsträger an den proletarischen Rasenspaß. „Schaut, ich bin toootal volksnah!“, tröten die Wichtigen von den Bildern, auf denen ihr feister Fuß nach dem Ball tritt. „Geht gefälligst Golf spielen, ihr Bonzen!“, brummt da die Arbeiterklasse. …

Der von Dieter Braeg herausgegebene und auch großteils verfasste Band führt in die Jahre nach 1968, in eine Zeit, wo die Arbeiterbewegung noch einmal erwachte. …

Ein Sonntagsspaziergang klärt auf. Auch am Gürtel gibt es ein Nord-Südgefälle. Gleich außerhalb, in der Gegend des Brunnenmarkts, reiht sich auf der einen Seite ein schön renoviertes Bürgerhaus im Stil der vorletzten Jahrhundertwende ans andere, dazwischen …

Abgesehen davon, dass die im gesellschaftskritischen Lager verortete Bildungstheorie für praktisch-pädagogische Bemühungen keine nachhaltige Bedeutung erlangt hat, war sie auch zu keinem Zeitpunkt mit Leitbegriffen gesegnet, mittels derer sie sich in ihren Zielumschreibungen vom bürgerlich-pädagogischen Mainstream absetzen konnte.

Die Kursleiterin öffnet das Fenster. „Nun testen wir die Flugtauglichkeit!“ Heute ist der 11.11.11. Ein gutes Heiratsdatum. Ich bin in einer „Maßnahme“, und wir verbessern gerade mit Basteln unsere „Teamfähigkeit“. …

Plädoyer für eine realistische Utopie

In seiner Agonie greift das Kapital ein letztes Mal in voller Intensität um sich, alles – alle Lebensbereiche, alle Kontinente, alle Ressourcen, alle verbliebenen Nischen und Rückzugsräume, ja, unser Innerstes selber – soll der Verwertungslogik unterworfen werden. …

Die „schier unglaubliche Diskrepanz zwischen dem gegenwärtigen Welterklärungsanspruch der Neurowissenschaften und den empirischen Daten“ ist Ausgangspunkt von Felix Haslers Plädoyer für Neuro-Skepsis und kritische Reflexion urobiologischer Forschungspraxis. …

Alte Biologismen im neuro-hippen Look

War es im 17. Jahrhundert noch die zu „zarte Beschaffenheit der Gehirnfasern“ beim weiblichen Geschlecht, die den französischen Philosophen Nicolas Malebranche vermelden ließ, „alles Abstrakte ist ihnen unbegreiflich“, so gelten heute etwa ein unterschiedlich ausgebautes Corpus callosum …

Zum Gedenken an Ivan Illich

„Den größten Teil dessen, was wir wissen, haben wir alle außerhalb der Schule gelernt. Schüler lernen das meiste ohne ihre Lehrer und häufig trotz dieser. … Wie man leben kann, lernt jeder außerhalb der Schule. Wir lernen, sprechen, denken, lieben, fühlen, spielen, fluchen, politisieren und arbeiten, ohne dass ein Lehrer einen Anteil daran hätte. Selbst Kinder, die Tag und Nacht unter der Obhut von Lehrern und Erziehern sind, bilden da keine Ausnahme. …

Im Zug. Mein Blick streicht über die vorbeiziehende Landschaft. „Vorbeiziehend“… – als Bub hielt ich jedes Mal den Atem an, als sich der Zug unmerklich rückwärts in Bewegung setzte, Fahrt aufnahm und in die Schalterhalle zu krachen drohte. Irgendwann ließ ich mich von den abfahrenden Garnituren am Nebengleis nicht mehr beirren. …

Wenn ich durch den Wald laufe, laufe ich durch mein Leben. …

Eine Sprechblase voller Fragezeichen braut sich über meinem Kopf zusammen angesichts der Trends, die sich zwischen Debatten über Po-Grapschen und sexuelle Belästigung einerseits und Kontaktarmut andererseits auftun. …

Ich lebe in einem Wohnhaus in einer ruhigen Gasse Wiens. Am unteren Ende des Stiegenhauses ist ein Bewegungsmelder angebracht. Rot blinkend gibt er sich durch die verglaste Eingangstüre schon von weitem zu erkennen. Dort wacht er über das Haus. …

Die Freude, die einer vor einer Reise empfinden mag, ist immer geringer als der Ärger, die sie schließlich verursacht. Nichts ärgerlicher als ein riesiger Bahnhof, der aussieht wie ein Kloster und vor dessen Eingang ich immer einen Moment überlege, ob ich nicht doch lieber die Schuhe ausziehen soll, statt den Gepäckträger zu rufen. …

Das wenig bewegende Individuum und seine neurotische Pseudoaktivität

In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht die Fremd- und Selbsterwartung, das Individuum möge ein starkes Subjekt sein. Uns interessiert hier der psychopathologische Folgezusammenhang der mit dieser Subjektivitätsform verbundenen Einheit von Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Selbstbeschuldigung. „Die Menschen wurden frei gedacht, um gerichtet, um gestraft werden zu können – um schuldig werden zu können: …

Kritiker lieben die Zeitachse, Geschichte ist die ihnen anverwandte Wissenschaft. Was sie vernachlässigen, ist die Geographie.

Der Kapitalismus ist laut Marx und Engels durch „die fortwährende Umwälzung der Produktion“ und „die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zustände“ gekennzeichnet und führe dazu, dass „alles Ständische und Stehende verdampft“ (Kommunistisches Manifest). Was Marx und Engels zunächst für Beziehungen der Menschen zueinander beschrieben haben, gilt sogar in einem wesentlich weiteren Sinne. …

Ich habe eine Luftaufnahme eines Highway-Dreiecks gesehen, neben dem sich idyllische Wohnparks mit gepflegten Familienhäusern auf großen Grundstücken mit getrimmtem Rasen erstrecken. Dort erholt man sich, ruht aus für das, wozu man über die Highways muss. …

„Wer geht, sieht im Durchschnitt anthropologisch und kosmisch mehr, als wer fährt. Ich halte den Gang für das Ehrenvollste und Selbständigste in dem Manne und bin der Meinung, dass alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge. Wo alles zu viel fährt, geht alles sehr schlecht: Sowie man im Wagen sitzt, hat man sich sogleich einige Grade von der ursprünglichen Humanität entfernt. Fahren zeigt Ohnmacht, Gehen Kraft.“ – Das schreibt Johann Gottfried Seume . …

Über zwei Arten, sich in Bewegung zu setzen

Das Problem, dem wir gegenüberstehen, ist dies: Nur wenn man sich auf den Standpunkt der Gesellschaft stellt, also über den Dingen die Dinge „von oben“ betrachtet, nicht aus dem persönlichen Loch durch eine schmale Öffnung hinauf, wird man geneigt sein, die adäquaten Schritte zu setzen, die die aktuelle Situation als notwendig erweist

Strategische Thesen zur Bilanz einer fetischisierten Form

In den folgenden Überlegungen geht es um eine grobe historische Verortung sozialer Bewegungen.

Hoch aufgestiegen muss man sein, um tief fallen zu können: das war das Lernpensum des Literaturunterrichts noch in den Jahrzehnten nach dem zweiten Krieg, und das ist heute das Modell der medialen Inszenierung. Wer mit der BILD-Zeitung hinaufbefördert wird, wird von ihr vom Sockel hinuntergestoßen werden. …

Der Einlauf unser Schwerpunktthema betreffend war alles andere als überwältigend.

Was uns da genau eingefallen ist, wissen wir inzwischen zwar auch nicht mehr so genau, doch genau in diese Richtungen muss es gegangen sein, zumindest schwärmerisch ungefähr: Möglich sind Texte über das Reisen und Fahren, das Laufen und Gehen, über Störungen des Bewegungsapparates, über bewegte und unbewegte Leben bis hin zu den Konfigurationen und Ausdünstungen sozialer Bewegungen.