Sollbruchstelle

Streifzüge 48/2010

von Petra Ziegler

Ich trenne mich. Nach Jahren. Attac und ich, wir scheiden in Freundschaft, wie das so schön heißt und wie sich das gehört. Verbunden hat die Auflehnung gegen die Zumutungen des globalen Kapitalismus. Deren Wurzel war Kern des Konflikts. Die Trennung war absehbar. Was schmerzt, sind die fehlenden Reaktionen, die als Indiz für gescheiterte Versuche einer Veränderung von innen heraus gewertet werden müssen. Dass mir das Ganze auch noch unrunde Träume beschert, ist aus meiner Sicht übertrieben, als Erfahrung nicht uninteressant. Dass all das zu einem Zeitpunkt geschieht, an dem Menschen aus meiner Nachbarschaft mich zunehmend auf mein (nunmehr zurückliegendes) Engagement ansprechen und freundliche Zustimmung signalisieren, liegt an der Krisenrealität, nicht an meinem spezifischen Tun.

„Die Finanzmärkte müssen auf ihre eigentliche Aufgabe, die Finanzierung der Realwirtschaft, zurückgeführt werden.“ Ein Auszug aus einem meiner Artikel, datiert 2008. Besagter Satz ist übernommen, wohl aus einem der „Positionspapiere“. Das macht die Sache nicht besser, da nützt kein Herausreden. Lob der „Realwirtschaft“ war meine Sache nie. Zu lesen, dass ich vor nicht allzu langer Zeit derartiges zu Papier bringen konnte, erschreckt mich. Ein wenig wütend macht es mich auch, und unfair gegen meinen Ex-Verein.

Es ist den NetzwerkerInnen der reregulierten Märkte nicht vorzuwerfen, dass sie nicht sind, was sie nicht vorgeben zu sein. Zu kritisieren ist ihre verkürzte Sicht umso mehr.

„Die Notwendigkeit eines anderen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems aufzuzeigen“, ähnliches findet sich immer öfter in halböffentlichen Attac-Papieren als Teil der Agenda. Schön, nur scheint bei den Forderungen, zwei Absätze drunter, die gute Absicht wieder vergessen. „… die Menschen abholen, wo sie stehen“, heißt es dann. Wozu? Um selbst dort zu bleiben?

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