Stift Lambach

Streifzüge 43/2008

2000 Zeichen abwärts

von Ricky Trang

Kalt und starr ragen die Mauern himmelwärts, alles beherrschend. Das Rundherum klein und vergänglich erscheinen lassend stellen sie alleine durch ihre Präsenz die gottgewollte Ordnung her. Selbst die Jahrhunderte konnten dieser kalten Schönheit ihren Schrecken nicht nehmen.

Ein Schauer durchströmt mich. Jeder Glockenschlag ein Affront, ein unbarmherziges Hohnlachen ins Angesicht des Leidens und der VerzweiflungMauern auf malträtierten Leibern errichtet. Das pulsierende Leben erstickt, das Denken ausgerottet, die Begierden vernichtet – nichts zurückgelassen als Öde, über der die Angst schwebt. Im Namen der Liebe der Hölle eine reale Gestalt geschaffen.

Im jahrhundertlangen Kampf Schritt um Schritt über Leichenberge zurückgedrängt. Die banalsten Selbstverständlichkeiten, jede Form von selbstbestimmtem Leben nur das Resultat erbitterten Ringens. Eines Ringens, ohne das auch ich schon Opfer der Flammen geworden wäre.

Sie steht immer noch, selbstherrlich und unbelehrbar, als letzte Hüterin der Moral, ihrer Moral, als Sinnstifterin des Lebens, eines Lebens, das sie von jeher mit Leidenschaft verstümmelt und vernichtet.

Hochgeistig, gelehrt und gebildet, als erbittertste Gegnerin von Logik, Verstand und Wissenschaft verbreitet sie immer noch ungehindert und gefördert ihr Gift über alle Kanäle, verbittet sich jede Widerrede oder deckt sie mit allen Mitteln zu, vergiftet die Kinder. Sklavenhalterin und Ausbeuterin seit Jahrhunderten suhlt sie sich in Nächstenliebe, sozialem Engagement – in ihrer Caritas, die sie sich teuer bezahlen lässt, so wie sie sich immer alles hat bezahlen lassen…

Die Mauern müssten triefen von Schweiß und Blut, die Verzweiflung ist körperlich spürbar. Schaudernd wende ich mich ab, aber noch stehen sie zwischen mir und der Sonne.

R. T.

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