Angeschlagene Koalition

von Franz Schandl

So ein Wahltag ist kein Zeugnistag über Geleistetes oder Versprochenes, sondern er gibt Auskunft über die Befindlichkeit der Wähler zu einem bestimmten Zeitpunkt. Weder Lage noch Perspektive sind dabei entscheidend, wohl aber die aktuelle Stimmung. Es herrscht der Moment, auf den alles fokussiert wird. Gefragt ist eine Technik des mentalen Zugriffs.

Die Aufspaltung der Stimmen sollte nicht täuschen. Erstmals ist der Rechtspopulismus in Österreich als stärkste Kraft aus einer bundesweiten Wahl hervorgegangen. Da ist kein Plafond in Sicht. Die bis vor kurzem noch schwächelnde FPÖ hat deutlich gewonnen, gemeinsam mit dem obskuren Team Stronach und der knapp aus dem Parlament rausgefallenen Haider-Partei BZÖ hat man fast ein Drittel der Stimmen verbucht, in der Steiermark sogar 40 Prozent. Der austrokanadische Multimillionär hat so nebenbei verhindert, dass Straches Freiheitliche schon diesmal um den ersten Platz kämpfen konnten.

Es ist sich also noch einmal ausgegangen für die rot-schwarze Koalition. Kanzler Werner Faymann und seine SPÖ konnten den ersten Platz verteidigten, allerdings mit dem schlechtesten Ergebnis seit 1945. Den absoluten Tiefstand erzielte freilich auch die christlichsoziale ÖVP. Die Koalition der Verlierer, die schon lange keine große mehr ist, wird von Mal zu Mal kleiner. Verfügten SPÖ und HGH ÖVP 1983 noch über 90 Prozent der Stimmen, so sind es jetzt nur noch 51. 2018 wird es keine Mehrheit mehr für sie geben.

Doch gibt es Alternativen? Die Grünen jedenfalls bleiben weit hinter ihrem Wahlziel von 15 Prozent. Ob die wirtschaftsliberalen NEOS, die erstmals ins Parlament einziehen, sich als stabil erweisen, wird die Zukunft zeigen. Instabil in jeder Hinsicht ist das ebenfalls im Nationalrat vertretene Team Stronach. Entzieht Stronach seinen Anhängern die Fürsorge oder stellt er gar die Darlehen fällig, ist das unmittelbare Ende in Sicht. Die Wahlbeteiligung ist wiederum um einige Prozent gesunken, und das obwohl das politische Angebot doch erweitert werden konnte. Die Wähler sehen das aber partout nicht so. Die Skepsis gegenüber der Politik im Allgemeinen wird immer größer. Der Aussage „In entscheidenden Fragen versagt die Politik meistens“, stimmten etwa kürzlich 60 Prozent der Befragten zu.

Wie wird es weitergehen? Nun, wahrscheinlich wie gehabt, auch wenn man die Reprise Neuanfang oder Reformpartnerschaft tauft. Wobei die Chancen der ÖVP die Verhandlungen zu gewinnen größer sind als die der SPÖ. Michael Spindelegger kann glaubhaft mit einer ÖVP-FPÖ-Stronach-Koalition drohen. Das wird er auch tun. „Alles ist möglich“, sagt Spindelegger. Alles ist unmöglich, sagen wir.

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